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Mais am Stiel

Daniel Scheschkewitz25. August 2006

Wer im Jahr 2008 US-Präsident werden will, muss sich schon jetzt warmlaufen. In Iowa. Unter Schweinen und Kühen.

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Fernschreiber Autorenfoto, Daniel Scheschkewitz

Was hat eine Landwirtschaftsmesse mit dem US-Präsidentschaftswahlkampf zu tun? Sehr viel, werden die Bewohner Iowas sagen. Iowa produziert nicht nur die dicksten Schweine und Kühe Amerikas, die Bürger des mit knapp drei Millionen Menschen eher kleinen US-Bundesstaates tief im Mittleren Westen küren auch alle vier Jahre wieder den Favoriten unter den Präsidentschaftskandidaten der beiden großen Parteien.

Wahlkampf in Wohnzimmern

Der "Iowa Caucus" steht ganz am Anfang eines Wahljahres.Und auch wenn das altbackene Zeremoniell, bei dem in Wohnzimmern und Gemeindesälen über Kandidaten beratschlagt und abgestimmt wird, eher an die Gründerzeiten Amerikas erinnert, hat es von seiner politischen Bedeutung bis heute nichts eingebüßt. Nach Iowa müssen sie alle, ob Republikaner oder Demokraten, ob sie wollen oder nicht.

John McCain wird nachgesagt, dass er den Vorwahlkampf im Jahr 2000 gegen Bush verlor, weil er Iowa links liegen ließ. McCain, dem auch für 2008 wieder Präsidentschaftsambitionen nachgesagt werden, hat aus seinem Fehler gelernt. Auf dem "Iowa State Fair", der größten Landwirtschaftsmesse Amerikas, die im August Jahr für Jahr zehntausende von Besuchern anzieht, mischte sich in diesen Tagen auch der weißhaarige Kriegsveteran und Bushkritiker McCain unter das Volk. Und mit ihm kamen andere. Für die Demokratische Partei Gouverneur Tom Vilsack, der sein Gouverneursamt niederlegt, weil er Präsident werden will. John Edwards , der Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten vor zwei Jahren unter Kerry, der in vielen Meinungsumfragen bei den Demokraten vorneliegt. Newt Gingrich, der frühere Chef der Republikaner im Repräsentantenhaus, der dieser Tage wieder mit der These vom Kampf gegen den Terror als drittem Weltkrieg von sich reden macht. Sie alle kamen und liessen sich mit gemästeten Kälbern und Schweinen fotografieren, aßen Mais (ja Mais, nicht Eis) am Stiel und wichen geschickt Kuhfladen aus – alles nur, um sich rechtzeitig den Wählern von Iowa zu präsentieren.

Verdächtige Abwesenheit

Nur eine blieb dem bäuerlichen Treiben auffällig fern. Hillary Clinton , der man lange Zeit die grössten Chancen einräumte, die nächste Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei zu werden. Hillary sei zu beschäftigt mit ihrem eigenen Sentorenwahlkampf in New York, sagen die einen. Zu bodenständig für die Anwältin und Ex-Präsidentengattin, sagen andere. Doch die wirklich analytischen Geister unter den politischen Kommentatoren Amerikas sehen in Hillarys Abwesenheit bereits ein weiteres Anzeichen dafür, dass ihre Präsidentschaftsambitionen zu kurz greifen könnten. Wurde Hillary nicht erst vor kurzem auf einem Strategietreffen der Demokratischen Partei ausgebuht, weil sie immer noch für den Irakeinsatz ist? Und wer will schon eine Frau wählen, wenn auch der nächste Präsidentschaftswahlkampf wieder ganz im Zeichen von Krieg und Terror stehen wird?

Noch scheint mir der Abgesang auf Hillary ein wenig verfrüht. Ähnlich wie der auf Bush, dessen Comeback in den Meinungsumfragen vielleicht gerade erst begonnen hat. Doch verdächtig war Hillarys Fehlen auf dem "Iowa State Fair" schon. Dabei hätte sie doch mit Mais am Stiel sicher eine gute Figur gemacht.