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Pillenkuriere in der Blutbahn

Greta Hamann17. Juni 2012

Bei einer Verletzung am kleinen Finger kommt niemand auf die Idee, sich den ganzen Körper in Verband zu legen. Auch im Körper sollen Medikamente nur da wirken, wo sie gebraucht werden. Nanocontainer sollen helfen.

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Ein Arzt gießt eine orange Flüssigkeit in ein Glas. (Foto: Fotolia/Franz Pfluegl)
ForschungBild: Fotolia/Franz Pfluegl

Sie sehen aus wie kleine Linsen. So winzig, dass man sie mit dem bloßen Auge nicht sehen kann: 100 bis 200 Nanometer. Deswegen werden sie auch Nanocontainer genannt, die Transportmedien, die Mediziner, Chemiker und Physiker der Universitäten Genf und Basel entwickelt haben.

Dafür haben die Wissenschaftler ein Modell des Herz-Kreislaufsystems gebaut. Dieses Modell hat sowohl verengte als auch gesunde Arterien. Die Nanolinsen funktionieren nämlich lediglich bei arterienverengenden Krankheiten. Eine häufige Folge von verengten Arterien sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie sind weltweit die häufigste Todesursache - auch in Deutschland.

Nanocontainer anstatt Nitroglycerin

Gerade nach einem Herzinfarkt geben Ärzte dem Patienten oft Medikamente wie Nitroglycerin, die sich im kompletten Blutsystem ausbreiten und wirken. Das kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Im Fall des Nitroglycerins kann beispielsweise der Blutdruck des Patienten abfallen.

Mini-Lastwagen fahren durchs Blutsystem

Die von den Schweizern entwickelten Nanocontainer funktionieren wie winzige Lastwagen. Sie transportieren das Medikament zu der verengten Stelle, wo die speziellen Blutstromeigenschaften den Container dann öffnen. Zum Öffnen der Nanocontainer werden die sogenannten Scherkräfte des Blutstromes genutzt. Diese sind an Verengungen höher als in gesunden Blutgefäßen. "Das heißt, das Oberteil der Linse wird relativ zum Unterteil der Linse verschoben. Wir nehmen an, dass dadurch das Medikament über den Äquator der Linse austreten kann und dann genau an den Verengungen der Blutgefäße freigesetzt wird", erklärt der deutsche Wissenschaftler Bert Müller, der die Nanocontainer mit entwickelt hat.

Unterm Elektronenmikroskop: die von Basler und Genfer Forscher entwickelten Nanocontainer. (Foto: Universität Basel)
Unterm Elektronenmikroskop: die von Basler und Genfer Forscher entwickelten Nanocontainer.Bild: Universität Basel

Weniger Nebenwirkungen

Neben dem Vorteil, dass Medikamente nur an der Stelle abgeladen werden, wo sie gebraucht werden, sieht der Forscher noch mehr positive Effekte: "Wir können auch weniger Medikamente nehmen, weil wir sie eben nicht im gesamten Körper systemisch freisetzen müssen. Das führt dazu, dass die Dosis lokal erhöht werden kann und die Wirksamkeit dadurch höher ist."

Die Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Nature Nanotechnology".