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Machtkampf bei VW eskaliert

12. April 2015

Völlig unerwartet ist Europas größter Autobauer in die Krise geraten. Konzern-Patriarch Piëch entzog VW-Chef Winterkorn sein Vertrauen. Nun tritt die Porsche-Familie auf den Plan - und stellt sich hinter Winterkorn.

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Ferdinand Piëch Archivbild 2012 (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Im Machtkampf bei Volkswagen geht ein wichtiger Vertreter des Hauptaktionärs, der Familie Piëch-Porsche, auf Distanz zu Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch (Artikelbild). "Die Aussage von Herrn Doktor Piëch stellt seine Privatmeinung dar, welche mit der Familie inhaltlich und sachlich nicht abgestimmt ist", zitierte ein Sprecher Wolfgang Porsche. Damit stärkt die Porsche-Familie dem VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn deutlich den Rücken. Die Familien Porsche und Piëch halten zusammen die Mehrheit am Volkswagen-Konzern.

"Auf Distanz zu Winterkorn"

Jahrelang bestimmte das Duo Piëch und Winterkorn die Geschicke bei Volkswagen. Nun scheint das Vertrauen zwischen den beiden mächtigsten Männern des Autokonzerns erschüttert. Piëch war zuvor vollkommen überraschend und mit deutlichen Worten von Winterkorn abgerückt. In dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte er sich mit den Worten zitieren lassen: "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn." Piëch betonte weiter: "Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen". Die Kandidaten dafür seien bereits im Unternehmen.

Demonstrative Rückendeckung

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, beide Mitglieder im VW-Aufsichtsrat, haben sich bereits demonstrativ hinter Winterkorn gestellt. Weil stellte klar, er halte eine öffentliche Diskussion über die Spitzen von VW für schädlich: "Es war eine ärgerliche Überraschung, die Bewertung des Aufsichtsratsvorsitzenden Piëch aus den Medien zu erfahren. Man sollte bitte nicht den erfolgreichen VW-Konzern durch solch öffentlichen Einlassungen in eine schwierige Situation bringen." Das Land schätze die Arbeit Winterkorns sehr. "Wir haben mit Dr. Winterkorn den erfolgreichsten Automobilmanager an Bord", betonte der Regierungschef.

Hürden für die Absetzung

Für eine Abberufung Winterkorns durch den Aufsichtsrat müsste sich dieser laut Aktiengesetz eine "grobe Pflichtverletzung" zuschulden kommen lassen oder "unfähig zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung" sein. Darüber hinaus bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit in dem 20-köpfigen Aufsichtsratsgremium. Die ist bislang nicht in Sicht, denn neben den zehn Plätzen der Arbeitnehmerseite entfallen bei den Kapitalvertretern zwei Stimmen auf Niedersachsen. Das Land ist nach dem Familienclan Porsche/Piëch größter VW-Eigner.

Geht die Erfolgsgeschichte Winterkorn weiter?

Im obersten VW-Management heißt es zuversichtlich: "Die Erfolgsgeschichte mit Herrn Winterkorn wird fortgeschrieben werden." Auch die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet unter Berufung auf Unternehmenskreise, dass Winterkorn sich nicht vom Hof jagen lassen wolle. Er blicke auf eine außerordentlich erfolgreiche Managerkarriere zurück. So schnell werfe er nicht hin.

Winterkorn führt den Autohersteller mit seinen rund 600.000 Angestellten bereits seit 2007. Sein Vertrag läuft Ende nächsten Jahres aus. Konzerninsider hatten zuletzt übereinstimmend berichtet, dass Winterkorn Piëch im Kontrollgremium ablösen dürfte.

nin/pg (dpa, rtr)