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Literatur

Start Literaturfest München: Zwischen Wahrheit und Fiktion

Sabine Peschel
15. November 2017

Das Literaturfest steht in diesem Jahr unter dem Motto "Alles Echt. Alles Fiktion". Wo verlaufen die Grenzen zwischen Fakt, Fake und Fiktion? Und woher kommt die Sehnsucht nach Realität?

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Doris Dörrie, Autorin
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pförtner

München ist die "Hauptstadt der Lesenden", das hat eine Studie im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zum Leseverhalten der Deutschen gerade herausgefunden. An diesem Lese-Hotspot haben Bücherfreunde in den nächsten drei Wochen besonders Anlass, ihrem Interesse nachzugehen: BeimMünchner Literaturfest präsentieren Schriftsteller wie Deborah Feldman, Ariel Levy und Frank Witzel von Mittwoch (15.11.) an ihre Neuerscheinungen, stellen sich in Diskussionen den drängenden Fragen der Zeit oder laden wie der Kinderbuchautor Paul Maar zur persönlichen Begegnung im Autorengespräch ein.

Was ist noch Wahrheit?

Film Grüsse aus Fukushima
Realer Hintergrund, fiktive Geschichte: Doris Dörries Film "Grüße aus Fukushima"Bild: Mathias Bothor / Majestic

Im Mittelpunkt des Literaturfests stehen in diesem Jahr Fragen, die das Wesen von Literatur und Kunst im Kern betreffen: Was ist heutzutage, wo jeder im Internet seine eigene Geschichte erzählen kann und wo es in der Politik, der Wirtschaft oder in gesellschaftlichen Zusammenhängen oft nur darum geht, die bessere Story zu erzählen, noch Fiktion? Wo findet sie noch ihren Ort und ihre Form? Was bedeuten in einer global vernetzten Welt, in der sich jeder neu erfinden kann, die eigenen Wurzeln? Und erst recht: Was ist in Zeiten von Fake News eigentlich noch Wahrheit? Wo also verlaufen die Grenzen zwischen Fakt, Fake und Fiktion?

 Doris Dörrie, die Schriftstellerin, Regisseurin, Produzentin und Professorin an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, hat das Thema Wahrheit und Erfindung zum Gegenstand des von ihr kuratierten Autorenforums innerhalb des Literaturfests gemacht. Beim Thema "Alles Echt, alles Fiktion" geht es um die Schnittstelle zwischen Wahrheit und Fiktion. "Wir bewegen uns in einem Paradox", erklärt Doris Dörrie im DW-Interview. "Unsere Realität wird zunehmend fiktionalisiert, und gleichzeitig sehnen wir uns immer mehr nach dem Wahren, Echten." Dokufiction und Memorials erlebten gerade einen ungeheuren Aufschwung. "Kaum ist etwas tatsächlich geschehen, taucht es als fiktive Verarbeitung auf. Hauptsache, es ist eine gute Story. Das gilt für die Politik genauso wie für die Presse - und ganz besonders für die sich autobiografisch gebende Literatur."

Die Sehnsucht nach dem Wahren und Echten

Ein weiteres Anzeichen für die Suche nach Wahrheit sei der Boom der Dokumentarfilme, die jedoch immer auch mit den Elementen der Fiktion spielten. Woher kommt die große Sehnsucht nach dem Wahren und Echten? Dieser Fragen will das Autorenforum nachgehen. "Es gibt einen großen Hunger nach Realität. Es werden so viele Geschichten erzählt, aber was bleibt dann noch von der Wahrheit übrig? Wir müssen uns Mühe geben, die Fiktion von der Wahrheit wieder zu trennen." Dann habe auch die Fiktion in der Kunst wieder mehr Raum.Wie sich Geschichte durch Geschichten erfassen lässt, thematisiert Frank Witzel, Träger des Deutschen Buchpreis 2015, in seinem neuen Roman "Direkt danach und kurz davor". Darin lässt er einen Chor der Stimmen auftreten, der mit Verunsicherungen spielt und hinterfragt, wie sich geschichtliche Epochen durch Zuschreibungen definieren. Im Rahmen der Eröffnung erhalten die Zuhörer durch eine kurze Lesung schon einmal einen Eindruck. Insgesamt erwartet das Literaturfest bis zum 3. Dezember rund 80 Autoren, darunter Salman Rushdie, der seinen neuen Roman "Golden House" vorstellt, und der Bestseller-Autor Ken Follett.

Literaturfest München 2016
Alljährlich ist die Bücherschau Teil des Münchner LiteraturfestsBild: Kerstin Dahnert

Lesungen, Ausstellungen und Preisverleihungen

Kinder können sich besonders auf Paul Maar und ein neues Buch mit dem fröhlich-aufsässigen Sams freuen, "Das Sams feiert Weihnachten". Der Autor, der am 13. Dezember seien 80. Geburtstag feiert, wird daneben auch in einer Ausstellung von Originalillustrationen aus seinen Kinderbüchern gewürdigt.

Am 20. November wird zudem der Geschwister-Scholl-Preis verliehen, der in diesem Jahr an den in London lebenden Hisham Matar geht für sein Buch "Die Rückkehr". Matar schildert darin die Suche nach seinem in Libyen verschollenen Vater. Der Preis des bayerischen Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Stadt München ist mit 10.000 Euro dotiert.