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Torwartstreitereien

11. Oktober 2007

Seit der WM ist Jens Lehmann die unumstrittene Nummer eins im deutschen Tor, doch acht Monate vor dem EM-Start wackelt erstmals seine Position, nimmt der Druck auf den England-Legionär deutlich zu.

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Nationaltorwart Jens Lehmann, Foto: dpa
Lehmann - zurück auf die Bank?Bild: picture-alliance/ ZB

Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff haben dem Torwart der deutschen Fußball-Nationalmannschaft öffentlich ein Ultimatum gesetzt. Sollte der 37-Jährige nicht bis Ende des Jahres seinen Stammplatz beim FC Arsenal zurückerobert haben, droht ihm möglicherweise sogar die Degradierung in der DFB-Auswahl und die Zuschauerrolle bei der EURO in Österreich und der Schweiz (7. bis 29. Juni 2008).

Jens Lehmann (r.) bei der WM 2006 mit Oliver Kahn, Foto: dpa
Vorbei sind die Zeiten des SchulterklopfensBild: AP

"Wir werden die Spiele im Oktober und November abwarten und sehen, was bis dahin passiert. Natürlich wünschen wir uns von unseren Spielern, dass sie Spielpraxis in ihren Vereinen haben. Sollte sich die Situation bei Jens nicht verbessern, werden wir im Dezember ein Gespräch führen. Das habe ich mit ihm so vereinbart", sagte Löw einen Tag vor der Abreise des WM-Dritten zum EM-Qualifikationsspiel gegen Irland nach Dublin in Berlin.

Noch wird mit Lehmann gerechnet

Nachdem die deutsche Nummer eins bei seinem englischen Klub FC Arsenal derzeit nur die Nummer zwei hinter dem Spanier Manuel Almunia ist und Trainer Arsene Wenger daran scheinbar auch nichts ändern will, sind Löw und Bierhoff offensichtlich in Sorge um den früheren Bundesligaprofi von Schalke 04 und Borussia Dortmund, der am Samstag gegen die Iren sein 49. Länderspiel bestreiten wird.

"Nach der WM war für mich klar, dass wir die Etappe bis zur EM 2008 mit Jens Lehmann bestreiten, vorausgesetzt er bringt gute Leistungen und spielt auf hohem Niveau. Tatsache ist derzeit aber auch, dass er auch verletzungsbedingt seit einigen Wochen bei seinem Klub nicht mehr spielt. Das muss ich zur Kenntnis nehmen", meinte der Bundestrainer mit nachdenklicher Miene. Löw betonte aber, dass der "selbstkritische" Lehmann zum einen fest davon ausgeht, demnächst bei den "Gunners" wieder zwischen den Pfosten zu stehen und er zudem in jeder Trainingseinheit der Nationalelf zu überzeugen wisse. "Deshalb gibt es für mich im Moment noch keine Veranlassung, an meinen Planungen zu zweifeln."

Hildebrandt meldet Ansprüche an

Dies könnte sich aber schon in zwei Monaten ändern, wie Bierhoff dem Fachmagazin kicker erklärte: "Bis zum Winter kann man gewisse Dinge klären. Im Hinblick auf die EM ist es für uns natürlich wichtig, dass wir einen Torhüter haben, der kontinuierlich spielt. Sollte das nicht der Fall sein, würde ich ihm dann raten, sich einen neuen Verein zu suchen, damit er dort im neuen Jahr kontinuierlich spielen kann." Angeblich denkt Trainer Sven-Göran Eriksson von Manchester City über Lehmann nach.

Dessen Stellvertreter in der Nationalmannschaft, Timo Hildebrand, der sich nach Startschwierigkeiten bei seinem neuen Klub FC Valencia mittlerweile gegen Santiago Canizares durchgesetzt hat, meldete unterdessen in der Bild seine Ansprüche an. "Ich habe in Valencia einen wichtigen Schritt gemacht, stehe im Tor, und diesen Schritt will ich irgendwann auch bei der Nationalelf folgen lassen."

Der frühere Stuttgarter versprach aber, dass es zwischen den beiden Konkurrenten vor der EM-Endrunde im kommenden Sommer in Österreich und der Schweiz keinen Torwart-Zoff wie zwischen Lehmann und Oliver Kahn vor der WM 2006 geben werde: "Das ist nicht mein Ding. Ich konzentriere mich lieber auf mich selbst. Es siegt am Ende nicht der Laute, sondern der Bessere."

Kahn wird maulig

Derweil lassen Kahn und Lehmann die alte Rivalität wieder aufleben. Der Münchner reagierte im kicker auf Lehmanns jüngste Kritik an seiner Person: "Anstatt stillos auf frühere Kollegen loszugehen, sollte er eher dankbar sein, dass er überhaupt die Möglichkeit bekommt, in der Nationalmannschaft spielen zu dürfen, während er im Verein nicht spielt. Denn das gab es in dieser Art in der Geschichte des deutschen Fußballs noch nicht." Lehmann hatte Kahn zuvor in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel vorgeworfen, dass dieser sich "halt manchmal gern wichtig" nehme: "Ich mag es nicht, wenn sich einer glorifiziert."

Neben Lehmann und Hildebrand waren deshalb zuletzt auch Robert Enke von Hannover 96, aussichtsreichster Kandidat für die Nummer 3 bei der EM, und auch der Schalker Shootingstar und U21-Schlussmann Manuel Neuer ins Gespräch gebracht worden.

Unabhängig von der Torwartsituation richtete Löw seinen Blick auf den Samstag, an dem er eine spielstarke irische Mannschaft erwartet, die verbissen um ihre letzte WM-Chance kämpfen wird. Trotz der kurzfristigen Ausfälle von Bernd Schneider und Roberto Hilbert vertraut der Bundestrainer aber auf das Kollektiv, dass zuletzt in veränderten Formationen immer wieder überzeugen konnte. "In Ballack, Lahm, Schneider und Klose fehlen Spieler, die normalerweise das Herzstück einer europäischen Mannschaft sind. In Borowski und Hilbert fallen zudem zwei Stellvertreter aus. Aber das konnten wir zuletzt auch immer kompensieren, deshalb bin ich guter Dinge." (ina)