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Martin Luther King und sein Traum

29. September 2011

Oft bedarf es nur eines Momentes, der aus einem Visionär einen unsterblichen Helden formt. Bei Martin Luther King war es seine berühmte Rede in Washington, in der er 1963 seinen Traum für Amerika vorstellte.

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Portrait Martin Luther King mit ausgestrecktem Zeigefinger(Foto:AP)
Martin Luther King zeigte der amerikanischen Gesellschaft ihre Rassen-DiskriminierungBild: AP

"Ich habe einen Traum, dass sich diese Nation eines Tages erheben wird und ihrem Glaubensbekenntnis gerecht wird. Ich habe einen Traum, dass eines Tages meine vier kleinen Kinder in einer Nation leben werden, in der sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden. I have a dream!"

Viele tausend Male sind diese berühmten Sätze des amerikanischen Bürgerrechtlers und begnadeten Redners Martin Luther King schon um die Welt gegangen. Und doch haben sie nichts von ihrer Kraft verloren, elektrisieren noch immer. In Kings Amerika sollten alle Menschen - egal ob schwarz oder weiß - dieselben Chancen haben. In seinem Amerika sollte es keine sozialen Ungerechtigkeiten geben. Martin Luther Kings Amerika sollte ein Vorbild sein für die ganze Welt. Die Inspiration für seinen Traum war der indische Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi.

Martin Luther King und Gandhi

Martin Luther King, umgeben von Zuhörern vor einem großen Mikrophonständer, hält seine berühmte Rede (Foto: AP)
"I have a dream" - die berühmte Rede auf einer Kundgebung in WashingtonBild: AP

Martin Luther King, der zum Zeitpunkt der Rede erst 34 Jahre alt war, hatte einige Jahre zuvor Indien besucht. Zu dieser "Pilgerreise", wie er sie nannte, hatte ihn Gandhi und sein Konzept des gewaltfreien Widerstands inspiriert. Schon Kings Mentor, der amerikanische Bürgerrechtler Howard Thurman, pflegte Kontakte zu Gandhi, erklärt der renommierte amerikanische Gandhi-Forscher Michael Nagler: "Als Thurman Gandhi Mitte der 1930er Jahre fragte, ob er nicht in die USA kommen wolle, sagte Gandhi: 'Wenn ich das tun würde, dann würde ich in Indien scheitern und ich könnte doch auch nichts in Amerika erreichen'." Gandhi entschied, in Indien zu bleiben, um die Menschen dort seine Philosophie zu lehren, so Nagler.

Verbindende Schlüsselerlebnisse

Sowohl Martin Luther King als auch Mahatma Gandhi wurden durch demütigende Schlüsselerlebnisse zur Aktion bewegt. Bei Gandhi gilt eine denkwürdige Zugfahrt in Südafrika als Auslöser für seinen Kampf gegen die Rassendiskriminierung. Er hatte dort 1893, zu Beginn seiner Zeit als Rechtsanwalt, ein Zugticket für die erste Klasse gekauft. Als er wegen seiner Hautfarbe in den Gepäckwagen verwiesen wurde und sich weigerte, umzuziehen, warf man ihn aus dem Zug.

Ein schwarzer Amerikaner hält ein Plakat mit dem Schriftzug "I am a man" in der Hand (Foto: Charly Hall)
"Ich bin ein Mensch" - Martin Luther King vermittelte schwarzen Amerikanern SelbstbewusstseinBild: AP

Sechzig Jahre später (1955) brachte die Diskriminierung der schwarzen Rosa Parks aus Montgomery bei dem jungen Pfarrer Martin Luther King das Fass zum Überlaufen. Rosa Parks hatte sich in einem Bus geweigert, ihren Platz für einen weißen Fahrgast zu räumen und war verhaftet worden. Der erzürnte und wie entfesselt auftretende King führte daraufhin die Boykott-Bewegung der Schwarzen in Montgomery im US-Südstaat Alabama an. Sie weigerten sich mehr als ein Jahr, öffentliche Busse zu benutzen. Die Stadt Montgomery musste schließlich die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung in Bussen für rechtswidrig erklären.

Kings furchtloser, geduldiger Kampf hatte sich ausgezahlt: Ein neuer Held war geboren. Fortan propagierte er den zivilen Ungehorsam als ein Mittel, um sich gegen die Rassentrennung in den Südstaaten der USA zu wehren. King nahm selbst an gewaltlosen Protestaktionen teil und wurde mehrfach ins Gefängnis gesteckt. Für die Mehrheit der 23 Millionen schwarzen US-Bürger, besonders aber für die Jugend, wurde der charismatische Bürgerrechtler zur Symbolfigur, er verkörperte ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Stärke durch den Glauben

Wie Mahatma Gandhi schöpfte auch Martin Luther King seine mentale Stärke aus dem Glauben, er setzte auf universelle Werte wie Nächstenliebe, Mitgefühl und absolute Wahrhaftigkeit. Sein Glaube gab ihm Halt, als er 1962 einige Zeit im Gefängnis verbringen musste. 1963 fand dann sein Marsch auf Washington statt, der in seiner berühmten Rede vor dem Lincoln Memorial mündete. Auch hier nahm King sich ein Beispiel an Gandhi, der sich mit seinem "Salzmarsch" gegen das Monopol der britischen Kolonialherren zur Salzgewinnung aufgelehnt hatte. Der "Salzmarsch" war 1930 allein durch die schiere Anzahl der friedlich marschierenden Anhänger Gandhis zu einer eindrucksvollen Demonstration seiner Stärke geworden. Nun setzte King die Politiker in Washington mit demselben bewährten Mittel unter Druck.

Bis heute unvergessen

Barack Obama spricht vor einem Bild von Martin Luther King (Foto: AP)
Der Erfolg Barack Obamas wäre ohne das Wirken und die Popularität Martin Luther Kings nicht denkbar gewesenBild: AP

1964 ging Martin Luther King mit 35 Jahren als jüngster Friedensnobelpreisträger aller Zeiten in die Geschichte ein. Nur vier Jahre später wurde er ermordet. Der Friedensforscher Michael Nagler bedauert, dass King für seinen Kampf so wenig Zeit hatte: „Gandhi wurde in Indien nicht so schnell Opfer eines Attentats wie Martin Luther King im Westen. Gandhi hatte ein ganzes Leben. Fünfzig Jahre lang konnte er geduldig mit seinem Konzept der Gewaltlosigkeit experimentieren.“

Martin Luther King hat von sich selbst gesagt, er wäre nichts gewesen, ohne die Inspiration durch Mahatma Gandhi und seine Lehren. Trotz seines kurzen Lebens war King ein Held seiner Zeit, dessen Andenken heute noch geehrt wird.

Autor: Anwar Ashraf

Redaktion: Priya Esselborn / al