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Manager in die Pflicht nehmen

Jens Thurau30. September 2002

Spitzenmanager von Aktiengesellschaften sollen künftig persönlich für Falschinformationen haften, fordert die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Das könnte für mehr Vertrauen auf den Finanzmärkten sorgen.

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Adé Sparvermögen ...Bild: AP

Würde Ulrich Hocker, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für den Wertpapierbesitz (DSW) angesichts von Pleite-Wellen und Börsenkatastrophen eine Aktie noch als eine gutes Instrument zur Alterssicherung empfehlen? Der Mann, dessen Beruf es ist, Aktionäre zu betreuen, ist da vorsichtig geworden: "Ich bin der Meinung, dass langfristig - wir sind jetzt in der Rezession - natürlich die Aktie ein geeignetes Instrument auch zur Alterssicherung ist. Nur sie muss sorgfältiger überwacht werden."

Blumige Versprechen

In der Vergangenheit gab es zahlreiche Fälle, in denen Privatanleger durch blumige Versprechungen von Unternehmensmanagern zum Kauf von Aktien animiert wurden. Mit Informationen jedoch, die Anteilseigner zum Verkauf ihrer Papiere veranlassen könnten, hielten sich manche Vorstände und Aufsichtsräte dagegen zurück oder machten irreführende Angaben. Anleger konnten in solchen Fällen Schadenersatzansprüche nur gegenüber dem Unternehmen und nicht gegenüber den verantwortlichen Personen geltend machen. Damit bezahle der Aktionär seinen Schadenersatz - über seine Beteiligung am Unternehmen - aus seiner eigenen Tasche, erklärte die DSW in Berlin.

Unzureichend überwacht etwa wurde nach Ansicht von Hocker der Neue Markt, das Börsensegment der New Economy mit ihren Computer- und Software-Firmen, das vor fünf Jahren mit großem Jubel eingerichtet wurde und nun nach schlimmen Zusammenbrüchen, nach Tricks und Täuschereien kriminellen Ausmaßes bis Ende 2003 zu Grabe getragen wird. Hocker blickte am Montag (30.09.2002) in Berlin zurück auf den bisherigen Jahresverlauf. Auf über 900 Hauptversammlungen von Unternehmen hat die DSW die Interessen von Aktionären vertreten, mehr als 25.000 Mitglieder zählt der Verein. Kleinaktionären, so das DSW-Fazit, die am Neuen Markt investiert haben, ist kaum noch zu helfen, die Branche wird bis zu einem Jahrzehnt brauchen, um sich zu konsolidieren. Und die Zahl der Pleiten wird noch zunehmen, glaubt Hocker: "Zur Zeit leben die Unternehmen ja in großer Gefahr, denn eines ist klar: Sie kriegen keinen Euro Liquidität von dritter Seite mehr - weder vom Kapitalmarkt noch von Banken."

Vorstände und Aufsichtsräte dieser Unternehmen haben nach Hockers Meinung grob fahrlässig gehandelt. Ginge es nach ihm, würde die künftig härter bestraft, und zwar mit einer stärkeren persönlichen Haftung. Nur in bestimmten Fällen können Vorstände derzeit zivilrechtlich belangt werden, wenn sie etwa über kurzfristige Veränderungen am Kapitalmarkt nicht informieren. Verschweigen sie aber wichtige Details etwa in Quartalsberichten, hat das keine Konsequenzen. Das will Hocker geändert sehen. Auch sollten kleine Aktionäre künftig die Möglichkeit haben, gemeinsam ihre Ansprüche notfalls vor Gericht geltend zu machen.

Berliner Pleite

Malte Disselhoff von der DSW-Berlin kennt beispielsweise das Leid der Aktionäre der Bankgesellschaft Berlin. Das mehrheitlich landeseigene Unternehmen hatte hochriskante Immobiliengeschäfte getätigt und wurde dadurch am Ende zahlungsunfähig. "Es hat sich gezeigt, dass bei der Bankgesellschaft für die Aktionäre große Schwierigkeiten bestehen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen gegen handelnde Personen, Vorstände oder Aufsichtsräte. Ich denke", so Disselhoff", dass bei der Bankgesellschaft viele Probleme früher hätten entdeckt werden können, wenn die Wirtschaftsprüfer ihrer Verantwortung dort gerecht geworden wären." Der DSW-Mann schlägt deshalb vor, darüber nachzudenken, die Kontrolle der Wirtschaftsprüfer zu verschärfen.

Breite Beachtung finden immer wieder die Gehälter der Spitzenmanager. Sind sie zu hoch? Sind sie zu niedrig? Ulrich Hocker plädiert für eine Deckelung, insbesondere der festen Bezüge: "Diese Deckelung sollte durch den Aufsichtsrat vorgenommen werden oder eventuell über eine Satzungsänderung von den Aktionären zu beschließen sein. Den Aktionären sollte regelmäßig durch eine individualisierte Veröffentlichung der Vorstandsgehälter Einblick in deren Entwicklung gewährt werden." Nur so, meint Hocker, könne der Eindruck eines Selbstbedienungsladens bei den frustrierten Aktionären vermieden werden.