1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

In den Niederlanden darf Marihuana nur pur geraucht werden

Frederik Hartig26. Juni 2008

Verbote haben bisweilen ungeahnte Auswirkungen: Das von der EU angestrebte Rauchverbot soll eigentlich dem Drogenkonsum in Europa vorbeugen. In den Coffee-Shops der Niederlande hat es eher gegenteilige Folgen.

https://p.dw.com/p/ERCA
Frau raucht Joint
Tabak kommt in den Niederlanden künftig nicht mehr in die TüteBild: AP

In vielen europäischen Ländern ist es längst Realität: Das Rauchverbot in Kneipen, Restaurants und Cafés. So soll es jetzt auch in den Niederlanden kommen. Doch hier entfacht das Gesetz eine besondere Diskussion – denn gelten soll das Rauchverbot auch für die mehr als 700 Coffee-Shops. In diesen Lokalen ist der Konsum weicher Drogen geduldet, so etwa das Rauchen von Cannabis und Marihuana. Paul Wilhelm, der in Amsterdam drei Coffeeshops betreibt, findet es absurd, dass er nun in seinen Lokalen das Rauchen verbieten muss. "Du gehst in ein Schwimmbad und du darfst nicht schwimmen, oder in die Kirche und darfst nicht beten." Das sei das selbe wie in den Coffee Shop zu gehen und dort nicht rauchen zu dürfen.

Junge Frau raucht in Coffeeshop in Amsterdam
Die Niederländer wollen auch weiterhin im Coffee Shop rauchen dürfenBild: AP

Da sich das Gesetz zum Schutz vor dem blauen Dunst streng genommen allerdings nur auf Tabakqualm bezieht, hat dies in den Niederlanden eine groteske Folge. Wer nämlich auf den Anteil Tabak in seinem Joint verzichtet und Marihuana pur raucht, darf im Coffeeshop entspannt sitzen bleiben. Das klinge für ihn so, ereifert sich Paul Wilhelm, als wenn man in ein Café gehe, dort eine Flasche Bier zwar kaufen, aber nicht im Café trinken dürfe, sondern sie mit nach draußen nehmen müsse. "Was du aber drinnen wohl trinken darfst, ist stärkerer Alkohol wie Whiskey, Bacardi und Wodka."

Kein Platz für separaten Raucherraum

Nun ist es für den Laien schwer zu erkennen, ob jemand Marihuana pur raucht, oder doch etwas Tabak in seinen Joint gedreht hat. Mark Jacobsen, Inhaber des Amsterdamer Coffeeshops "The Rookies" und Vorsitzender des Coffeeshop-Verbandes BCD, ist deshalb zuversichtlich: "Wir warten erst mal ab, wie streng das überhaupt kontrolliert wird", sagt er. Wenn ein Beamter in den Coffee-Shop komme und einen Verdacht habe, dann müsse er den Joint beschlagnahmen und in ein Labor schicken, um ihn zu überprüfen. "Ich denke, dass ist so umständlich und verursacht ein viel zu großen Aufwand", sagt Jacobsen. Daher erwarte er im ersten Jahr keine so strenge Handhabung.

Touristenschiff unter Grachtenbrücke der Prinsengracht in Amsterdam
Künftig werden in Amsterdam wohl mehr Leute auf der Straße kiffenBild: Illuscope

Nach dem Gesetz dürfen Coffeshops wie Kneipen und Cafés auch einen separaten Raucherraum einrichten. Doch vor allem die kleineren Coffeeshops haben dafür keinen Platz. Es könnte sich einiges ändern für die niederländischen Konsumenten und die jährlich mehr als eine Million Touristen, die Amsterdamer Coffeeshops einen Besuch abstatten. "Es wird an vielen anderen Orten geraucht werden. Auf der Straße, im Park, zu Hause", meint Mark Jacobsen. "Aber die Menschen haben Kinder, die wollen nicht zu Hause rauchen." Es verschiebe sich vermutlich, wo Cannabis geraucht wird. Davor habe man auch die Regierung gewarnt.

"Du kannst nicht alles bestimmen"

Gesundheitsminister Ab Klink hat bereits für Anfang 2009 eine Studie angekündigt, die klären soll, welche Folgen das Rauchverbot für Coffeeshops hat. Dabei soll auch geprüft werden, ob Cannabis vermehrt ohne Tabak konsumiert wird. Mark Jacobsen jedenfalls vermutetet eine Entwicklung hin zum puren Genuss. Dass diese Art von Konsum jedoch zwangsläufig stärker und schlechter sei für die Gesundheit, befürchtet er nicht. "Du wirst auch nicht dein Bierglas mit Whiskey füllen und dann in einem Zug trinken, das machst du auch nicht in einem Café", meint er.

Die Menschen müssten schon begreifen, dass die Verantwortung bei der Person selbst liege. "Du kannst nicht alles bestimmen. Viel oder fettes Essen ist auch gar nicht gut für dich. Derzeit werden überall Fastfood-Restaurants eröffnet und daran stört sich niemand." Und das finde er nun doch etwas seltsam, denn fettes Essen sei schließlich der größte Feind auf dem Gesundheitsgebiet.