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Medienlandschaft im Umbruch

Marcel Fürstenau21. August 2002

Die deutsche Medienlandschaft ist von tiefgreifenden Umwälzungen betroffen. Nach Jahren des scheinbar endlosen Booms leidet die Branche unter dem drastischem Einbruch auf dem Werbemarkt.

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Es war einmal:<br>die schöne neue MedienweltBild: Illuscope
'Bad news are good news' - diese branchenübliche, zynische Bemerkung geht Medienschaffenden derzeit weniger leicht über die Lippen als sonst. Wenn es irgendwo auf der Welt eine Katastrophe gibt, sei es der Krieg in Afghanistan oder das aktuelle Jahrhundert-Hochwasser in zahlreichen europäischen Ländern, dann profitieren davon die Medien. Auflagen und Einschalt-Quoten steigen. Und normalerweise steigen dann auch die Werbe-Umsätze.

Doch normal ist die Situation für Verlage und Sender schon lange nicht mehr. Und deshalb ist auch nicht mehr jede schlechte Nachricht eine gute Nachricht, die sich gut verkaufen lässt. Schon gar nicht, wenn es die Medien-Branche selbst betrifft. Und die sorgt seit mindestens einem Jahr schon für negative Schlagzeilen in eigener Sache. Massenentlassungen sind an der Tagesordnung. Defizitäre Blätter werden zusammengelegt oder verschwinden ganz vom Markt.

Werbekuchen wird kleiner

Ursache für diese Krise ist ein lang anhaltender Rückgang der Anzeigen-Erlöse. Allein 14 Prozent im vergangenen Jahr. Ein Abwärtstrend, der sich in den ersten sechs Monaten dieses Jahres fortsetzte. Noch schlimmer erwischte es teilweise die privaten TV-Anstalten, die sich im Gegensatz zu den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern nur mit Werbung finanzieren.

So verbuchte der Nachrichten-Kanal 'n-tv', der immerhin mit dem US-amerikanischen News-Flaggschiff 'CNN' kooperiert, ein Minus von 30 Prozent. Mit geschätzten 4,4 Milliarden Euro wird der zu verteilende Werbe-Kuchen in diesem Jahr knapp sieben Prozent kleiner ausfallen als 2001. Ein schwerer Schlag für den zweitgrößten TV-Markt der Welt nach den USA.

Back to the Roots

Um aus der Misere herauszukommen, findet eine Neuorientierung statt, die in vielen Häusern eine Art Rückkehr zu den Ursprüngen bedeutet. Prominentes Beispiel ist die Bertelsmann-Gruppe, die unter anderem an der TV-Sender-Familie 'RTL' beteiligt ist und der das Verlagshaus 'Gruner & Jahr' gehört. Das weltweit und multimedial agierende Familien-Unternehmen aus der Kleinstadt Gütersloh in Nordrhein-Westfalen stoppte den vom kürzlich entlassenen Vorstandschef Thomas Middelhoff forcierten Expansionskurs. Ein Börsengang, von Middelhoff erfolglos angestrebt, ist kein Thema mehr.

Ein Verzicht, der die veränderte Situation auf dem Medien-Markt widerspiegelt. Denn in der überhitzten Boomphase, die vor zwei Jahren mit dem abrupt einsetzenden Börsen-Crash endete, wollten plötzlich alle großen Häuser zu sogenannten Global Players aufsteigen. Kommunikation total war das Ziel: Radio- und TV-Stationen, Zeitungen und Zeitschriften, Film- und Fotoagenturen, vor allem das Internet. Alles in einer Hand, alles aus einer Hand.

Teure Internet-Engagements

Im Sog der schwächelnden IT-Branche zog es auch die meisten Medien-Unternehmen nach unten, sprich in die roten Zahlen. Der Springer-Verlag mit seinen zahlreichen Beteiligungen in Ost- und Südeuropa erwirtschaftete erstmals in seiner 50-jährigen Geschichte ein Minus: 198 Millionen Euro. Verluste fuhr das Haus wie andere auch nicht zuletzt durch teure Internet-Engagements ein. Dem enormen finanziellen Aufwand in diesem lange Zeit als Zukunftsmarkt gepriesenen Segment standen nur bescheidene Werbe-Einnahmen gegenüber. Große, teure Redaktionen und Investitionen in den technischen Bereich, die keinen Profit brachten.

Um die Schulden abzubauen oder gar den Konkurs abzuwenden, wird nun allerorten verkauft und umstrukturiert. Für die inzwischen insolvente KirchMedia-Gruppe der unter anderem die TV-Sender 'Pro Sieben', und 'SAT1' gehören, werden neue Eigentümer gesucht. Seit Wochen wird spekuliert, wer am Ende das Rennen machen wird. Zu den Favoriten gehört dem Vernehmen nach ein Konsortium aus der deutschen Commerzbank und dem Hollywood-Studio 'Columbia', das gemeinsam angeblich 2,3 Milliarden Euro für die Konkurs-Masse bietet.

Zahlungsunfähige Fußballvereine?

Dazu passt auch die jüngste Meldung, daß der lange Zeit als kaum zu sanierender Problemfall geltende Pay-TV-Kanal 'Premiere' (ebenfalls KirchMedia) mit einem anderen Hollywood-Studio, nämlich 'Universal', kooperieren will. Der Bezahl-Sender arbeitet trotz 2,4 Millionen Abonnenten defizitär. Daran konnten bislang auch die Live-Übertragungen von Fußball-Bundesliga-Spielen nichts ändern.

Apropos Fußball: auch die hochkommerzialisierten Fußball-Klubs und ihre gut bezahlten Angestellten bekommen die Krise auf dem Medien-Markt längst zu spüren. Infolge der Umsatz-Einbußen konnte KirchMedia die Milliarden schweren Übertragungsrechte nicht mehr refinanzieren. Manche Vereine decken ihren Etat überwiegend mit Fernseh-Geldern, viele müssen nun kleinere Brötchen backen. Nicht auszuschließen, daß es nach den Medien-Pleiten bald auch zahlungsunfähige Fußball-Vereine in der Bundesliga gibt.