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Mädchenfußball

6. Juni 2011

Längst ist Mädchenfußball in Deutschland keine Nischensportart mehr - für viele junge Frauen ist es ein attraktiver Weg, sich zu beweisen. Zugleich ist Fussball eine bewährte Methode interkultureller Verständigung.

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Die Mädchenmannschaft der Gesamtschule Horst
Ein buntes TeamBild: Gesamtschule Horst

Mädchen spielen Fußball. Das gehört in der Gesamtschule Gelsenkirchen-Horst fest zum Stundenplan. In den Mittagspausen schallen Freuden- und Anfeuerungsrufe vom Spielfeldrand. Bei den Schülerinnen aus dem 6. Jahrgang ist die Begeisterung besonders groß: "Wenn wir spielen, ist es eigentlich egal, ob wir türkisch, polnisch oder deutsch sind. Da sind wir eine Mannschaft und halten auch immer zusammen. Egal, wo man herkommt, während des Spiels herrscht Teamgeist - ohne Alleingänge."

Viele Kulturen eine Leidenschaft

Esra spielt Fußball in der Schule und legte dafür auch ihr Kopftuch ab.
Im Unterricht mit Kopftuch - für den Fußball legt Esra es abBild: DW

Hier geht es nicht nur um das Gewinnen oder Verlieren. Die Schule liegt in einem Stadtteil, in dem viele Menschen mit Migrationshintergrund leben. Mehr als 40 Prozent aller Schüler der Gesamtschule stammen aus Migrantenfamilien. Beim Fußball erleben die Kinder und Jugendlichen Zusammenhalt und gegenseitiges Helfen. Kaum einer anderen Sportart gelingt es, so viele Menschen aus unterschiedlichen Milieus und Schichten zusammenzuführen. Rainer Möllers, Schulleitungsmitglied und Fußball-Ausbilder, sieht vor allem Chancen für die Mädchen. Für sie sei Fußball "ein Feld, auf dem sie sich beweisen können und auch wollen - und das tun sie dann auch.“

Sport und Spiel in den Mittagspausen

Seit 2007 ist die Gesamtschule Horst Partnerschule des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Besonders Mädchen sollen mit Fußball mehr Spaß an der Schule haben. Der DFB zeichnete die Schule mit seinem Integrationspreis aus - Lehrerin Beate Odenthal sieht darin eine Motivation für die Mädchen. "Es ist ein Stück gelungene Integration, Mädchen zu sehen, die in der Schule mit Kopftuch erscheinen und dann auf dem Platz das Kopftuch ablegen, ihre Mäntel ausziehen und in der Schiedsrichterbekleidung - mit T-Shirts und kurzen Hosen - ein Spiel leiten", sagt Beate Odenthal.

Mädchen kicken gegen Vorurteile

Esra beim Fußball
Esra (2.v.l.) beim SpielBild: Gesamtschule Horst

Damit mehr Mädchen verschiedener Herkunft bei Fußballturnieren mitkicken können, müssen auch deren Eltern gewonnen werden. Die Schule hilft mit, Eltern davon zu überzeugen, dass die Schülerinnen überhaupt mitspielen dürfen. Vor allem bei türkischen Schülerinnen sei die Hemmschwelle groß gewesen, sagt Lehrer Jürgen Kuhlmann. Manchmal erfuhr die Schule erst viel später, warum manche Mädchen auf einmal doch nicht mehr an Fußball interessiert schienen. "Sie haben uns dann oft gesagt: Nein, ich habe keine Lust in den Verein zu gehen. Wenn man sie vier, fünf Jahre später gefragt hat: Warum warst du damals nicht im Verein? - dann hörte man: Mein Vater wollte nicht, dass ich in den Verein gehe - oder: Meine Eltern sagten: Fußball ist nichts für Mädchen, mach lieber Reiten oder so was."

Fußball ist gelebte Integration

Esra ist eine türkische Schülerin aus dem 8. Jahrgang. Als die Eltern bei den Turnieren sahen, mit wie viel Spaß und Engagement ihre Tochter dabei war, erlaubten sie es ihr. Esras Vater versäumt heute fast keines ihrer Spiele. "Mein Vater kommt sehr oft, um sich meine Spiele anzugucken. Der ist dann auch total stolz auf mich, wenn ich Tore schieße", sagt die 15-Jährige, die auf dem Platz ihr Kopftuch ablegt.

Gegen Rassismus und Diskriminierung

Judie Radomski ist angehende Schiedsrichterin
Judie Radomski ist angehende SchiedsrichterinBild: DW

Fußball hat auch Mädchen motiviert, die früher nicht gerne zur Schule gegangen sind. Ihre Schulnoten wurden insgesamt besser. Egal, wo man herkommt, oder welche Sprache man spricht, auf dem Spielfeld ziehen alle an einem Strang und wollen gewinnen. Fairplay und Teamwork werden in der Schule gelebt, sagt Judie Radomski aus dem 9. Jahrgang. Sie stammt aus Madagaskar und findet, dass Fußball die Schüler mehr zusammengeführt hat. "Wir sind eine Schule ohne Rassismus und da müssen wir lernen, miteinander klar zu kommen. Beim Fußballspielen gibt es allgemein ein Miteinander. Beim Spiel habe ich Spaß, da bin ich mit meinen Freundinnen in einem Verein und wir lieben diesen Sport."

Autorin: Irem Özgökceler
Redaktion: Jochen Vock