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Ein (inter-)nationales Sicherheitsproblem?

Mischa Ehrhardt
16. Juli 2019

Facebook hat offenbar in ein Wespennest gestochen. Nach der Ankündigung, eine eigene Digitalwährung zu starten, steht das Thema ganz oben auf der Agenda der G7-Finanzminister.

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Facebook Kryptowährung Libra
Bild: picture-alliance/ZumaPress/A.M. Chang

Die geplante Facebook-Digitalwährung Libra sieht sich starkem Gegenwind ausgesetzt - nicht zuletzt durch Regierung und Aufsichtsbehörden im eigenen Land. Die US-Regierung treibe die Sorge um, dass die Kryptowährung für illegale Machenschaften wie Geldwäsche, Menschenhandel und die Finanzierung von Terrorismus missbraucht werden könne. Das ist ein Vorbehalt, der auch gegen andere, bereits bestehende Kryptowährungen vorgebracht wird. US-Finanzminister Steven Mnuchin sagte, dies sei in Bezug auf Libra "in der Tat ein nationales Sicherheitsproblem".

Das Finanzministerium habe Facebook genauso wie anderen Anbietern finanzieller Dienstleistungen klargemacht, dass sie die gleichen Maßnahmen zum Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung umsetzen müssten wie andere Firmen auch. In diesem Zusammenhang sei Facebook mit seiner Libra "weit davon entfernt", von den Behörden grünes Licht zu bekommen. Ablehnend äußerte sich auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz: "Die Herausgabe einer Währung gehört nicht in die Hände eines Privatunternehmens, denn sie ist ein Kernelement staatlicher Souveränität", sagte er am Dienstag. "Der Euro ist und bleibt das einzige gesetzliche Zahlungsmittel im Euro-Raum."

Auch US-Notenbankchef Jerome Powell meldete sich zu Wort. Er habe bei Libra Bedenken in Hinblick auf die der Privatsphäre der Nutzer, Geldwäsche, den Schutz von Konsumenten und die Stabilität der Finanzwelt. Die kommt ins Spiel durch die mögliche Reichweite von Libra - denn Facebook zählt in seinem Netzwerk rund 2,5 Milliarden Nutzer.

Singapur Skyline Finanzdistrikt
Libra - eine Gefahr für die Banken? (im Bild: Bankenviertel in Singapur)Bild: imago/Rainer Unkel

"Destabilisierender Effekt"

Zwar sieht der Plan vor, Libra als so genannten "stable coin" in die Welt zu setzen. Das heißt also, dass die Digitalwährung an "echte" Währungen wie Euro und Dollar angebunden ist und 1:1 gegen diese getauscht wird. Damit ist jeder Libra also durch reale Währungen "gedeckt". Allerdings ist denkbar, dass diese zur Stabilität beitragende 100-prozentige Deckung nicht lange aufrechterhalten werden kann.

"Der Aspekt der Geldschöpfung ist der destabilisierende Effekt", sagt Hendrik Leber, Fondsmanager beim Vermögensverwalter Acatis. "Heute ist der Libra noch mit einer hundertprozentigen Unterlegung geplant, aber es ist ja nur logisch, dass ich irgendwann sage, ich gehe auf 50 Prozent Unterlegung zurück. Und dann habe ich plötzlich einen mächtigen Kreditschöpfungs-Mechanismus."

Der ist im klassischen Geldsystem heute den Banken vorbehalten: Sie können Kredite vergeben, die nur zu einem Bruchteil durch Geldreserven gedeckt sind. Damit schaffen Banken faktisch Geld. Auch Donald Trump hatte in der vergangenen Woche getwittert, dass er für Herausgeber von Kryptowährungen Banklizenzen für notwendig hält; Unternehmen wie Facebook, die in Bankgeschäfte einsteigen wollen, müssten sich wie Banken der Bankenregulierung unterwerfen.

Thema der G7-Finanzminister

International schließlich wird das Thema nun auf höchster politischer Bühne diskutiert - beim Finanzministertreffen der G7-Staaten ab Mittwoch in Frankreich. Auch hier dürften die Bedenkenträger die Gespräche bestimmen. So zitiert die Bild-Zeitung aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der Bundesbank prüfen wolle, "wie eine Etablierung als echte Alternative zur staatlichen Währung verhindert werden kann". In Rücksprache mit den Finanzministerien in Frankreich, Großbritannien und den USA sähen alle "die Pläne von Facebook durchaus kritisch". Nach der Ankündigung von Libra durch Facebook hatten sich auch Finanzaufseher kritisch geäußert. So sagte Felix Hufeld, Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin, unlängst: "Wir können ganz sicher nicht einfach zugucken. Wir werden in irgendeiner Form angemessen reagieren müssen."

Das große Zittern allerdings dürfte nicht nur bei Regulierern und Aufsehern, sondern vor allem bei Banken eingesetzt haben. "Was ich sehe ist, dass alle großen Social-Media-Anbieter wie Amazon, Alibaba oder Google so eine Kryptowährung einführen werden in den nächsten Jahren - als Basis für eine intensive Kundenbeziehung", sagt Hendrik Leber. "Da fragt man sich: Wo ist da eigentlich noch eine Bank im Spiel?"

Sargnagel für die Banken?

In der Tat hat Facebook als ein Beispiel bei Veröffentlichung des Libra-Projektes genannt, dass Menschen sich rund um den Globus mit geringen Gebühren einander Geld zuschicken könnten, was vor allem Menschen in ärmeren Regionen die Anbindung an die Finanzsysteme ermögliche. Bislang haben Banken und andere Finanzdienstleister solche internationalen Geldsendungen erledigt - und dafür ordentlich Gebühren kassiert. Zudem soll man mit Libra natürlich auch Einkäufe im Internet bezahlen können. Überweisungen von einem Konto zum anderen, bei denen die Bank bisher als Mittler notwendig war und ebenfalls Gebühren dafür kassierte, wären damit überflüssig.

So hat auch Bundesbank-Vorstand Burkhardt Balz in einem Interview mit der "Börsen-Zeitung" gesagt, er habe bei Libra mehr Fragen als Antworten. Libra sei in der Position eines starken Angreifers und könne andere Wettbewerber verdrängen oder schwächen. "Uns interessiert, was es für herkömmliche Zahlungsverkehrssysteme oder für Banken bedeutet, wenn zukünftig mehr und mehr Zahlungen jenseits der bislang üblichen Kanäle abgewickelt werden. Immerhin erzielen Banken und Zahlungsdienstleister im Zahlungsverkehr bisher recht auskömmliche Erträge."

Die sind mit Libra in Gefahr, sollte die Währung kommen und sich in großem Maßstab durchsetzen. Damit ist Libra für die Finanzstabilität offenbar noch in einer anderen Weise relevant: Als potentieller Sargnagel für angeschlagene Banken, deren Pleite wiederum zu Kettenreaktionen im Finanzsystem führen könnten.