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Maschinenbauer befürchten Nullwachstum

Rolf Wenkel17. Dezember 2015

Was macht ein Verbandspräsident, der für seine Branche zwei Jahre Stagnation prognostiziert? Er versucht, aus dieser Null ein Ausrufezeichen zu machen – mit Forderungen an die Politik.

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Deutschland KSB AG in Halle/Saale
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Die Maschinen- und Anlagenbauer in Deutschland werden das Jahr 2015 zwar auf einem hohen Niveau, jedoch mit einem Nullwachstum abschließen. Für 2015 rechnet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit einem Produktionsvolumen von 199 Milliarden Euro. Auch für das kommende Jahr erwartet der Verband kein nennenswertes Wachstum, allenfalls könnte der Produktionswert die Marke von 200 Milliarden Euro erstmals leicht überschreiten.

"Wir sehen zu viel gefühlte Sicherheit und zu wenig Vorbereitung auf das Morgen in Deutschland. Unsere Null ist deshalb weder schwarz noch rot, unsere Null soll ein Weckruf sein: Liebe Regierung, unternehmt endlich etwas!", sagte VDMA-Präsident Reinhold Festge am Donnerstag in Frankfurt. Nötig wäre nach seiner Ansicht zum Beispiel ein Ausbau der digitalen Infrastruktur. Ihn ärgert vor allem, dass mittelständische Unternehmen auf dem flachen Land schlechter mit schnellem Internet versorgt sind als jeder Durchschnittsbürger in der Stadt.

Auch der Arbeitsmarkt könnte aus VDMA-Sicht flexibler gestaltet werden, Forschungsanstrengungen könnten durch steuerliche Anreize gefördert werden - und schließlich könnten die Ministerien in Berlin noch flexibler reagieren, wenn es um die Erschließung neuer Märkte geht.

Beschäftigung leicht gestiegen

Der Maschinen- und Anlagenbau ist auch im nun zu Ende gehenden Jahr der größte industrielle Arbeitgeber in Deutschland geblieben. Seit Beginn des Jahres haben die Unternehmen mehr als 10.000 Menschen zusätzlich eingestellt. Im September beschäftigte die Maschinenbauindustrie in Deutschland 1,019 Millionen Menschen. "Unsere Mitgliedsunternehmen haben wissensintensive Dienstleistungsbereiche ausgebaut, und der demografische Wandel schafft Anreize, bewährte Mitarbeiter zu halten und qualifizierte Fachkräfte möglichst frühzeitig an sich zu binden", sagte Festge.

Angesichts eines insgesamt schwachen Weltwirtschaftswachstums beobachten die Maschinen- und Anlagenbauer die Entwicklungen in drei Schlüsselländern mit besonderer Aufmerksamkeit: China, Russland und Iran. Zwar haben die Maschinen- und Anlagenbauer ihre Ausfuhren in den ersten neun Monaten noch um 0,8 Prozent auf 116 Milliarden Euro gesteigert. Für China erwartet der VDMA in diesem Jahr jedoch einen Rückgang der Ausfuhren um fünf Prozent auf gut 16 Milliarden Euro. Rund 750 Tochterunternehmen oder Kooperationen von VDMA-Mitgliedsfirmen sind derzeit in China aktiv.

Testfall Iran

Im Iran wollen die Maschinenbauer aus Deutschland ihre traditionell guten Geschäftsbeziehungen wieder aufleben lassen, sobald die Sanktionen gelockert werden. Für eine solche Belebung der Geschäfte muss die Bundesregierung nach Ansicht des VDMA allerdings die Personalstärke in der für Ausfuhren zuständigen Behörden erhöhen. "Die sind nach unseren Eindrücken schon heute überlastet", mahnte Festge. Von den Banken erwartet der Verband, dass sie ihre Zurückhaltung vor dem Zahlungsverkehr mit Iran - aus Angst vor Nachteilen in den USA - nun rasch aufgeben. Zudem will der VDMA seine Mitglieder vor Ort mit der Gründung eines Büros in Teheran in der ersten Jahreshälfte 2016 unterstützen.

Das Geschäft mit Russland ist im abgelaufenen Jahr kräftig um 27 Prozent auf knapp 3,6 Milliarden Euro gesunken. Allerdings konnten die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer ihren Marktanteil halten und bleiben wichtigster Technologielieferant. Die Konkurrenz aus China dagegen hat Marktanteile verloren. "Wir akzeptieren selbstverständlich das Primat der Politik. Aber wir wünschen uns mehr Bemühungen, die Sanktionen schrittweise wieder aufzuheben", sagte Festge.

Flüchtlinge willkommen

Die Integration der Flüchtlinge gerade in den Arbeitsmarkt ist nach Ansicht der Maschinen- und Anlagenbauer in Deutschland eine Aufgabe, die einen langen Atem benötigt. Insbesondere die Frage der Sprachförderung könne nicht von der Wirtschaft gelöst werden, sagte Festge."Zudem brauchen wir einen Rechtsrahmen, der uns die aktive Integration in die Betriebe erleichtert." Dazu gehörten unter anderem beschleunigte Asylverfahren und die vollständige Abschaffung des Beschäftigungsverbots von Flüchtlingen in der Zeitarbeit. Zudem sollten aus Sicht des VDMA so wie es bei Langzeitarbeitslosen der Fall ist, Praktika für sechs Monate vom Mindestlohn befreit werden. Und schließlich - damit die Arbeitgeber nicht auf ihren Ausbildungskosten sitzen bleiben – sollten in Deutschland ausgebildete Flüchtlinge die Möglichkeit für eine Anschlussbeschäftigung ohne zeitliches Limit bekommen.