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Trump, Cruz, Kasich: Wer zuletzt lacht...

Nina Niebergall25. April 2016

...lacht am Besten? Nicht unbedingt. Denn mit ihrem Mantra, Donald Trump mit allen Mitteln verhindern zu wollen, könnten sich die Republikaner am Ende selbst schaden, meint Politologe Johannes Thimm.

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Donald Trump, Ted Cruz und John Kasich in einer TV-Debatte (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/AP Photo/P.Sancya

DW: Herr Thimm, die beiden republikanischen Kandidaten Ted Cruz und John Kasich haben sich gegen Donald Trump zusammengeschlossen. Ihre Strategie: Um zu verhindern, dass Trump mehr als 1237 Delegiertenstimmen gewinnt, will sich Kasich aus der Vorwahl in Indiana zurückziehen, während Cruz die Vorwahlen in Oregon und New Mexico auslassen wird. Es scheint, als würden bei diesen US-Vorwahlen viele etablierte Regeln außer Kraft gesetzt. Woran liegt das?

Johannes Thimm: Zum Einen ist Trump in vielen Hinsichten ein einzigartiger Kandidat. Er war äußerst erfolgreich darin, seine Marke zu nutzen und Medienberichterstattung zu erzeugen. Sendezeit, die sich andere Kandidaten durch das Schalten von Fernsehwerbung teuer erkaufen müssen, hat er praktisch umsonst bekommen. Die Nachrichten haben ohnehin schon so viel über ihn berichtet - wegen seines Celebrity-Faktors - aber auch wegen der positiven wie negativen Faszination, die er ausübt.

Der zweite Faktor ist der, dass sich die Kandidaten der Republikaner gegenseitig das Wasser abgegraben haben. Ich bin der Meinung, dass Jeb Bush viel zu lange im Rennen geblieben ist. Wäre er früher ausgestiegen, hätte es Marco Rubio möglicherweise noch gelingen können, sich als konsensfähige Alternative zu etablieren. Ted Cruz wiederum hatte schon lange John Kasich gedrängt, aus dem Rennen auszusteigen. Solange es Trump und den Rest gibt - und der Rest sich gegenseitig bekämpft - kann Trump davon nur profitieren.

Johannes Thimm von der SWP Berlin (Foto: SWP)
Politikwissenschaftler Johannes Thimm von der SWPBild: SWP

Eine Kandidatur Trumps bei der Präsidentenwahl gegen einen Mitbewerber der Demokraten am 8. November wäre "eine sichere Katastrophe", hieß es zur Erklärung aus dem Wahlkampfmanagement von Ted Cruz. Ist diese Panik-Mache gerechtfertigt?

Die Chancen eines Kandidaten Trump, die Präsidentschaftswahlen für die Republikaner zu gewinnen, sehen nicht gut aus. Umfragen, die in hypothetischen Szenarien verschiedene Kandidaten gegeneinander stellen, zeigen, dass Trump gegen Hillary Clinton deutlich verlieren würde. Die Republikaner haben außerdem die Sorge, dass wegen Trump nur wenige Leute zur Wahl gehen würden. Sie befürchten, dass Trump die republikanische Basis nicht ausreichend mobilisiert.

Wieso zweifeln die Republikaner an einem Wahlerfolg Trumps, wenn er doch in den Vorwahlen so stark ist?

Man muss sich vor Augen führen, dass trotzdem nur etwa ein Drittel der republikanischen Wähler Trump unterstützen und zwei Drittel der Republikaner gegen Trump sind. Durch seine Unkonventionalität tritt Trump spontan auf und redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Das kann durchaus auch schädlich sein. Er widerspricht sich selbst, hat zu vielen Themen überhaupt keine konsistente Position oder weicht von den traditionellen republikanischen Positionen ab.

Infografik US-Vorwahlen Stand 20.04.2016 Deutsch (Grafik: DW)

Kommt er nicht genau wegen seines unkonventionellen Auftretens und dem Gestus des Anti-Politiker so gut an?

Es gibt hier eine ganz klare Spaltung: Die Anhänger Trumps sind begeistert, weil er sich gegen das Establishment positioniert. Aber sehr konservative, ideologisch konsistente Republikaner lehnen ihn ab, weil er eben nicht konsequent konservativ ist. Die wirtschaftsfreundliche Elite unterstützt ihn zum Beispiel nicht, weil er gegen den Freihandel ist. An Minderheiten kommt er überhaupt nicht ran, weil er die alle schon beleidigt hat. Die Latino-Community wird wegen Trumps Migrationspolitik überwiegend demokratisch wählen. Sie erinnern sich an seinen berühmten Satz, dass Mexikaner alle Kriminelle und Vergewaltiger sind. Mit solchen Positionen zu verschiedenen Themen hat er große Teile der republikanischen Basis im Prinzip schon verprellt.

Wäre es nicht dennoch Wasser auf die Mühlen derjenigen, die sich über das Establishment empören, wenn auf einem Parteitag ein Kandidat ausgeklüngelt wird, statt dem Wählerwillen Rechnung zu tragen?

Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass derjenige mit den besten Vorwahlergebnissen Präsidentschaftskandidat werden sollte. Man kann sich aber auch fragen, ob jemand, der zwei Drittel der eigenen Partei gegen sich hat, der geeignete Kandidat ist. Was vielleicht noch wichtiger ist: Trump ist zwar ein bisschen verrückt und sagt Dinge, die gefährlich sind. Aber er repräsentiert auch Positionen, die unter den US-Amerikanern verbreitet sind. Er lehnt zum Beispiel den Freihandel ab oder thematisiert den Verlust von Arbeitsplätzen, der vor allem die weiße Mittelklasse in den letzten Jahren getroffen hat. Die Frage ist, ob sich die Republikaner langfristig einen Gefallen damit tun, wenn sie das ignorieren.

USA Demonstration gegen Donald Trump in New York (Foto: DW)
Der Populist und Republikaner Donald Trump spaltet de GemüterBild: DW/M. Soric

Wem bringt der taktische Zug eines Zusammenschlusses nun mehr - Cruz oder Kasich?

Da wage ich keine Prognose. Erst einmal könnte man meinen, dass Ted Cruz den größten Folgeanspruch hat, weil er sozusagen der zweitstärkste Kandidat ist. Gleichzeitig ist er in der Partei auch extrem unpopulär. Es könnte tatsächlich sein, dass Kasich als lachender Dritter aus der Abstimmung beim Parteitag in Cleveland hervorgeht - oder ein völlig anderer Kandidat aus dem Hut gezaubert wird.

Dr. Johannes Thimm ist Leiter der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin.

Das Interview führte Nina Niebergall.