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Politik

Loveparade-Prozess wegen Corona vor dem Aus

7. April 2020

Das Landgericht Duisburg will die juristische Aufarbeitung der Loveparade-Tragödie mit 21 Toten fallen lassen. Wegen der Corona-Pandemie wäre es immer aussichtsloser, vor Ablauf der Verjährung ein Urteil zu fällen.

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Duisburg - Loveparade-Prozess: Denkmal für die Opfer der Loveparade
Denkmal für die Opfer der Massenpanik, bei der 2010 in Duisburg 21 Menschen ums Leben kamenBild: picture-alliance/dpa/F. Strauch

Weil die juristische Ansprüche nach der tödlichen Massenpanik schon in diesem Juli verjähren, standen die Richter schon länger unter Zeitdruck - nun wollen sie den Prozess ganz einstellen, ohne ein Urteil über die drei verbliebenen Angeklagten zu fällen. Die Kammer begründete den Vorschlag mit der dynamischen Entwicklung der Corona-Pandemie: Es sei aktuell nicht absehbar, wann und wie die Verhandlung fortgesetzt werden könne, teilte ein Sprecher des Landgerichts Duisburg mit.

"Weiterer schwarzer Tag"

Das bedeute einen "weiteren schwarzen Tag" für die Opfer der Massenpanik mit 21 Toten und ihre Angehörigen, erklärten Anwälte der Nebenklage. Die Düsseldorfer Kanzlei Baum Reiter & Collegen schrieb, man bedaure, "dass der Loveparade-Prozess nach nunmehr fast zehn Jahren Bearbeitung durch Polizei und Justiz ohne ein Gerichtsurteil eingestellt wird." Die Geschädigten und die Angehörigen der Todesopfer seien "maßlos enttäuscht".

Deutschland Unglück bei der Loveparade Duisburg
Ein Bild, das sich einprägte: Kurz vor der Katastrophe standen Menschen dicht gedrängt an einem Tunnelausgang Bild: picture-alliance/dpa/D. Naupold

Am 24. Juli 2010 wollten Hunderttausende Techno-Fans auf einem alten Industriegelände in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs feiern. Am Nachmittag drängten sich immer mehr Besucher an einem Eingang des Geländes. In einer Massenpanik wurden 21 Menschen erdrückt, 650 wurden verletzt. Ende 2017 begann der Prozess gegen vier Mitarbeiter der Veranstaltungsfirma Lopavent sowie sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg, die in die Genehmigung der Veranstaltung eingebunden waren. Weil jeder von ihnen nur geringe Schuld an der Tragödie habe, wollte das Gericht Anfang 2019 das Verfahren einstellen. Die Staatsanwaltschaft und sieben der Angeklagten stimmten zu; die übrigen drei Angeklagten wollten einen Freispruch erreichen.

Justiz durch Corona blockiert

Zuletzt war am 4. März verhandelt worden, dem 181. Verhandlungstag. Danach verhängten Bund und Länder zahlreiche Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Die Versammlungsbeschränkungen kollidieren mit dem Grundsatz, Strafprozesse unter den Augen der Öffentlichkeit abzuhalten. Erst in der vergangenen Woche teilte das Gericht mit, eine Prozesspause mit unbestimmter Dauer einzulegen.

Nun haben die Staatsanwaltschaft sowie die Angeklagten bis zum 20. April Zeit, sich zu dem Vorschlag zu äußern. Die Kanzlei Baum Reiter & Collegen äußerte die Erwartung, dass beide Seiten zustimmen werden.

Der nächste Verhandlungstermin wäre für den 21. April angesetzt - allerdings gilt angesichts der Corona-Auflagen als unwahrscheinlich, dass er stattfinden kann. Falls das Verfahren eingestellt wird, will das Gericht seine Erkenntnisse zu den Geschehnissen um die Loveparade 2010 in einem schriftlichen Beschluss zusammenfassen und "im Rahmen einer zeitlich begrenzten Hauptverhandlung vortragen".

ehl/uh (dpa, afp)