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"Habe lange auf Gerechtigkeit gewartet"

Richard Tiené / lh31. August 2015

Der ehemalige Präsident Burkina Fasos, Thomas Sankara, ist ein Volksheld. Im DW-Interview spricht seine Frau Mariam Sankara über seine Ermordnung vor 28 Jahren.

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Burkina Faso Mariam Sankara
Mariam SankaraBild: Getty Images/AFP/A. Ouoba

DW: Frau Sankara, Ihr Mann war von 1983 bis 1987 Präsident des heutigen Burkina Faso. Dann putschte sich Blaise Compaoré an die Macht. Ihr Mann wurde getötet, Sie flohen mit den Kindern ins französische Exil. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Mariam Sankara: Ich hatte kein gutes Leben in Burkina Faso. Ich wurde verfolgt, genau wie meine Kinder und andere Personen in meinem Umfeld. Ich habe das Land erst im Juni 1988 verlassen, weil ich bis dahin versucht hatte, trotz der vielen Drohungen zu bleiben. Aber dann musste ich akzeptieren, ins Exil zu fliehen. Unter dem Regime von Compaoré fühlte ich mich nicht sicher. Ich habe immer versucht, zu erfahren, was genau passiert ist. Im Jahr 1997 habe ich sogar eine Beschwerde eingereicht und habe auf Gerechtigkeit gewartet.

Nach heftigen Protesten gegen eine geplante Verfassungsänderung, die ihm eine weitere Amtszeit ermöglichen sollte, musste Compaoré im Oktober 2014 zurücktreten und floh außer Landes. Knapp 28 Jahre nach dem Tod Ihres Mannes gibt es nun ein Gerichtsverfahren, das die Umstände seiner Ermordung aufklären soll. Im Mai wurden deshalb seine sterblichen Überreste exhumiert. Wie schätzen Sie den Erfolg des Verfahrens ein?

Wie gesagt, ich habe lange auf Gerechtigkeit gewartet. 2007 bin ich zum ersten Mal nach Burkina Faso zurückgekehrt, um an der Gedenkfeier anlässlich seines 20. Todestages teilzunehmen. Seine Weggefährten, die das feiern wollten, hatten mich eingeladen. Ich habe mich nur 24 Stunden im Land aufgehalten. Erst nach dem Volksaufstand im Oktober 2014 und dem Versprechen der Übergangsregierung, den Mord an meinem Mann aufzuklären, habe ich mich erneut ins Land getraut. Der Militärrichter, der mit dem Fall betraut ist, hat zahlreiche Personen befragt, mich eingeschlossen. Und er hat die Exhumierung angeordnet, um die Gründe der Ermordung herauszufinden.

Sie waren bei der Exhumierung von Thomas Sankara und seinen zwölf Weggefährten nicht anwesend. Warum?

Ich wollte nicht dabei sein, weil es schwierig für mich ist. Ich möchte das letzte Bild, was ich von ihm noch im Kopf habe, beibehalten. Ich weiß, dass andere Familienmitglieder und Freunde dabei waren, aber ich persönlich habe mich dagegen entschieden. Als ich meinen Mann das letzte Mal gesehen habe, war er am Leben. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich ihn nie wiedersehen würde.

Burkina Faso Präsident Thomas Sankara
Ex-Präsident Thomas SankaraBild: picture-alliance/dpa

Ex-Präsident Compaoré war einst ein enger Vertrauter Ihres Mannes. Haben Sie, nachdem er Thomas Sankara aus dem Amt geputscht hatte, jemals versucht, sich mit Ihm zu treffen?

Nein, ich habe nie Kontakt zu ihm gehabt und er hat auch nicht den Wunsch geäußert, mich zu treffen. Ich glaube, es ist auch gut so. Ich hätte keine Lust darauf gehabt.

Ihre beiden Söhne waren bei der Ermordung ihres Vaters sieben und fünf Jahre alt. Was ist aus Ihnen geworden?

Sie sind inzwischen erwachsene Männer. Ich denke, auch sie werden bald nach Burkina Faso kommen und die Bevölkerung des Landes kennen lernen.

Es gibt viele Gerüchte um Ihre Söhne, etwa, dass sie eine militärische Ausbildung durchlaufen und später in die Politik gehen wollen. Was sagen Sie dazu?

Ich kann nicht an ihrer Stelle antworten. Ich glaube nicht, dass sie in naher Zukunft so etwas planen. Aber ich weiß, dass sie mit Interesse die Ereignisse im Land verfolgen.

Wann kehren Sie endgültig nach Burkina Faso zurück?

Man könnte sagen, dass ich bereits zurückgekehrt bin. Ich kann so oft wie ich möchte ins Land reisen.

Mariam Sankara ist die Witwe des 1987 ermordeten Präsidenten von Burkina Faso, Thomas Sankara.

Das Interview führte Richard Tiené.