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Magerer Fischzug

Jens Krepela (sid, dpa)4. August 2012

Die deutschen Beckenschwimmer bleiben in London ohne Medaille. Ein historischer Tiefpunkt ist damit erreicht. Die Kritik entlädt sich nun an DSV-Sportdirektor Lutz Buschkow - doch der zieht keine Konsequenzen.

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Britta Steffen ruht sich nach ihrem 100-Meter-Freistil-Halbfinale an der Bahnbegrenzung aus (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ungarn hat eine, Japan auch und Südkorea, die USA und China sowieso. Eine Medaille der deutschen Beckenschwimmer in London 2012? Fehlanzeige! Es ist die schlechteste Bilanz seit 80 Jahren, einzig die deutschen Langstreckenschwimmer könnten noch Edelmetall aus dem trüben Ententeich im Londoner Hyde Park fischen. Doch auch das könnte den schlechten Eindruck, den die Mannschaft hinterlassen hat, nicht wirklich aufpolieren.

Dabei ist es noch nicht einmal das Fehlen der erhofften Medaillen. Schließlich ist die Leistungsdichte in der Weltspitze riesig. Es ist die Erkenntnis, dass wie die Galionsfiguren Britta Steffen und Paul Biedermann offenbar viele deutsche Olympiaschwimmer nicht ihren Leistungszenit in London erreicht haben. Nicht einmal der Hälfte der 27 Starter gelang es, Zeiten um die persönliche Jahresbestleistung zu schwimmen. Das spricht für Fehler in der Trainingsplanung.

Steffen Deibler nach dem Anschlag als Vierter über 100 Meter Schmetterling (Foto: picture alliance/dpa)
Seltener Lichtblick: Steffen Deibler wird Vierter über 100 Meter SchmetterlingBild: picture-alliance/dpa

Suche nach neuem Bundestrainer

In der Kritik stehen nun der Deutsche Schwimmverband (DSV) und im Besonderen Leistungssportdirektor Lutz Buschkow. Er kündigte eine genaue Analyse erst nach den Spielen in London an. "Wenn man in solchen Situationen Entschlüsse fasst, sind sie meistens falsch", antwortete er auf Fragen nach seiner persönlichen Zukunft. Dabei spielt er eine enorm wichtige Rolle. Buschkow sucht per Stellenanzeige einen neuen Bundestrainer für den DSV. Stichtag ist der 1. Dezember 2012, Vertragslaufzeit vier Jahre, also bis zu den Spielen in Rio de Janeiro. Allerdings, so Buschkow: "Es ist nicht so, dass ich einen Riesenstapel an Bewerbungen hätte."

Der oder die Neue wird viel damit zu tun haben, die deutschen Schwimmer wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Denn glaubt man ehemaligen Spitzenathleten, liegt auch strukturell einiges im Argen. "Unsere Schwimmer sind nicht mehr in der Lage, zweimal am Tag Vollgas zu schwimmen", sagte Ex-Weltmeisterin Franziska van Almsick. "Es müssen Veränderungen kommen, es muss wirklich richtungsweisend gearbeitet werden in den nächsten vier Jahren."

Groß und Lange fordern Neuanfang

In dasselbe Horn stößt der dreimalige Olympiasieger Michael Groß, der dazu "personelle Konsequenzen" forderte. "Schlimmer geht es nimmer", sagte Groß. "Lutz Buschkow muss als Sportdirektor zurücktreten. Diesem Verband hilft nur noch ein totaler Neuanfang und ein langer Atem in Richtung 2020", sagte der "Albatros" der Westdeutschen Zeitung. Der 48-Jährige fordert ein völliges Umdenken: "Der Spitzensport in Deutschland kann sich nur entwickeln, wenn man ein kleines professionelles zentrales Lenkungsgremium schafft, eine Art Leistungssport GmbH, die Verantwortung trägt und zu dieser Verantwortung auch steht. Wie in der Wirtschaft."

Hart ging auch Dirk Lange, der Ex-Bundestrainer, mit den Verantwortlichen ins Gericht: "Wenn man die Verantwortung übernimmt, muss man auch die Konsequenzen tragen", sagte Lange dem Sender Sky Sport News HD. Lange war bis November 2011 DSV-Bundestrainer. Er war am Kompetenzgerangel mit Buschkow und den Trainern der Olympia-Stützpunkte gescheitert.

Buschkow denkt nicht Rücktritt

Buschkow und DSV-Präsidentin Christa Thiel lehnten am Sonntag in London personelle Konsequenzen ab. Und auch DSV-Generalsekretär Jürgen Fornoff stärkte dem in der Kritik stehenden Buschkow den Rücken. "Wir diskutieren nicht über eine mögliche Entlassungen von Lutz Buschkow, weil es nicht um das Versagen einer einzelnen Person geht, sondern vielmehr um ein strukturelles Problem."

Und das könnte in den kommenden Jahren bis hin zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro noch größer werden. Denn trotz der achtbaren vierten Plätze von Britta Steffen und Steffen Deibler ist durch die magere Ausbeute auch die finanzielle Förderung der deutschen Schwimmer gefährdet.

Deutsche Schwimmer enttäuschen in London