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MAD-Agenten in den Ruhestand?

15. September 2012

Die Justizministerin von der FDP bekräftigt: Der Militärische Abschirmdienst soll weg. Der Verteidigungsminister aus der CDU kanzelt sie als "nicht zuständig" ab. Die Affäre um die Neonazi-Morde belastet die Koalition.

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Rentner auf einer Bank (Fotolia.com)
Bild: Fotolia/farbkombinat

Die unglaubliche Serie von Pannen bei der Aufklärung der Mordserie des deutschen Neonazi-Trios NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) nimmt kein Ende. Zuletzt rückten das Versagen des Berliner Landeskriminalamtes und des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) der Bundeswehr in den Mittelpunkt des Interesses. Der Streit über die Konsequenzen für die Geheimdienste - Verfassungsschutz und MAD - reicht bis tief in das schwarz-gelbe Regierungsbündnis.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von den Liberalen wird nicht müde, die traditionelle Forderung ihrer Partei nach Abschaffung des MAD zu wiederholen. Sie sieht sich dabei auf einer Linie mit den Grünen und der Linkspartei.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wies seine Kollegin hingegen rüde zurecht: Leutheusser-Schnarrenberger sei "nicht zuständig". Er verbat sich öffentliche Ratschläge von ihr. Der MAD sei für die Sicherheit deutscher Soldaten im Ausland und zur Spionageabwehr unverzichtbar, so De Maizière. Er will den Agenten-Apparat lediglich reformieren und verkleinern.

Leutheusser-Schnarrenberger sagte der Zeitung "Welt am Sonntag", nur durch schnelles Handeln könnten beschämende Pannen wie bei der Zwickauer braunen Terrorzelle vermieden werden. "Die Bekämpfung von Extremismus darf nie wieder an Kleinstaaterei scheitern", so die Justizministerin.

Kleinere Verfassungsschutzämter müssten zusammengelegt, der MAD aufgelöst und seine Befugnisse auf die bestehenden Dienste "übertragen" werden, um die Kräfte zu konzentrieren.

De Maizière entschuldigte sich

Agenten des Geheimdienstes der Bundeswehr sollen versucht haben, den späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos 1995 während seiner Zeit als Wehrdienstleistender als Spitzel zu werben. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages wurde darüber erst spät und nur auf Nachfrage informiert. Da musste auch Minister De Maizière zugeben, dass seine Behörde den Ausschuss direkt hätte in Kenntnis setzen müssen. "Das ärgert mich selbst am meisten", berichtete er, verwies aber auf "formal korrekten" Umgang mit den Akten.

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere (foto: dapd)
Musste auch Fehler eingestehen: Minister Thomas de MaizièreBild: dapd

Am Donnerstag war außerdem bekannt geworden, dass ein mutmaßlicher Unterstützer der Terrorzelle mehr als ein Jahrzehnt Informant des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) war. Die Hauptstadt-Polizei geriet ins Zwielicht, Innensenator Frank Henkel in Erklärungsnot.

Versprechen an die Angehörigen

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf angesichts dieses Desasters den Sicherheitsbehörden insgesamt Totalversagen vor. "Man kann schon nicht mehr von Pleiten und Pannen reden", meinte Nahles. Angesagt sei "rückhaltlose Aufklärung und eine Reform aller Dienste in diesem Land". Nahles fügte hinzu: "Das sind wir den Opfern und ihren Angehörigen, aber auch und nicht zuletzt unserer Demokratie schuldig."

Genau dies hatte vor Monaten Bundeskanzlerin Angela Merkel den Angehörigen der Terroropfer auch versprochen. Es sollte alles für die Aufarbeitung getan und völlige Transparenz garantiert werden...

SC/kis (ap, rtr, dpa)