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Liberia atmet auf

Detlev Karg12. August 2003

Einen Tag nach dem ersten friedlichen Machtwechsel in der Geschichte Liberias warten die Menschen auf humanitäre Hilfe. Präsident Moses Blah bot den Rebellen an, in der Regierung mitzuarbeiten.

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Moses Blah: Vom Stellvertreter zum InterimspräsidentenBild: AP

Der Kommandeur der US-Marineinfanterie vor der Küste Liberias hat am Dienstag (12.8.2003) in Monrovia mit der westafrikanischen Eingreiftruppe ECOMIL über humanitäre Hilfen für die Liberianer beraten. Die US-Kriegsschiffe gelangten am Montag erstmals in Sichtweite der Küste. Der Hafen von Monrovia, über den die Hilfsgüter ins Land kommen sollen, wird noch immer von Rebellen kontrolliert. Die USA begrüßten den Rücktritt des bisherigen Präsidenten Charles Taylor. Man hoffe, alle Parteien würden nun erkennen, dass es Zeit für ein Ende des Konflikts sei, sagte US-Außenminister Colin Powell in Washington. Ähnlich äußerte sich US-Präsident George Bush.

Moses Blah gibt sich pragmatisch

Neuer Staatschef ist der bisherige Vizepräsident Moses Blah. Er gilt als Kompromisskandidat in Liberia und ist nicht unumstritten, da er ein alter Kampfgefährte seines Vorgängers Taylor ist. Blah rief die Liberianer zur Einheit auf und versprach einen "sanften Übergang". Gleichzeitig wies Blah Befürchtungen über den weiteren Einfluss seines zurückgetretenen Vorgängers Taylor zurück. Taylor werde sich aus seinem Exil in Nigeria nicht in die Amtsgeschäfte seiner Regierung einmischen, sagte Blah dem Fernsehsender CNN.

Rebellen offenbar kompromissbereit

Regierungstreuer Kämpfer in Liberia
Bild: AP

Nach einem Friedensplan der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS soll Blah im Oktober von einer neutralen Regierung abgelöst werden. An dieser sollen die Führungsriegen der Kriegsparteien nicht beteiligt sein. Die Rebellen hatten zuvor zwar angekündigt, Blah nicht als Nachfolger zu akzeptieren, da er nur ein Abbild Taylors sei. Der Chef der LURD-Rebellen (Vereinte Liberianer für Aussöhnung und Demokratie), Sekou Conneh, erklärte jedoch noch am Montagabend nach Taylors Ausreise den Krieg für beendet. „Der Krieg ist vorbei“, sagte er in der ghanaischen Hauptstadt Accra. Er habe seine Einheiten aufgefordert, die Kämpfe einzustellen. Zugleich kündigte er an, mit der westafrikanischen Friedenstruppe ECOMIL zusammenzuarbeiten, um einen umfassenden Frieden zu erreichen. Erste Verhandlungen zwischen den beiden Kriegsparteien sollen rasch zu Ergebnissen führen. Blah bot den Rebellen den Posten des Vizepräsidenten an, um sie in die Regierungsarbeit einzubinden.

Taylor in Sicherheit

Charles Taylor im Exil
Bild: AP

Unterdessen hat sich Ex-Präsident Taylor (rechts) im nigerianischen Küstenort Calabar mit einigen Familienmitgliedern im Exil eingerichtet. Der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo begründete das Exil-Angebot für den als Kriegsverbrecher angeklagten Politiker mit dem Wunsch, Liberia den Frieden zu ermöglichen. Drei Häuser darf Taylor dort bewohnen. Auf dem Flughafen von Abuja wurde er von Obasanjo persönlich begrüßt.

An der Feier zur Amtsübergabe nahmen zuvor in Monrovia mehrere afrikanische Staatsoberhäupter teil. Der Präsident der Afrikanischen Union (AU), Mosambiks Staatschef Joaquim Chissano, dankte den Vorsitzenden der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS und den Präsidenten Ghanas und Nigerias, John Kuffour und Obasanjo, für ihre Vermittlung in dem Konflikt.

Auslieferung gefordert

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mit Sitz in New York forderte unterdessen Nigeria auf, Taylor dem Kriegsverbrechertribunal für Sierra Leone zu übergeben. Das Gericht hat den liberianischen Ex-Präsidenten wegen seiner Verantwortung für die blutigen Kämpfe während des Bürgerkriegs von 1991 bis 2002 in Sierra Leone angeklagt. Taylor wird die Unterstützung der Rebellen der Revolutionären Vereinigten Front (RUF) vorgeworfen. In Nigeria gibt es jedoch keine Auslieferungsgesetze.