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Libyen-Krieg bringt NATO unter Druck

20. April 2011

Die NATO hat Schwierigkeiten, die Truppen des libyschen Machthabers Gaddafi in der heftig umkämpften Stadt Misrata mit Luftschlägen auszuschalten. Aufständische fordern nun den Einsatz ausländischer Bodentruppen.

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NATO-Kampfjet (Foto: AP)
NATO-KampfjetBild: AP

Die Gefechte in Libyen konzentrieren sich immer mehr auf die belagerte Stadt Misrata, die als einzige im Westen des Landes von den Rebellen kontrolliert wird. Während NATO-Flugzeuge über Misrata flogen, gingen die Angriffe der Gaddafi-Truppen ungebremst weiter. Der Kommandeur des Libyen-Einsatzes der NATO, General Charles Bouchard, warf den Gaddafi-Truppen "schmutzige Kriegsführung" vor. Die Soldaten des Regimes versteckten sich als Zivilisten verkleidet in der Nähe von Krankenhäusern, feuerten von Moscheedächern und missbrauchten Frauen und Kinder als Schutzschilde, sagte Bouchard.

Schwieriger Einsatz

Mark van Uhm (Foto: dpa)
Mark van UhmBild: picture-alliance/dpa

NATO-Brigadegeneral Mark van Uhm berichtete, die Kämpfe um Misrata hätten sich in den vergangenen zehn Tagen verschärft, das westliche Militärbündnis habe mittlerweile 40 Panzer und andere Fahrzeuge zerstört. Ein Eingreifen in den Straßen Misratas sei aber schwierig. "Es gibt eine Grenze, was mit Luftangriffen in einer Stadt erreicht werden kann", so van Uhm. Auch der Vorsitzende des Militärkomitees der NATO, Giampaolo di Paola, sagte, es sei schwierig dort Mörser und Raketenwerfer zu lokalisieren. Die Operationen der Allianz hätten zwar "beträchtlichen Schaden" an den schweren Waffen des Regimes angerichtet, dennoch seien die militärischen Ressourcen Gaddafis noch "erheblich".

Auch Frankreich, das die militärische Intervention in Libyen entschieden vorangetrieben hatte, räumte Probleme ein. Einen Monat nach den ersten französischen Angriffen auf Stellungen der libyschen Regierungstruppen sei die Lage in dem nordafrikanischen Land "schwierig und verworren", erklärte Außenminister Alain Juppé in Paris. Gleichzeitig wandte er sich entschieden gegen den Einsatz von Bodentruppen. Diesen schließt auch das UN-Mandat aus, das den Schutz der Zivilbevölkerung zum Ziel hat.

Genau einen solchen Einsatz von Bodentruppen fordern mittlerweile jedoch auch die Aufständischen in Misrata. Britische und französische Soldaten sollten auf der Basis der "humanitären" Prinzipien nach Misrata entsandt werden, sagte Rebellensprecher Nuri Abdullah Abdullati. "Wenn sie nicht kommen, werden wir sterben." Hilfsorganisationen befürchten eine Massenflucht aus Misrata. In der 400.000-Einwohner-Stadt werden Essen, Wasser, Treibstoff, Medikamente und Strom zunehmend knapp.

"Nicht alleine lassen"

Guido Westerwelle (Foto: AP)
Guido WesterwelleBild: AP

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, der sich am Dienstag zu einem Besuch in Kairo aufhielt, versprach Hilfe für die drittgrößte libysche Stadt. "Die Bilder aus Misrata sind bestürzend", sagte Westerwelle. "Wir werden die Menschen, die dort leiden, nicht alleine lassen." Details nannte er nicht. An diesem Mittwoch (20.04.2011) kam Westerwelle in Abu Dhabi mit Außenministern arabischer Staaten zusammen, um die Lage in Libyen erörtern. Dabei pochte Westerwelle erneut auf einen baldigen politischen Dialog in dem nordafrikanischen Land.

Die Bundesregierung stockte indes ihre humanitäre Hilfe für Libyen um zwei auf sieben Millionen Euro auf, wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte. Das Welternährungsprogramm (WFP) schickte erstmals einen Konvoi aus acht Lastwagen mit 200 Tonnen Weizen und mehr als neun Tonnen nährstoffreicher Kekse über die tunesische Grenze nach Westlibyen. Damit könnten fast 50.000 Menschen einen Monat lang ernährt werden, erklärte die Organisation in Genf. Der libysche Rote Halbmond soll die Nahrungsmittel weiterleiten. Vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen litten extreme Not, sagte WFP-Geschäftsführerin Josette Sheeran.

Zehntausende Opfer

Mustafa Abdul Dschalil und Franco Frattini (Foto: dpa)
Mustafa Dschalil, Franco FrattiniBild: picture-alliance/dpa

Seit Beginn des Aufstandes gegen das Gaddafi-Regime vor zwei Monaten wurden nach Angaben der Rebellen in Libyen bereits zehntausende Menschen getötet oder verletzt. "Mustafa Abdul Dschalil hat uns von 10.000 Toten berichtet und bis zu 55.000 Verletzten", sagte der italienische Außenminister Franco Frattini nach einem Treffen mit dem Vorsitzenden des libyschen Übergangsrates. Dschalil wurde in Rom auch von Regierungschef Silvio Berlusconi und von Staatspräsident Giorgio Napolitano empfangen. Italien hatte Anfang April - ebenso wie Frankreich und Katar - mitgeteilt, den Übergangsrat als einzigen Gesprächspartner aus Libyen anzuerkennen. An diesem Mittwoch will Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy mit Dschalil zusammenkommen.

Autor: Christian Walz (dapd, dpa, rtr, afp)
Redaktion: Ulrike Quast