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Politik

Malis "Trump" auf Wahlkampftour

Adrian Kriesch | Jan-Philipp Scholz
20. November 2016

In Mali werden neue Bürgermeister gewählt. In der Stadt Gao will ein bekennender Trump-Fan wiedergewählt werden. Es sind die ersten Kommunalwahlen, seitdem die Stadt in der Gewalt von Islamisten war.

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Mali MINUSMA-Polizisten während einer Patrouille in Gao
Bild: DW/A. Kriesch/J.-P. Scholz

Seit mehr als einer Stunde schon lässt er auf sich warten. Endlich ist ein Fahrzeug auf der staubigen Sandpiste zu sehen, die zur Residenz des Bürgermeisters von Gao führt. Aber die Rückbank des schicken Geländewagens ist unbesetzt. Am Steuer nur ein Mann im Jogginganzug, der lässig an seiner Zigarette im Mundwinkel zieht. 

Auf den zweiten Blick hat er gewisse Ähnlichkeiten mit dem älteren Herrn, der seit Wochen mit Hut und strengem Gesichtsausdruck auf Wahlplakaten überall in Gao zu sehen ist. Er ist es nämlich.

Sadou Diallo ist stolz auf sein unkonventionelles Auftreten. Niemals sei er auch nur einen Tag zur Schule gegangen, erzählt er selbstbewusst. Trotzdem habe er als Geschäftsmann und Bauunternehmer ein Vermögen verdient. Seit sieben Jahren ist er nun Bürgermeister von Gao - und Anführer einer der größten Oppositionsparteien Malis, der Partei für wirtschaftliche Entwicklung und Solidarität PDES.

Islamisten verjagen Bürgermeister

In Diallos Amtszeit fiel auch das dunkelste Kapitel der Geschichte Gaos. Anfang 2012 eroberten islamistische Milizen zusammen mit Tuareg-Rebellen weite Teile Nord-Malis. Im März gaben sich die malischen Regierungstruppen auch in Gao geschlagen. Doch das Bündnis aus Dschihadisten und Unabhängigkeitskämpfern hielt nur kurz. Die Islamisten übernahmen schnell die Kontrolle.

Wahlwerbung im Zentrum von Gao.
Es sind die ersten Kommunalwahlen nach dem Ende der Islamisten-Herrschaft.Bild: DW/A. Kriesch/J.-P. Scholz

Acht Monate später eroberten schließlich französische und malische Truppen Gao zurück. Seit April 2013 soll die UN-Friedensmission MINUSMA helfen, für Sicherheit in Nord-Mali zu sorgen. Mehr als 3000 zivile und militärische UN-Mitarbeiter sind in der Region stationiert. Seit diesem Jahr werden sie von mehr als 500 Soldaten der deutschen Bundeswehr unterstützt.

In vielen ländlichen Regionen hat sich die Sicherheitslage jedoch in den letzten Monaten wieder zugespitzt. Erst vor zwei Wochen wurden ein togolesischer UN-Soldat und zwei Zivilisten bei einem Angriff auf einen UN-Konvoi getötet. In einigen Städten wie dem nordmalischen Kidal werden deshalb keine Kommunalwahlen stattfinden. In Gao hingegen ist die Lage vergleichsweise stabil. So stabil, dass die Regierung entschieden hat, am Sonntag die Abstimmung zuzulassen.

Bürgermeister Diallo gibt sich siegessicher. Dabei ist die Konkurrenz beachtlich: Elf Kandidaten haben sich zur Wahl aufstellen lassen, unter ihnen auch zwei Frauen. Houleymatou Maiga ist in Gao aufgewachsen, hat hier jahrelang als Schuldirektorin gearbeitet - und sie hat große Sympathien in der Bevölkerung. Denn während der Bürgermeister beim Angriff der Islamisten aus der Stadt floh, entschied sich Maiga trotz Lebensgefahr in Gao zu bleiben. "Ich habe meine Familie hier und mein Mann ist ein traditioneller Führer. Wir konnten doch nicht einfach der Stadt den Rücken kehren", erklärt sie.

Wahlkampf gegen die UN

Gaos Zeit unter islamistischer Herrschaft ist der wunde Punkt des amtierenden Bürgermeisters. "Ich wollte damals eigentlich auch bleiben", beteuert Diallo. "Aber nach ein paar Tagen kamen die Araber von MUJAO [Islamistische Terrorgruppe, Anmerk. d. Red.] zu mir und sagten: Wenn Du nicht sofort verschwindest, hängen wir dich öffentlich auf." Er habe zuvor jahrelang eng mit Amerikanern zusammengearbeitet. Die Islamisten hätten ihn daher für einen möglichen Spion gehalten. "Aber ich habe Gaos Bevölkerung nie im Stich gelassen. Stattdessen bin ich um die Welt gereist und habe nach Unterstützung gesucht - auf eigene Kosten."

Mali Bürgermeister Sabdou Harouna Diallo mit Soldaten in Gao.
Bürgermeister Diallo kritisiert die UN-Truppen im Wahlkampf. Bild: DW/A. Kriesch/J.-P. Scholz

Diallo hat für seinen Wahlkampf einen anderen Sündenbock ausgemacht: die Vereinten Nationen. "MINUSMA gibt hier doch jeden Tag Millionen aus. Sie reden viel, sie senden viel Militär, aber sie finanzieren letztendlich nur sich selbst", so Gaos Bürgermeister. Sein Lösungsvorschlag: Man solle ein Jahresbudget von MINUSMA einfach direkt in den Norden Malis investieren und die Ausrüstung dem lokalen Militär spenden. "Dann gibt es hier keinen Krieg, keine Rebellion mehr", ist sich der Bürgermeister sicher.

Trumps Erfolg gibt Zuversicht

Im UN-Lager in Gao geht man gelassen mit der Kritik des Bürgermeisters um. Wenn er zu uns kommt, dann ist er immer ganz freundlich und kooperativ, so ein Mitarbeiter. Und den Flugdienst der UN nehme er ebenfalls gerne in Anspruch.

Auch die Bevölkerung Gaos, die am Sonntag zur Wahl aufgerufen ist, sieht die Präsenz der UN in ihrer Stadt differenzierter. "Ich bin ehrlich gesagt etwas verwirrt", so ein älterer Herr auf dem Markt von Gao. "Sie sagen, sie wollen uns helfen - aber trotzdem gibt es noch immer Angriffe. Sie fahren mit ihren gepanzerten Wagen durch unsere Stadt und die Menschen leiden." Er könne doch nicht erwarten, dass es totale Sicherheit in Nordmali gebe, mischt sich ein jüngerer Mann ein. "MINUSMA versucht hier ihr Bestes."

Bürgermeister Diallo ist sich hingegen sicher, dass er mit seinen markigen Sprüchen am Wahltag bei der Bevölkerung wieder punkten wird. Eines seiner großen Vorbilder sei Donald Trump, so der malische Politiker. Und der habe schließlich auch gewonnen.