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Malis Friedensprozess stockt

Philipp Sandner14. April 2016

Deutsche Soldaten sollen bald auch im Norden des westafrikanischen Krisenstaates Mali einheimische Truppen ausbilden. Die Lage dort ist gefährlich, der Einsatz umstritten.

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Ein Fahrzeug der Vereinten Nationen in Timbuktu, im Norden Malis (Foto: picture-alliance/dpa/T. Bindra)
Bild: picture-alliance/dpa/T. Bindra

In Mali herrscht der Ausnahmezustand. Gerade erst hat die Regierung ihn bis zum 15. Juli verlängert, denn die Gewalt im Land reißt nicht ab. Drei französische Soldaten kamen ums Leben, als am Dienstag ein Militärkonvoi in der Nähe der nordmalischen Stadt Tessalit von einer Landmine erfasst wurde. Islamistische Gruppierungen wie Al-Kaida im islamischen Maghreb terrorisieren den Norden des Landes seit Jahren, auch im Süden nehmen Anschläge zu.

Die Lage in Mali ist am Donnerstagabend Thema im deutschen Bundestag. Es geht darum, ob deutsche Militärausbilder künftig auch im Norden des Landes eingesetzt werden. Die Bundesregierung hat das am Mittwoch beschlossen, der Bundestag muss dem noch zustimmen. Bisher bildet die Bundeswehr malische Soldaten im Süden des Landes aus - im Rahmen der EU-Mission EUTM. Im Norden des Landes sind deutsche Soldaten bislang nur an der UN-Mission zur Überwachung eines Friedensabkommens beteiligt.

Ursula von der Leyen besucht Bundeswehr Soldaten in Gao, in Mali (Foto: Reuters/M.Kappeler)
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen besuchte Anfang April Bundeswehrsoldaten in Mali - hier in Gao im Norden, wo sie sich an der UN-Mission beteiligenBild: Reuters/M.Kappeler

Deutsche Soldaten als Zielscheibe für Terroristen?

Eine Erweiterung des Einsatzes im Norden werde auch deutsche Soldaten zur Zielscheibe von Terroristen machen, warnte am Dienstag Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker. Seine Forderung: Deutschland solle sich stärker für Frieden und Aussöhnung in Mali einsetzen. "Ohne einen dauerhaften Frieden zwischen bewaffneten Tuareg-Gruppen und der Zentralregierung wird auch der Antiterror-Kampf scheitern", so Delius.

Doch Frieden und Versöhnung sind nicht in Sicht. Das riesige Wüstengebiet im Norden Malis ist kaum zu kontrollieren. Um den Terroristen, den Drogen- und Waffenschmugglern dort Einhalt zu gebieten, müsse schnell etwas passieren, sagt Sidy Mohamed Adiawakoye, ein Vertreter zivilgesellschaftlicher Gruppen aus der Region Timbuktu: "Vor fast einem Jahr ist ein Abkommen unterzeichnet worden. Bis heute ist es nicht umgesetzt. Das macht keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft", sagt Adiawakoye im DW-Gespräch. "Die Demobilisierung bewaffneter Gruppen muss beschleunigt werden."

Eigentlich hätte das schon längst geschehen sollen, gesteht Zahabi Ould Sidi Mohamed ein. Er ist Minister für Versöhnung und für die Entwicklung der Nordregionen. Immerhin seien die Strukturen geschaffen worden - etwa die Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit und Versöhnung. Kommissionsleiter Ousmane Oumarou Sidibé bittet um Geduld: "Die Versöhnung wird als Ergebnis aus unserer Arbeit hervorgehen."

Ein Polizist steht vor einem Hotel, in dem eine EU-Trainingsmission stattfand. (Foto: H. Kouyate/AFP/Getty Images)
Auch der Süden Malis gilt nicht mehr als sicher: Im März griffen Bewaffnete ein EU-Ausbildungslager in Bamako anBild: H. Kouyate/AFP/Getty Images

Alternativen schaffen zu islamistischer Propaganda

Armin Osmanovic, Leiter des Westafrika-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Sitz in Dakar im Nachbarland Senegal, hat sich ausführlich mit dem Terror in der Sahel-Region, zu der auch Mali gehört, befasst. Er warnt davor, sich zu sehr auf militärische Lösungen zu versteifen: Zwar habe die Militärpräsenz in Mali auch Erfolge gehabt - zum Beispiel, als französische Truppen die islamistischen Rebellen 2013 daran hinderten, die Hauptstadt Bamako einzunehmen. Mittelfristig laufe aber ein Militäreinsatz ins Leere, wenn er nicht für ausreichende Sicherheit sorgen könne.

Dass die Lage in Mali so unsicher ist, führt Osmanovic unter anderem auch darauf zurück, dass der Westen über Jahrzehnte auf Mali als relativ stabile Demokratie geschaut habe. "Aber wir haben nicht weit dahinter geblickt: Dort gibt es eine lang anhaltende Entwicklungskrise." In vielen westafrikanischen Ländern sei das Bruttoinlandsprodukt heute niedriger als nach der Unabhängigkeit vor mehr als 50 Jahren. Studenten würden desillusioniert, wenn sie an Universitäten kämen, die komplett überlastet seien, und später mit ihren Abschlüssen nichts anfangen könnten, so Osmanovic.

"Die Islamisten bieten jungen Menschen gerade mit ihren Facebook- und YouTube-Auftritten ein anderes Bild - und offenbar für viele ein schlüssiges Bild", sagt er. So ließen sich immer wieder gerade junge, gebildete Westafrikaner von den Terrornetzwerken rekrutieren. Um diesem Trend etwas entgegen zu setzen, müssten die malische Regierung und ihre Partner auf nationaler und internationaler Ebene daran arbeiten, das Potenzial eines offenen Islam zu verteidigen - mit modernen Mitteln und sozialen Medien.

Mitarbeit: Sidiki Doumbia