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Politik

Weber: "Der Dialog mit Orbán ist kompliziert"

Cristian Stefanescu | Robert Schwartz
17. März 2019

Der deutsche Europapolitiker Manfred Weber hat den ungarischen Ministerpräsidenten Orbán erneut vor einem Ausschluss seiner Partei aus der Europäischen Volkspartei gewarnt. Alle Optionen seien offen, sagte Weber der DW.

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Manfred Weber, EVP-Spitzenkandidat, in Bukarest - rechts im Bild der rumänische Präsident Klaus Iohannis, links der rumänische EVP-Abgeordnete Siegfried Muresan
Manfred Weber beim EVP-Gipfel in BukarestBild: DW/C. Stefanescu

Manfred Weber, Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für den Vorsitz der EU-Kommission, hat beim EVP-Gipfel in Bukarest seine Vision zu Europa vorgestellt. Bei dem Treffen regionaler und lokaler Entscheidungsträger im Vorfeld der Europawahlen ging Weber erneut auf Distanz zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Nächsten Mittwoch soll der EVP-Vorstand über den weiteren Umgang mit Orbáns Fidesz-Partei entscheiden. Mehrere EVP-Parteien haben den Ausschluss oder die zeitweise Suspendierung der Partei Orbans gefordert.

Weber lobte den Einsatz des rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis für eine gemeinsame europäische Politik. Die rumänischen Sozialdemokraten (PSD), die seit zwei Jahren an der Regierung sind, kritisierte er vor allem wegen ihrer Haltung gegenüber der rumänischen Kandidatin Laura Kövesi für das Amt als europäischen Generalstaatsanwältin. Eine Kandidatin, so der christsoziale Europapolitiker, die sich der vollen Unterstützung der EVP erfreue. Wegen der gegenwärtigen Regierung sei Rumänien im europäischen Entscheidungsprozess in den Hintergrund geraten. Weber bedauerte, dass einige EU-Mitgliedsstaaten wegen fehlender Kontrollmechanismen die europäischen Werte nicht mehr respektierten. Er wolle dies ändern, sollte er Chef der EU-Kommission werden.

Zwei weitere Botschaften richtete Weber aus Bukarest an Europa: Die heutige Türkei passe nicht in die EU. Als Kommissionsvorsitzender wolle er die Beitrittsverhandlungen mit Ankara beenden. Und: Europa sei unvollständig ohne die Staaten des Westbalkans.

Manfred Weber Spitzenkandidat Europäische Volkspartei Besuch in Bukarest
Manfred Weber: Ich möchte für ein Europa kämpfen, das die Menschen als ihr Europa empfinden. Bild: DW/C. Stefanescu

Deutsche Welle: Sie haben in Ihrer Bukarester Rede die anti-europäische Haltung der rumänischen Sozialdemokraten kritisiert. Wie sieht es bei der EVP aus? Ist das Risiko nicht zu groß, moralische Stimmen in Ihrer Wählerschaft zu verlieren, um die ungarischen Stimmen der Fidesz zu bekommen, die sich kontinuierlich von den Werten der EVP und der EU verabschieden?

Manfred Weber: Die EVP ist eine politische Familie der Werte, der Grundüberzeugungen. Wir sind als Europäische Volkspartei, als Christdemokraten, die Gründungsväter der Europäischen Union mit de Gasperi, Schuman, Adenauer. Dies ist unser Erbe, auf dem wir stehen und deswegen ist klar, dass jemand bei uns nur Mitglied sein kann, wenn er diese Werte vertritt, sie auch lebt und umsetzt im Alltag. Deswegen sind wir jetzt mit der Fidesz, mit Viktor Orbán, in einem schwierigen Dialogprozess. Nach wie vor liegen für den nächsten Mittwoch alle Optionen auf dem Tisch. Es liegt an Fidesz, zu beweisen und zu belegen, dass der Wille zum gemeinsamen Miteinander weiter vorhanden ist.

Was müsste in der Europäischen Union geändert werden? Das Vertrauen in die europäischen Institutionen, in die EU-Kommission scheint weiter zu schwinden.

Ein Aspekt dieses mangelnden Vertrauens ist sicher, das nationale Politik zu oft den Schwarzen Peter nach Brüssel abschiebt, dass nationale Politik zu oft eigene Versäumnisse überdeckt, indem man Europa verantwortlich macht. Das ist unfair. Wir müssen fair und ehrlich mit Europa umgehen. Wir müssen Europa auch Erfolge gönnen, weil Vieles ganz gut funktioniert. 

Das zweite, das für mich sehr wichtig ist: Wir müssen Europa wieder mit den Bürgern vernetzen, wieder versöhnen, auf den europäischen Bürger zugehen. Deshalb ist mir in meinen Gesprächen wichtig, zuzuhören. Die Menschen müssen erkennen, dass Europa in erster Reihe für sie da ist und nicht für irgendwelche Strukturen. Ich möchte für ein Europa kämpfen, das die Menschen als ihr Europa empfinden. 

Wären Sie kein Kandidat, sondern ein Bürger: Was würden Sie von dem zu wählenden Politiker im Gegenzug erwarten, damit er Ihre Stimme bekommt?

Ich würde wahrscheinlich die Frage stellen, ob der Kandidat davon überzeugt ist, dass wir uns nur gemeinsam als Europäer in der heutigen Welt durchsetzen können - mit allem nationalen Stolz, den wir dabei haben dürfen. Wenn der Kandidat mir darauf eine positive Antwort gibt, dann würde ich ihn wahrscheinlich unterstützen.

 Abschließend eine Frage zur Russland-Politik der EU: Ist eine blühende europäische Wirtschaft mit russischer Unterstützung so wichtig, dass Europa vor Entgleisungen Russlands manchmal die Augen verschließt?

Russland hat unter Wladimir Putin leider die gemeinsame Wertegrundlage verlassen, in der Ukraine und auch in Syrien, mit Desinformation und Fake-News, die wir erleben, mit dem Aufbau militärischer Kapazitäten an der EU-Ostgrenze. Europa muss geschlossen darauf reagieren. Ich unterstütze voll die europäischen Sanktionen gegen Russland und bin auch der Meinung, dass das Nord-Stream-2-Projekt gestoppt werden sollte. Es ist ein politisches und kein wirtschaftliches Projekt. In Zeiten solch schwieriger Verhandlungen mit Russland sollten wir solche Projekte nicht durchführen.

Das Interview führte DW-Reporter Cristian Stefanescu während des EVP-Treffens in Bukarest.