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Luxus - Last oder Lust?

Ulrike Dörr28. April 2015

Etwas haben, was sich andere nicht leisten können? Luxus, das bedeutet Exklusivität - so das Vorurteil. Wie sich unsere Sehnsüchte verändern, untersucht derzeit das Victoria & Albert Museum in London.

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Symbolbild Luxus
Bild: imago/Westend61

Der Wunsch nach Luxus

"Wir wollen eine neue Debatte anstoßen", sagt Jana Scholze, Kuratorin der Ausstellung "What is Luxury?" im Victoria & Albert Museum in London. Luxus ist aller Munde. Was wir uns allerdings darunter vorstellen, wandelt sich stetig, weil sich die Lebensumstände rasant verändern. Die Ausstellungsmacher wollen den Besuchern klar machen: Luxus ist weit mehr als teure Autos, Yachten, Villen oder wertvoller Schmuck.

Was also ist Luxus? Um diese Frage zu beantworten, taucht der Besucher in die verdunkelten Ausstellungsäume ein – nichts soll offensichtlich vom Nachdenken ablenken. Umso mehr stechen die hell erleuchteten Objekte ins Auge: Ein Kopfschmuck, gewoben aus feinen Goldfäden, so dünn wie ein einzelnes Haar. Zwölf Jahre hat der italienische Künstler Giovanni Corvaja sich Zeit genommen, um das filigrane Gebilde herzustellen. Auch eine Halskette aus 1000 handgestrickten Blasen der britischen Künstlerin Nora Fok oder ein mit Laser geschnittenes Haute Couture-Kleid der Niederländerin Iris Van Herpen sind in der Ausstellung zu sehen. Die Botschaft ist deutlich: Hier sind sowohl die teuren Materialien Luxus, als auch das technische Know-how und die Zeit, die in die Herstellung investiert wurde.

Ausstellung What is Luxury im Victoria & Albert Museum in London EINSCHRÄNKUNG
Kopfschmuck aus Goldfäden von Giovanni CorvajaBild: Victoria and Albert Museum, London

Luxus - weniger ist mehr

Zeit – die ist auch für Jonathan Faiers Luxus. Der Wissenschaftler sehnt sich danach, endlich Zeit zu haben für sich selbst, nichts zu tun, offline zu sein, auszubrechen aus der täglichen Routine. Diese Vorstellung von Luxus teilt er mit immer mehr Menschen, die dank der digitalen Technologie ständig vernetzt sind. Vor einem Jahr hat Jonathan Faiers an der Universität Southampton an der Südküste Englands eine Forschungsgruppe ins Leben gerufen, die sich mit den Vorstellungen von Luxus kritisch auseinandersetzt. Es gebe viele Faktoren, so Faiers, die den Luxusbegriff in den letzten zehn Jahren maßgeblich verändert hätten. So boome trotz weltweiter Rezession der Handel mit Luxusgütern, vor allem in den Schwellenländern. Doch: Was sagt dieser globale Konsum von Luxusgütern tatsächlich über Luxus aus, der traditionell auch mit Exklusivität in Verbindung gebracht wird?

Blick in die Ausstellung, What is Luxury im Victoria & (c) Victoria and Albert Museum London
Luxus-Fragen? What is Luxury heißt die Londoner AusstellungBild: Victoria and Albert Museum London

Ein Blick in die Geschichte zeigt: Der Luxusbegriff ist ständig im Wandel. Von der Antike bis fast ins 18. Jahrhundert war er meist negativ besetzt, galt als unmoralisch, war der Aristokratie und Oberschicht vorbehalten. Erst mit der Industrialisierung konnte sich auch die Mittelklasse kleine Dinge leisten. Ein gutes Beispiel dafür ist das Geschenkband: Es war nicht zum Überleben nötig – und damit ein kleiner Luxus.

Wasser – ein Luxusgut

Sauberes Wasser, ausreichend Nahrung und Bildung – Dinge, die in der westlichen Welt einst als Luxus galten, haben sich geografisch verschoben. Heutzutage sind sie vor allem in Teilen der Welt, in denen Kriege herrschen und in denen die Menschen arm und hungrig sind, gefragte Güter oder Werte. Jonathan Faiers allerdings ist überzeugt davon, dass die Menschen aus diesen Ländern Wasser nicht als "Luxus" bezeichnen würden, sondern als Notwendigkeit zu leben - zu überleben. Da ihnen bereits ein Minimum an Lebensstandard fehlt, können sie nicht wissen, was Luxus ist. Denn Luxus ist keine Notwendigkeit, sondern etwas Zusätzliches, auf das wir auch verzichten könnten. Das ist wohl fast die einzig konstante Definition des Begriffs Luxus.

Uhren in Filzmappe eingewickelt, (c) Marcin Rusak
Kippfigur: Zeit ist ein begehrtes LuxusgutBild: Marcin Rusak

Luxus in der Zukunft

Welche Zukunft hat der Luxus? Auch darüber spekulieren die Künstler in der Ausstellung im Victoria & Albert Museum. Bodenschätze versiegen, Erdöl wird knapper, der Mensch immer gläserner – Privatheit wird zum Luxusgut genauso wie Plastikmöbel, für deren Produktion Erdöl nötig ist. Der Luxusbegriff ist schon heute überladen, weil alles Luxus ist, beklagt Jonathan Faiers. Dennoch wird er sich weiter verändern - so wie sich auch die Gesellschaft wandelt.

Ausstellungsvitrine mit Federkleid, Foto: (c) Victoria and Albert Museum London
Luxus kann federleicht sein.Bild: Victoria and Albert Museum, London