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Politik

Müssen Afrikas Autokraten um ihre Macht fürchten?

Martina Schwikowski
28. November 2017

Nach 37-jähriger Herrschaft hat Simbabwes Robert Mugabe die Macht verloren. Andere Langzeit-Präsidenten in Afrika erwarten unruhige Zeiten. In Kamerun werden bereits Rücktrittsforderungen laut.

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Simbabwe Mugabe Mural in Mbare
Bild: Reuters/P. Bulawayo

Nur ein Präsident war länger an der Macht als Robert Mugabe - und ist es noch immer. Seit 38 Jahren herrscht Teodoro Obiang Nguema Mbasogo über Äquatorialguinea. Im Nachbarland Kamerun regiert seit 35 Jahren Paul Biya, neuerdings mit 85 Jahren ältester Machthaber des Kontinents. Obiang und Biya führen ihre Länder mit harter Hand und mäßigem Erfolg: Im Ibrahim-Index für afrikanische Regierungsführung belegen ihre Länder Plätze im unteren Drittel. Doch nun schwappt die Aufbruchsstimmung  aus Simbabwe über: In Kamerun mehren sich Aufrufe der Opposition, die Biyas Abtritt fordern. In der Hauptstadt Yaoundé sind immer öfter Lieder mit Anti-Biya-Texten zu hören.

Explosive Lage in Kamerun

Kamerun Präsident Paul Biya Archivbild 30.01.2013
Kameruns Paul Biya hält sich seit 35 Jahren an der MachtBild: Patrick Kovarik/AFP/Getty Images

Der "ewige Präsident" verweigere sich notwendiger Reformen, spalte sein Land und lasse Regimekritiker einfach wegsperren, sagen seine Gegner. Joshua Osih ist Vizepräsident der Sozialdemokratischen Front (SDF), Kameruns größter Oppositionspartei. Er sei sicher, sein Land Kamerun werde einen ähnlichen Weg gehen wie Simbabwe, sagt Osih im DW-Interview. "Ich wünsche kein Blutvergießen, aber es wird auch nichts getan, um es zu verhindern. Wenn es keine Transparenz gibt, wird die Lage explosiv, und dieser Zeitpunkt ist gekommen. Niemand weiß, wann etwas passiert - nur dass es passiert."

Das Pulverfass Kamerun könnte hochgehen, meint auch Boniface Mbey, Politikwissenschaftler an der Universität Yaounde in Kamerun - doch nicht durch einen Putsch. "Anders als Mugabe in Simbabwe  hat Biya sein Militär fest im Griff, alles loyale Männer in Schlüsselpositionen. Aber wenn mehr Parteien die Oppositionsbewegung der SDF stärken, könnte Kamerun der nächste Brennpunkt nach Simbabwe werden."

Präsident Biyas Vertraute sehen das ganz anders. Aboubakar Ibrahim, Biyas rechte Hand und Rechtsexperte der Regierungspartei "Demokratische Versammlung des Volkes Kamerun" (CPDM) sagt im DW-Interview: "Biya bleibt die beste Wahl, denn er ist nicht wie Mugabe. Er hat niemals offen verlautbaren lassen, dass er eine Dynastie einführen will. Ich glaube nicht, dass Mugabes Probleme durch seine lange Amtszeit verschuldet sind, sondern weil er seine Frau zur Nachfolgerin krönen wollte."

Autokraten abgeschottet

Äquatorialguinea Präsident Teodoro Obiang
Teodoro Obiang hat Äquatorialguinea fest im GriffBild: picture-alliance/dpa/S. Lecocq

Liesl Louw-Vaudran, Mitarbeiterin des Instituts für Sicherheitsstudien in Pretoria,  glaubt, dass afrikanische Autokraten beobachtet haben, was mit Robert Mugabe geschehen ist. "Sie haben besonders den Freudentaumel der Bevölkerung in den Straßen bemerkt", sagt Louw-Vaudran. "Denn einige sind - wie Mugabe - total abgeschottet davon, wie normale Menschen fühlen." Sie warnt jedoch davor,vom Putsch in Simbabwe vorschnell auf andere Länder zu schließen und erinnert an das Jahr 2014 in Burkina Faso. Damals floh Präsident Blaise Compaoré nach 27 Jahren Herrschaft und einem Putsch aus dem Land. "Da gab es ein Gefühl, dass jetzt ein 'Afrikanischer Frühling' beginnt und andere Führer abtreten. Aber es ist nicht geschehen. Wir sollten keine übergroßen Vergleiche anstellen."

So sei zum Beispiel die Lage in Äquatorialquinea unter Präsident Obiang eine andere als in Simbabwe. Obiang sei durch einen Putsch an die Macht gekommen, habe selbst mehrere Putschversuche überstanden und sitze, auch dank seiner Kontrolle über die Ölressourcen des Landes, fest im Sattel. Die Bevölkerung werde unterdrückt, öffentliche Proteste gäbe es nicht. Auch  Denis Sassou-Nguesso  in der Volksrepublik Kongo ist seit vielen Jahren im Amt. "Er wird einige Unruhen zu fürchten haben, aber regiert mit Gewalt", sagt Louw-Vaudran. Er habe - wie auch Präsident Idriss Déby im Tschad - die Verfassung zu seinen Gunsten geändert und Begrenzungen der Amtszeiten gestrichen. Déby regiert seit 27 Jahren und unterdrückt jegliche Opposition.  Auch im Tschad seien Unruhen und Proteste keine große Bedrohung für den Machthaber.

Ugandas Präsident reagiert

Janet Museveni  Yoweri Museveni
Yoweri Museveni übernahm die Macht 1986 und will nächstes Jahr wiedergewählt werdenBild: picture alliance/dpa/D.Kurokawa

Reaktionen auf das überraschende Ende der Mugabe-Ära gebe es aber schon: "Direkt nach Mugabes Abtritt hat Ugandas Präsident Yoweri Museveni das Gehalt für Soldaten und Bedienstete erhöht. Das ist bezeichnend", sagt Louw-Vaudran.  Museveni, der sei 1986 regiert, sei einer der Führer, die von Mugabes Rausschmiss betroffen sein könnten, fügt sie hinzu.

Nicholas Opiyo ist führender Menschenrechtsanwalt in Uganda und seit dem 23. November auch Träger des Deutschen Afrikapreises 2017. "Die Situation in Uganda nimmt einen ähnlichen Verlauf wie die in Simbabwe, wo ein Präsident an der Macht bleibt und alle Möglichkeiten dafür ausnutzt - sogar Wahlbetrug, die Einschüchterung der Opposition und die Ausnutzung eines korrupten Systems. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo das letzte Sicherheitsventil in unserer Verfassung, die Altersgrenze für eine Präsidentschaftskandidatur, bald entfällt."

Jugend ist Chance für Afrika

Bonn Staatspräsident Guinea Alpha Conde
Für Alpha Condé ist hohes Alter kein AusschlusskriteriumBild: DW

Was könnte Afrika langfristig demokratischer machen? Die Chance für eine bessere Zukunft sieht Guineas Präsident Alpha Condé, Vorsitzender der Afrikanischen Union, in der Jugend. Die Staatschefs seien sich dessen bewusst, sagte Condé im DW-Interview. Beim AU-Gipfel in Abidjan, der am Mittwoch (29. November) beginnt, gehe es daher auch um die Jugend. Man müsse in die Jugend und gute Regierungsführung investieren, damit Afrika zugunsten der Bevölkerung, vor allem der Frauen und jungen Leute, regiert werde.

Doch ähnlich wie viele Langzeitherrscher tut sich auch der knapp 80 Jahre alte Condé mit dem Abtritt nach sieben Jahren an der Macht schwer: "Das Problem ist nicht das Alter, sondern ob man weiß, was gut ist für diese jungen Leute. Man kann 30 Jahre alt sein und nichts für die Jugend tun. Und man kann 90 Jahre alt sein und viel für die Jugend tun. Für mich geht eine solche Debatte in die falsche Richtung."

Mitarbeit: Moki Edwin Kindzeka