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Präsidentschaftswahlen in der Krise

Zoran Jordanovski13. April 2014

In Mazedonien werden ein neuer Staatspräsident und ein neues Parlament gewählt. Sowohl die Wähler, als auch die Politik sind tief gespalten. Und wirtschaftlich hinkt das kleine Balkanland Europa hinterher.

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Zentrale Wahlkommission in Mazedonien (Foto: DW)
Zentrale Wahlkommission in MazedonienBild: MIA

Die Bürger Mazedoniens haben die Wahl - sie sind aufgerufen, an diesem Sonntag (13.04.2014) einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Laut Umfragen von Meinungsforschungsinstituten wird es in der ersten Runde kein endgültiges Ergebnis geben, da keiner der vier Anwärter mit einer absoluten Mehrheit rechnen kann. Als aussichtsreichste Kandidaten für eine Stichwahl in zwei Wochen gelten der amtierende Präsident Gjorge Ivanov von der regierenden national-konservativen Partei VMRO-DPMNE und Herausforderer Stevo Pendarovski von der sozialdemokratischen SDSM. Während die VMRO-DPMNE ihre Wähler überwiegend in ländlichen Gegenden mobilisieren kann, finden die Sozialdemokraten ihre Unterstützer eher in den Städten.

Ein gespaltenes Land

Die zwei Kandidaten und ihre Anhänger stehen sich in zwei verfeindeten Lagern unversöhnlich gegenüber. Und so wie die mazedonischen Wähler sind auch die ethnischen Albaner, die die größte Minderheit im Land darstellen, gespalten. Während die Demokratische Union für Integration Teil der jetzigen Regierungskoalition ist, ist die Demokratische Partei der Albaner in der Opposition.

Die erbitterte Feinschaft der beiden Blöcke ist ein Armutszeugnis für die Demokratie im Land, meint der Politologe Petar Arsovski gegenüber der DW: "Wenn man vom politischen Gegner spricht, dann wird daraus ein Angriff, eine Beleidigung, und nicht selten kommt es zu Verleumdungen." Ähnlich urteilen ausländische Beobachter über die politische Kultur in der früheren jugoslawischen Teilrepublik: In einem Bericht der US-Nichtregierungsorganisation Freedom House aus dem Jahr 2013 wird Mazedonien als “halbkonsolidierte Demokratie“ bezeichnet.

Wahlkampfveranstaltung der regierenden Partei VMRO-DPMNE in Skopje am 24.März 2014) (Foto: MIA)
Die regierende VMRO-DPMNE hofft auf den doppelten Erfolg - bei den Präsidentschafts- und bei den ParlamentswahlenBild: MIA

Medien unter Druck

Ein anderes ernsthaftes Problem, das in den Fortschrittsberichten der EU-Kommission über Mazedonien auftaucht, ist der anhaltende Druck auf die Medien. Das Land belegt auf der aktuellen Rangliste von Reporter ohne Grenzen (ROG) den 123. von insgesamt 179 Plätzen. 2009 befand sich das Land noch auf dem 34. Platz. In den vergangenen Jahren wurden einzelne investigative Journalisten gezielt eingeschüchtert und wegen angeblichen "Verrats geheimer Informationen“ zu hohen Haftstrafen verurteilt. Der Tod eines kritischen Journalisten ist bis heute nicht restlos aufgeklärt.

Darüber hinaus wurden der regierungskritische TV Sender A1 sowie drei Tageszeitungen von den Behörden geschlossen, nachdem man dem Eigentümer finanzielle Unregelmäßigkeiten vorgeworfen hatte. "Es gibt sehr harsche, sehr harte Angriffe auf die Pressefreiheit in Mazedonien, und sie dienen dazu, allzu kritische Journalisten einzuschüchtern“, sagt Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland im Gespräch mit der DW.

Stevo Pendarovski, Präsidentschaftskandidat der Sozialdemokraten (Foto: Petr Stojanovski/DW)
Stevo Pendarovski, Präsidentschaftskandidat der SozialdemokratenBild: Petr Stojanovski

Alles war wichtiger als Wirtschaft

Mazedonien erlebt zurzeit einen doppelten Wahlkampf: Gleichzeitig mit der wahrscheinlichen Stichwahl für das Präsidentenamt am 27. April finden auch Parlamentswahlen statt. Der jetzige Premierminister und Vorsitzende der regierenden VMRO-DPMNE, Nikola Gruevski, hat gute Chancen auf eine Wiederwahl. Im Wahlkampf weist er immer wieder auf die Errungenschaften seiner achtjährigen Regierungszeit hin. So sei die Arbeitslosigkeit von fast 39 auf etwa 28 Prozent gesunken, 120.000 Arbeitsplätze seien neu geschaffen worden. Die Landwirtschaft werde mit insgesamt 590 Millionen Euro subventioniert und das Land verzeichne ausländische Direktinvestitionen in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro. "Wir haben mehr umgesetzt von dem, was wir versprochen haben, als alle anderen vorherigen Regierungen“, betont Gruevski.

Die Opposition kritisiert, dass die Menschen in Mazedonien verarmt sind - das Land gehört zu den ärmsten in Europa. Beschäftigte verdienen im Durchschnitt 350 Euro im Monat, der Staat ist der größte Arbeitgeber. Die Arbeitslosigkeit ist besonders hoch bei jüngeren Menschen. Gleichzeitig ist sehr viel Geld, mehrere hunderte Millionen Euro, für das umstrittene Bauprojekt Skopje 2014 ausgegeben worden. Monumentale Gebäude wurden in der Hauptstadt errichtet und unzählige Denkmäler und Statuen aufgestellt, während dringend benötigtes Geld für die Infrastruktur fehlt.

"Wir wollen ein Mazedonien, das jungen Leuten Zukunftsperspektiven bietet, ein Land mit hochwertiger Bildung, mit einem höheren Lebensstandard, ein Land der freien Bürger, der unabhängigen Justiz und Medien", forderte Renata Deskoska, die zur Führung der oppositionellen Sozialdemokraten gehört, im Wahlkampf. Und Parteichef Zoran Zaev verspricht: "Die SDSM bietet ein neues Konzept, neue Ideen und Lösungen für Mazedonien", ohne allerdings dabei konkret zu werden

Statue Alexanders des Großen in Skopje (Foto: Petr Stojanovski)
Monumantale Denkmäler in der Hauptstadt: Alexander der Große wird hier Alexander der Mazedonier genanntBild: Petr Stojanovski

Außenpolitisch in der Schwebe

Alle politischen Kräfte in Mazedonien streben die EU- und NATO Mitgliedschaft an - darüber herrscht eine im Land seltene Einigkeit. Auf diesem Weg ist das Land aber seit Jahren kaum vorangekommen. Griechenland verhindert die euro-atlantische Integration Mazedoniens und verlangt eine Namensänderung als Voraussetzung für die Zustimmung Athens. Als Begründung wird angeführt, Mazedonien könnte Ansprüche auf die gleichnamige griechische Provinz stellen. Der Namensstreit ist beispiellos in der internationalen Politik, der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) hat in diesem Fall klar und eindeutig zugunsten Mazedoniens geurteilt.

Die EU-Kommission empfiehlt seit fünf Jahren in ihren Fortschrittsberichten, Beitrittsgespräche mit Mazedonien aufzunehmen - trotzdem kommt die West-Integration des Landes nicht voran.