1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Manager verdienen zuviel

Thomas Kirschning18. Juni 2002

Die Europäer meinen: Top-Manager in den Chef-Etagen gönnen sich zu hohe Einkommen. Das geht aus einer Umfrage des Wall Street Journal und der deutschen Marktforschungsgruppe GfK hervor.

https://p.dw.com/p/2QhQ

Die Chefs von Unternehmen seien nun endlich als "bad guys" identifiziert, schreibt das Wall Street Journal Europe und bezieht sich auf die Ergebnisse einer Umfrage in 14 europäischen Staaten: Nur einer von fünf Befragten ist der Ansicht, dass sich die meisten Top-Manager aufrichtig verhalten. Über zwei Drittel meinen, daß die Vorstände deutlich überbezahlt seien.

Die Menschen reagierten zunehmend sauer darauf, dass sich die Chefs riesige Einkommenszuwächse oder Abfindungen genehmigen, während die Beschäftigten vielleicht gerade noch einen Inflationsausgleich erhalten oder aus Rationalisierungsgründen auf die Strasse gesetzt werden. Der britische Kommunikationskonzern Cable&Wirelsess etwa, der in seiner Bilanz einen Verlust von 4,7 Milliarden Pfund auswies, zahlte über zwei Millionen Pfund an zwei Manager, die das Unternehmen verließen. So sind innerhalb Europas besonders viele Briten der Ansicht, die Manager britischer Unternehmen würden definitiv überbezahlt.

Anders sieht es dagegen in Dänemark aus: Jeder zweite Däne ist überzeugt, dass Top-Manager richtig entlohnt würden. Richard Hudson vom Wall Street Journal Europe nennt Gründen für die Unterschiede in den nationalen Bewertungen: "Zum einen liegt es sicher daran, dass es in Dänemark wegen der enormen Besteuerung dort keinen so großen Unterschied zwischen dem Einkommen eines Vorstands und dem eines Arbeitnehmers gibt. Zum anderen ist es ein kleines, ziemlich homogenes Land: Die Menschen in den Verkaufsetagen kennen die Menschen in den Führungsetagen."

Die Befragten in ganz Europa sprachen sich ganz überwiegend dafür aus, dass Spitzenmanager sämtliche Einkommensanteile offen legen müssen. In mittelosteuropäischen Staaten hält eine deutliche Mehrheit gar eine staatliche Begrenzung von Spitzengehältern für wünschenswert. Richard Hudson sieht wachsenden Unmut unter Beschäftigten wie Aktionären:
"Sie protestieren dagegen mit dem Verkauf von Aktien. Der Protest findet auch in Streiks, wie Sie sie gelegentlich in Deutschland haben, seinen Ausdruck. Dieses alles reflektiert eine generelles Gefühl in Deutschland und den meisten anderen europäischen Staaten, dass die Einkommensstruktur irgendwie ungerecht ist."

Neben krassen Einkommensunterschieden würde in der Öffentlichkeit aber vor allem kritisiert, daß die Spitzenverdiener das Geld nicht wert seien, das man ihnen hinterherwirft. Noch einmal Hudson:
"Die Wahrnehmung ist eine schlechte Wirtschaft, dass die Chefs keine Führungsqualitäten zeigen. Es ist einfach, sich auf die Frage der Einkommenshöhe zu beschränken - aber das Hauptproblem ist, dass die Wirtschaft in Schwung kommen muß, dass verkauft werden muss, dass die Leiter ihren Leitungsaufgaben nachkommen."

Die Manager sollten sich darauf einstellen, dass Beschäftigte und Aktionäre ihnen künftig nicht mehr alles durchgehen lassen. Das sei eine Konsequenz aus der Umfrage. So hätten bereits die Anteilseigner etwa des französischen Konzerens Vivendi Pläne des Vorstands zu Fall gebracht, sich selbst neue Aktienoptionen zu genehmigen.

Infolge des Bilanzierungs-Skandals des us-amerikanischen Energieversorgers Enron werden die Regeln für an der Wall Street notuierten Unternehmen verschärft: Diese Vorschriften werden dann auch für deutsche Unternehmen gelten, deren Aktien in New York gehandelt werden. So müssen auch die Vorstände von Daimler-Chrysler und anderen deutschen Konzernen damit rechnen, daß ihnen die Aktionäre genauer auf die Finger schauen als bisher.