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Erhebt euch, Sir Wiggins!

Titus Chalk2. August 2012

Bradley Wiggins oder die schnellsten Koteletten auf Rädern. Der britische Radprofi hat im Einzelzeitfahren eine historische Leistung gezeigt und unser britischer Kollege Titus Chalk war dabei.

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Titus Chalk in London (Foto: DW)
Bild: DW

"Er hat Flügel an den Rädern, dieser Wiggins!" So die Worte des britischen Sportkommentators. Und wir Fans, die das Rennen auf der großen Leinwand im Olympic Park verfolgten, jubelten ihm lautstark zu. Bradley Wiggins ist der beste britische Radfahrer aller Zeiten. Und als er über die Ziellinie gebrettert kam – vor Tony Martin aus Deutschland – verdiente er sich noch neue Lorbeeren dazu. Der melancholisch dreinblickende Mann, dessen Wahrzeichen die rötlichen Koteletten sind, hat jetzt insgesamt sieben Medaillen und ist damit der erfolgreichste britische Olympionike aller Zeiten. Mehr als das: Er ist ein Wunder, ein Held, der mich inspiriert, ihm nachzueifern, mich selbst in Radlerhosen zu quetschen und auf's Rad zu schwingen! Ich möchte ihn ganz feste drücken und herzen…

Ich nehme aber an, dass Wiggins viel zu zurückhaltend ist, um solchen Überschwang zu genießen. Wahrscheinlich ist dem eher introvertierten Radprofi die überschäumende Zuneigung seiner Landsleute suspekt, schließlich haben wir den Ruf in unserer Heldenverehrung doch ein wenig launisch und unbeständig sein.

Hoffen auf einen Platz neben Wiggins beim Bahnrennen

Es wird Bradley Wiggins auch nicht entgangen sein, dass jetzt, da die Bahnradrennen beginnen, sein Landsmann Sir Chris Hoy die olympische Bühne betritt; dieser hat einen Ruf, seine Gegner förmlich zu zermalmen und nennt schon vor London 2012 fünf olympische Medaillen sein Eigen. Da wird Wiggins sich das Scheinwerferlicht im Gastgeberland der Spiele wohl teilen müssen – und wie man den bescheidenen Wiggins so kennt, wird er sich den Titel des "Besten britischen Radfahrers" anstandslos mit Hoy teilen; und er wird der Erste sein, der Hoy bei seinem Wettkampf zujubelt.

Bradley Wiggins vor Fans auf seinem Rad (Foto: Kitwood/Getty Images)
Am Rande von London herrschte große Begeisterung für Bradley Wiggins. Titus Chalk war dabei.Bild: Getty Images

Wenn Wiggins beim Bahnradrennen tatsächlich mitten im Publikum sitzt, wie er es angekündigt hat, dann werde ich sicher nicht der einzige Fan sein, der versucht, den Sitz neben ihm zu ergattern. Meine Freunde haben mich schon gefragt, ob ich als Sportreporter nicht für sie ein Autogramm besorgen kann. Ich bin mir sicher, es wird nicht lange dauern, bis irgendein Fan sich Wiggins' Konterfei auf die Brust tätowieren lässt.

Alle rufen "Come on Wiggo!"

Sogar meine Mutter weiß inzwischen, wer Bradley Wiggins ist. Und das will was heißen! Es zeigt, was es für ein Wunder ist, dass dieser Mann, der früher ein Vorbild für die eingeschworene Rennrad-Gemeinde war, heute avanciert ist zu einem, über den Familien im ganzen Land in ehrfürchtigem Ton beim Abendessen plaudern. Großbritanniens erster Tour de France Sieger ist (mehr oder weniger) ein Londoner, weil er in Kilburn aufwuchs, obwohl er im belgischen Gent geboren wurde. Die Zuneigung der britischen Hauptstadt manifestierte sich in unserem kollektiven Schlachtruf "Come on Wiggo!" den wir wie aus einer Kehle gebrüllt haben als er Gold entgegenraste.

Als er dann die Hand zum Siegeszeichen erhob und in jede Kamera lächelte, da hatte ich schon ein Bild vor Augen: Wiggins Ritterschlag durch die Queen. „Erhebt euch, Sir Wiggins!“ Denn die Erhebung in den Adelsstand ist sicher der nächste Titel, den Wiggins holt. Ich würd's ihm gönnen.