1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Libeskind statt Wüstenrot

10. Februar 2010

Fertighäuser sind: massenkompatibel, einfach gestaltet, relativ billig. Dieses Klischee passt nicht, wenn das Fertighaus von einem Stararchitekten wie Daniel Libeskind kommt. Er hat jetzt eine Luxusvariante entworfen.

https://p.dw.com/p/LsuQ
Das Fertighaus von Daniel Libeskind (Autor: Frank Marburger)
Das Fertighaus von Daniel LibeskindBild: Frank Marburger

Datteln, 30 Kilometer nördlich von Dortmund: Hier, am Rande des Ruhrgebietes, steht der Prototyp. Kein Museum und keine Gedenkstätte, die zum Markenzeichen des in New York lebenden Architekten gehören, sondern ein Fertighaus. "Es schaut gar nicht wie ein Fertighaus aus", sagt der 63-Jährige. Zu Recht, denn schon von weitem ist der typische Libeskind-Baustil erkennbar: Die Silhouette des zweistöckigen Wohnhauses ähnelt einem Kristall, der aus über- und ineinander geschachtelten Boxen besteht und mit einer silberig schimmernden Fassade aus Zink überzogen ist.

Ästhetisches Experiment

Kein Zweifel, der Bau ist Blickfang und ästhetisches Experiment zugleich, ein Luxusheim, kein Massenprodukt Marke Wüstenrot oder BHW. Im Innern hat man das Gefühl, Fremder und Entdecker zugleich zu sein. Der Grundriss ist alles andere als quadratisch, praktisch, modern. "Ich wollte die Unterscheidung zwischen einem Wohnhaus, einem Museum und einer schönen Villa auflösen – angefangen von einem Kinderzimmer bis zu einem eindrucksvollen Raum, wo man seine Freunde empfangen kann", so der Architekt. Es gibt keinen Mittelpunkt, keinen zentralen Raum, um den sich alles gruppiert. Stattdessen findet man überall Verwinkelungen, große asymmetrische Fensterfronten. Hinter jeder Wand eröffnet sich eine neue Perspektive. Libeskinds typischen schrägen Wände und stumpfen Winkel kommen sogar in diesem Einfamilienwohnhaus zur Geltung.

Fertighaus von Daniel Libeskind (Autor: Frank Marburger)
Luxusvilla von der Stange?Bild: Daniel Liebeskind

"Ich wollte mit der Fertighaus-Villa eine Antwort darauf geben, was es heute bedeutet, ein Haus zu entwerfen, das man auf einem LKW verladen über Deutschlands Straßen, quer durch Europa oder sonst wohin transportieren und innerhalb kürzester Zeit aufbauen kann", erklärt Libeskind. "Ich wollte ein Fertighaus gestalten, dass so etwas wie eine Seele hat, ein Gespür für Licht, für die Umgebung und das zeitgemäß ist, das heißt, es sollte einen niedrigen Energieverbrauch haben, die Erdwärme und Sonnenenergie nutzen."

Künstlerdomizil

Die Villa entspricht überhaupt nicht der gängigen Vorstellung eines Fertighauses: 515 Quadratmeter Wohnfläche, vier Zimmer, diverse Bäder, Weinkeller, Sauna und eine 100-Quadrameter große Empfangshalle mit integrierter Küche. Der Käufer kann zwischen zwei Varianten wählen: dem kargen Libeskind Stil mit weißem Fußboden oder einem weicheren Casual Stil, bei dem der Architekt den Bewohnern Parkettböden und gedämpftes Licht zubilligt. Dass dies ein Zugeständnis an die zahlungswillige, aber konservative Fertigluxushaus-Klientel sei, streitet Libeskind vehement ab: "Wenn jemand ein Marmorbad möchte, dann soll er auch sein Marmorbad bekommen. Aber ich habe das Haus so entworfen, wie ich mir ein Zuhause wünsche. Ich habe es eigentlich nur für mich entworfen. Ich habe mir überlegt, wie die Dusche beschaffen sein sollte, wie ich gerne aufwachen würde, wie die Haustür aussehen sollte. So gesehen ist es ein Künstlerdomizil geworden."

Porträt Daniel Libeskind (Autor: Michael Marek)
Daniel LibeskindBild: Michael Marek

Limitierte Serie für exklusiven Käuferkreis

Ein Kunstwerk soll das Haus sein, eine Skulptur, behauptet Libeskind vollmundig, eine, die obendrein den energetischen Ansprüchen unserer Zeit genügt, dazu noch wohnlich und alltagstauglich ist und mit einer Bauzeit von gerade einmal sechs Monaten schnell errichtet. Der Preis für das zweistöckige Fertighaus liegt zwischen zwei und drei Millionen Euro. Die Kosten für den Bauplatz nicht mitgerechnet. Da mag es trösten, dass dieses Fertighaus auf 30 Exemplare limitiert ist. Weltweit versteht sich. Dem Käufer garantiert die Berliner Firma, die die Libeskind-Villa vertreibt, Exklusivität: Innerhalb eines bestimmten Umkreises darf das Gebäude nur einmal verkauft werden. Bei einer Auflage von 30 Fertighäusern sollte das allerdings kein Problem sein.

Spannend ist, ob diese Rechnung aufgeht. Denn in der Vergangenheit war Fertighäusern von Stararchitekten zwar eine große Aufmerksamkeit beschieden, ein Verkaufsschlager waren sie allerdings selten. Dass seine Villa eine Antwort auf die Finanzkrise ist, das hält Libeskind für Unsinn: "In Krisenzeiten sollte man nicht mittelmäßig werden. Jetzt ist nicht die Zeit, große Ideen fallen zu lassen und kleine zu verfolgen. Im Gegenteil. Jetzt ist es Zeit zum Umdenken, sich auf größere Zusammenhänge zu besinnen. Wir haben ja während der Finanzkrise gesehen, dass sehr viel Geld verschwendet wurde, nur um kurzfristige Gewinne zu machen. Jetzt brauchen wir eine nachhaltige Architektur. Wir müssen so planen, dass Dinge Bestand haben."

Autor: Michael Marek

Redaktion: Manfred Götzke