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Lockdown in Deutschland wird verschärft

5. Januar 2021

Seit Tagen wurde um eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen gerungen. Nun haben Kanzlerin Merkel und die Länder sogar eine Verschärfung der Regeln verabredet. Die Lage sei dramatisch, hieß es in Berlin.

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Berlin I Angela Merkel verkündet Verlängerung des Lockdowns
Die Kanzlerin vor der Bekanntgabe der neuen Maßnahmen Bild: Michael Kappeler/REUTERS

In der Coronakrise greifen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten zu schärferen Maßnahmen: Bund und Länder schränken die Bewegungsfreiheit für Menschen in den sogenannten Hotspots weiter ein. Wie die Kanzlerin auf einer Pressekonferenz in Berlin nach mehrstündigen Beratungen sagte, sollen sich Personen in Regionen, in der die Sieben-Tage-Inzidenz bei mehr als 200 Fällen pro 100.000 Einwohnern liegt, nur noch in einem Radius von 15 Kilometern um den Wohnort bewegen. Ausnahmen gelten bei triftigen Gründen. 

Richtig, wenn auch hart

Weiter verschärft werden außerdem die Kontaktbeschränkungen: Mitglieder eines Hausstands dürfen sich nur noch mit einer nicht im Haushalt lebenden Person treffen. Bislang dürfen sich bis zu fünf Personen aus maximal zwei Haushalten treffen. Merkel sprach von einer "Rückkehr zu der März-Maßnahme". Dies sei richtig, auch wenn es für die Menschen hart sei. Die Kanzlerin begründete die Verschärfungen mit der neuen Corona-Mutation, die mehr Infektionen pro Kontakt verursache, sowie mit der hohen Belastung der Intensivstationen. Hier komme man in einigen Krankenhäusern an "Grenzsituationen".

Der bereits geltende Lockdown soll bis zum 31. Januar verlängert werden, Schulen und Kindergärten bis dahin "weitestgehend" geschlossen bleiben. Am 25. Januar wollen die Regierungschefs von Bund und Ländern die Lage neu bewerten und über weitere Maßnahmen für Februar beraten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte allerdings schon jetzt vor der Vorstellung, dass im Februar alles vorbei sei. 

Zwei Bundesländer scheren aus

Baden-Württemberg hält sich die Umsetzung einiger der beschlossenen Maßnahmen noch offen. Die Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf einen Radius von 15 Kilometern um den Wohnort in Corona-Hotspots sei zunächst nicht geplant, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Über diesen Schritt solle erst entschieden werden, wenn in der kommenden Woche belastbare Zahlen vorlägen. Von den neuen Zahlen hänge zudem ab, ob Kitas und Grundschulen in Baden-Württemberg schon ab dem 18. Januar öffnen dürfen.

Auch Niedersachsen will die Beschränkung der Bewegungsfreiheit in Hotspots nicht ohne weiteres umsetzen. Nötig sei eine gesonderte Begründung zur Verhältnismäßigkeit, wie sie das Oberverwaltungsgericht bereits bei anderen Einschränkungen angemahnt hat, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Hannover.

"Das ist für uns Teil des Prüfprogramms, ob und wann die Regelung zur Anwendung kommt, am liebsten gar nicht." Sowohl bei der Einführung einer Sperrstunde als auch beim Böllerverbot habe das Gericht eine triftige Begründung verlangt, der bloße Verweis auf die Bund-Länder-Beschlüsse habe den Richtern nicht gereicht, erklärte Weil. 

Rat der Experten

Merkel, Söder und auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) erwähnten, dass es am Vortag eine Expertenanhörung gegeben habe. Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Einschätzungen hatten die Politikerinnen und Politiker am Dienstag beraten. Die für 11 Uhr angesetzte Konferenz konnte allerdings erst mit dreistündiger Verspätung beginnen, weil es bereits bei den Vorbesprechungen der Länder am Vormittag zu Differenzen kam.

Ursprünglich war der harte Lockdown bis zum kommenden Sonntag befristet. Bereits in den vergangenen Tagen hatte sich aber ein breiter Konsens über eine Verlängerung abgezeichnet. Auch Ärztevertreter hatten zuletzt vor einer Lockerung der Beschränkungen gewarnt.

Scholz: Deutschland kann Lockdown lange durchhalten

Deutschland ist aus Sicht von Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz gut gerüstet für die Verlängerung des Lockdowns. "Wir können das lange durchhalten, wir haben Vorsorge getroffen", sagte der SPD-Kanzlerkandidat in der ARD. Deutschland habe in der Vergangenheit gut gewirtschaftet und könne daher jetzt alle Hilfen bereitstellen, die notwendig seien. Zudem gebe es in der Arbeitswelt keinen ganz kompletten Stillstand. "Nach den gegenwärtigen Berechnungen werden wir, selbst wenn es sehr schlimm kommt, eine geringere Staatsverschuldung haben als nach der großen Finanzkrise." Scholz sagte gleichwohl, dass es sich um eine "große Anstrengung" handele.

Mehr als 21.000 bekannte Neuinfektionen

Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 21.237 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 1019 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie das RKI bekanntgab. Der Höchststand von 1129 Todesfällen in Verbindung mit dem Erreger SARS-CoV-2 war am 30. Dezember erreicht worden. Die Gesamtzahl der bekannten Infektionen mit dem Coronavirus in Deutschland hat derweil die Marke von 1,8 Millionen überschritten. Wegen der zurückliegenden Feiertage bleibt die Interpretation der am 6. Januar übermittelten Daten jedoch schwierig. Das RKI geht davon aus, dass die Daten frühestens Ende nächster Woche/Anfang übernächster Woche wieder belastbar sind, wie es auf Anfrage der Deutschen Presseagentur hieß.

djo/gri/qu (afp, dpa, rtr, Phoenix)