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Maximilian Schachmann, ein Mann mit Zukunft

8. August 2018

Beim Giro d'Italia gelang ihm der Durchbruch, bei der EM folgt die erste internationale Medaille: Radprofi Maximilian Schachmann poliert die Erfolgsbilanz des BDR weiter auf und lässt sein großes Potenzial erkennen.

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EM 2018 - Glasgow, Radeuropameisterschaft, Maximilian Schachmann
Im einsetzenden Regen zu Bronze: Maximilian SchachmannBild: picture-alliance

Man merkt Maximilian Schachmann an, dass er diesen Erfolg nicht allzu hoch hängen will. Ein sanftes Lächeln, aber keine großen Emotionen, eine ruhige Stimme. "Ich habe meine Erwartungshaltung nicht allzu hoch geschraubt. Umso mehr hat es mich gefreut", sagt der frisch gebackene Bronzemedaillen-Gewinner im Einzelzeitfahren von Glasgow im Interview mit der ARD. Da holt der 24-jährige Radsportler aus Berlin für viele überraschend (aber nicht für sich?) Edelmetall bei den Europameisterschaften und freut sich doch nur verhalten? Vielleicht hängt es damit zusammen, dass im Radsport oft nur der Sieg wirklich geschätzt wird. Wahrscheinlicher ist aber, dass Schachmann das gleiche Understatement zeigt, dass ihn seit Beginn seiner Karriere auszeichnet.

EM 2018 - Glasgow, Radeuropameisterschaft, Jonathan Castroviejo, Victor Campenaerts und Maximilian Schachmann
Das Podium der EM: Jonathan Castroviejo (l.), Victor Campenaerts (M.) und Maximilian Schachmann (r.)Bild: picture-alliance

"Ich bin gut durchgekommen und mit den Bedingungen gut zurechtgekommen", meint Schachmann und spielt damit auf die vom Regen nassen und rutschigen Straßen von Glasgow an. Ganz Profi eben. Das ist Schachmann wichtig, er nimmt seinen Beruf sehr ernst. Und das sich einstellen können auf die äußeren Bedingungen, gehört gewissermaßen zum Einmaleins des Straßenradsports. Dass er wegen des Regens sowie des böigen Windes phasenweise kaum etwas durch sein Helmvisier sehen  konnte - geschenkt. Nur 54:06,16 Minuten benötigt er für den 45 km langen Kurs durch die schottische Metropole. Sieger Victor Campenaerts aus Belgien, der damit seinen Titel aus dem Vorjahr verteidigte, ist 27,38 Sekunden schneller, Jonathan Castroviejo aus Spanien holt Silber. Mit Bronze sorgte Schachmann für die 14. Medaille des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) bei den Multisport-Titelkämpfen in Schottland. Zwar fehlten dort mit Weltmeister Tom Dumoulin, Tour-Sieger Geraint Thomas, dessen Sky-Teamkollege Chris Froome sowie dem verletzten Deutschen Tony Martin eine Reihe Zeitfahr-Asse. Dennoch ist Schachmanns Ergebnis unter hervorragenden Zeitfahrern wie Viktor Campenaerts, Jonathan Castroviejo, Alex Dowsett oder Stefan Küng stark einzuschätzen.

Schachmann blickt bereits Richtung WM

Dabei hatte Schachmann nach einem kürzlichen  Höhentrainingslager im italienischen Livigno keine allzu großen Hoffnungen auf ein starkes Abschneiden, "weil die Höhepunkte ja erst im zweiten Teil der Saison liegen". Nach der Deutschland-Tour (23.-26. August) strebt er bei der WM in Innsbruck im September sogar einen Doppelstart an: im Einzelzeitfahren und im Straßenrennen, dessen Kurs der italienische Ex-Tour-Sieger Vincenzo Nibali den schwersten der vergangenen Jahre nannte.

Radsport Giro d'Italia Etappe 18. Maximilian Schachmann
Schachmann? Seit seinem Etappensieg beim Giro ist er kein Unbekannter mehr in der RadsportweltBild: Getty Images/AFP/L. Benies

Doch Schachmann fürchtet die Berge nicht. Beim Giro d'Italia im Mai gewann er völlig überraschend eine Etappe - mit einer Bergankunft in Prato Nevoso. Trotz einer abklingenden Erkältung und einem ordentlichen Husten kämpfte sich der bis dahin eher nur als Zeitfahrspezialist bekannte Schachmann zum Sieg. "Wahnsinn. Ich kann es kaum in Worte fassen", freute er sich damals. Die Tatsache, dass er bei seiner ersten Grand Tour nicht nur eine Etappe gewann, sondern auch auf Gesamt-Rang 31 landete und dabei mehrere Tage das Trikot des besten Jungprofis trug, deutet an, zu was Schachmann im Stande ist. Längst wird er als das kommende deutsche Rundfahrttalent gehandelt. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Radsport-Deutschland schon lange auf einen wartet, der mit den Besten im Kampf um die Gesamtwertung mithalten kann - die letzten beiden Vertreter dieser Gattung waren Jan Ullrich und Andreas Klöden. Es hängt aber auch mit Schachmanns großem Potential zusammen. 

Beinahe wäre seine Karriere vorbei gewesen

Das hatte sich schon früh angedeutet: Mit elf Jahren bereits begann Schachmann beim Radsport. 2012 wurde er bei der Junioren-Weltmeisterschaft Dritter im Straßenrennen, 2015 folgte eine WM-Silbermedaille im Einzelzeitfahren in der U23, und im Folgejahr wiederholte er diesen Erfolg. Neben seinen Erfolgen im Zeitfahren ließ er aber auch sein Talent am Berg aufblitzen: Als Solist gewann er bei einer Bergankunft des Giro della Valle d'Aosta sein erstes internationales U23-Rennen und holte wenig später auch die Gesamtwertung der Tour Alsace. Schachmann wurde dabei wie Tony Martin und Marcel Kittel im Thüringer Energie Team unter den aufmerksamen Blicken von Teammanager Jörg Werner groß. Dieser hat schon zahlreiche Talente bis an die Spitze geführt. Mit Schachmann wächst also ein Rennfahrer heran, der selbst bei den Klassikern reüssieren könnte: Beim schweren Flêche walonne in Belgien wurde er in diesem Jahr als Ausreißer erst wenige Meter vor dem Ziel gestellt und kam noch als Achter ins Ziel.

Dabei hätte die Karriere schon vorbei sein können, ehe sie richtig angefangen hatte: Bei der Polen-Rundfahrt vor einem Jahr stürzte Schachmann schwer, musste sich einer Fersen-Operation unterziehen. "Mir sind eine Platte und zehn Schrauben eingesetzt worden. Die Prognosen sahen nicht gut aus", erinnert sich Schachmann im Gespräch mit der DPA. Im Regen von Glasgow sei er wegen der Erinnerung an seinen Sturz vor einem Jahr auf der glitschigen Fahrbahn des Stadtkurses nicht das letzte Risiko eingegangen, fuhr etwas vorsichtiger um die Kurven - was sein Ergebnis also noch ein wenig aufwertet. Man darf also gespannt sein, wohin die Reise des jungen Maximilian Schachmann noch führen mag. Glasgow und die EM waren jedenfalls nur ein kurzer Zwischenstopp.