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Politik

Macron macht nach Protesten Zugeständnisse

10. Dezember 2018

Nun bewegt er sich doch: Nach tagelangem Schweigen hält der französische Präsident Macron eine Rede an die Nation. Darin kündigt er nach wochenlangen Protesten unter anderem Steuererleichterungen und Lohnerhöhungen an.

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Emmanuel Macron Rede an die Nation
Bild: Reuters/L. Marin

In der Fernsehansprache sagte der französische Präsident Emmanuel Macron, Arbeitnehmer sollten künftig bei Überstunden weder Steuern noch Sozialabgaben zahlen. Zudem soll der Mindestlohn im kommenden Jahr um 100 Euro monatlich erhöht werden. Dies ist eine der Hauptforderungen der Protestbewegung. "Wir wollen ein Frankreich, in dem man würdig von seiner Arbeit leben kann." Zudem kündigte der Staatschef eine Entlastung für Rentner an, die über ein Einkommen von weniger als 2000 Euro monatlich verfügen: Für sie werde 2019 die Erhöhung der Sozialabgaben ausgesetzt, sagte er. Arbeitgeber sollten, wenn sie dazu in der Lage seien, ihren Beschäftigten eine Prämie zahlen. Die Maßnahmen betreffen nach Angaben des Fernsehsenders TF1 rund zwei Millionen Haushalte in Frankreich. Macron betonte, er übernehme für die aktuelle Krise einen "Teil der Verantwortung".

Mit der Rede an die Nation versuchte der französische Präsident Francois Macron, einen Ausweg aus der seit Wochen dauernden schweren Krise zu finden. Die "Gelbwesten"-Bewegung gilt als größte politische Herausforderung für den 40-Jährigen in dessen 18-monatiger Amtszeit. Nach erneuten gewaltigen Krawallen und Ausschreitungen am Wochenende steht der Staatschef unter Zugzwang. Der Elysée-Palast sprach von einem "ernsten Moment" für die Nation. In buchstäblich letzter Minute hatte Macron am Montag in Paris mit Spitzenvertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern sowie aus der Politik beraten.

Am Samstag waren wieder rund 136.000 Menschen auf die Straßen gegangen, davon mindestens 10.000 in der Hauptstadt, um für mehr Steuergerechtigkeit und höhere Kaufkraft zu demonstrieren. Ihnen standen insgesamt 89.000 Sicherheitskräfte gegenüber, die diesmal deutlich härter eingriffen. Es gab fast 2000 vorläufige Festnahmen, davon knapp 1100 in Paris.

Wieder Krawalle

Es war das vierte Wochenende in Folge, an dem die Bewegung der "Gelben Westen" in großem Stil zu Protesten aufgerufen hatte. In Paris kam es erneut zu Krawallen. Macrons Sprecher Benjamin Griveaux räumte nach den Protesten vom Samstag ein, die Regierung habe das Bedürfnis der Franzosen unterschätzt, sich Gehör zu verschaffen.

Einhellige Meinung in Frankreich ist, dass Macron der Protestbewegung deutlich entgegenkommen muss, um eine weitere Eskalation der Krise zu verhindern. Die "Gelbwesten" fordern unter anderem allgemeine Steuersenkungen, höhere Renten und Löhne sowie eine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Deren Abschaffung zum Jahresbeginn hat ihm den Ruf eines "Präsidenten der Reichen" eingebracht. Die bisherigen Zusagen der Regierung reichen den Aktivisten nicht aus: Die Regierung will unter anderem die Anhebung der Ökosteuer auf Sprit im kommenden Jahr aussetzen und Strom- und Gaspreise stabil halten.

Solche Erleichterungen würden Frankreich teuer zu stehen kommen. Allein der Verzicht auf das Anheben der Treibstoffsteuer schlägt im kommenden Jahr mit Milliarden zu Buche. Eigentlich hatten die Franzosen Europa versprochen, die Staatsfinanzen zu sanieren und die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft einzuhalten. Nun droht Frankreich, erneut die Drei-Prozent-Schwelle nicht einhalten zu können. Bisher sieht die Planung für 2019 ein Haushaltsdefizit von 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung vor. Erstmals seit 2007 lag Frankreich im Jahr 2017 mit einem Wert von 2,6 Prozent unter der Schwelle.

Notenbank senkt Prognose

Im Zuge der Proteste trüben sich die Konjunkturaussichten Frankreichs ein. Die Notenbank in Paris halbierte ihre Prognose für den Zuwachs der Wirtschaftsleistung im Schlussquartal 2018 auf 0,2 Prozent. Grund dafür seien Auswirkungen der Proteste der "Gelben Westen". "Im November hat die aktuelle Bewegung die industrielle Produktion in verschiedenen Sektoren beeinflusst", hieß es.

Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnte davor, dass die Proteste auch ausländische Investoren verschrecken könnten. "Ich sehe die Auswirkungen, die das auf Ausländer hat, offensichtlich ist das nicht gut für die Attraktivität unseres Landes", so der Minister.

kle/uh (dpa, rtr, afp)