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Meeresspiegel steigt schneller als befürchtet

12. Februar 2018

Die Erderwärmung lässt Gletscher schmelzen - das ist soweit bekannt. Doch eine neue Studie schlägt Alarm: Bisherige Schätzungen über das Ausmaß lägen viel zu niedrig, fanden US-Forscher heraus.

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Antarktis Packeis und Treibeis
Bild: picture-alliance/dpa/blickwinkel/A. Rose
  • 2100 könnte der Meeresspiegel um 65 Zentimeter gestiegen sein
  • Forscher korrigieren bestehende Zahlen dramatisch nach oben
  • Grundlage sind Messdaten aus Satelliten

Der Meeresspiegel steigt nicht gleichmäßig an, sondern jedes Jahr etwas schneller - und der Zuwachs könnte bis zum Jahr 2100 mehr als das Doppelte bisheriger Prognosen erreichen. Das haben Wissenschaftler anhand von Satellitenmessungen errechnet.

Seit 1993 stieg der Meeresspiegel im weltweiten Durchschnitt jährlich um etwa drei Millimeter. Die nun gemessene Beschleunigung könnte dazu führen, dass der Anstieg im Jahr 2100 zehn Millimeter pro Jahr beträgt. Das berichtet eine Forschergruppe um Steve Nerem von der University of Colorado in Boulder in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS").

Anstieg um 65 Zentimeter

Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte demnach der Durchschnittspegel an den Küsten um 65 Zentimeter höher liegen als im Jahr 2005 - bisher waren meist rund 30 Zentimeter angenommen worden. "Und das ist mit ziemlicher Sicherheit eine vorsichtige Schätzung", wird Nerem in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.

Maldiven
Inselstaaten wie die Malediven drohen teilweise zu versinken (Archivbild)Bild: picture alliance/dpa/Robert Hardin/S. Papadopoulos

Bei ihrer Kalkulation gingen die Forscher davon aus, dass sich die Veränderungsrate der vergangenen 25 Jahre in Zukunft fortsetzt. "Angesichts der großen Veränderungen, die wir heute in den Eisschilden sehen, ist das unwahrscheinlich", betont Nerem. Anders ausgedrückt: Der Anstieg wird wahrscheinlich noch höher ausfallen, als von den Wissenschaftlern bisher prognostiziert.

Solide Datenbasis

Nerem und Kollegen verwendeten die längste bisher vorhandene Satellitenmessreihe zur globalen Meereshöhe. Sie begann mit dem Start des Erdbeobachtungssatelliten "Topex/Poseidon" im August 1992 und wurde mit den drei "Jason"-Satelliten fortgesetzt. Die Forscher berücksichtigten verschiedene Faktoren, die den globalen Meeresspiegel beeinflussen, etwa das Klimaphänomen El Niño im Pazifik. Auch die Schwankungen in den Wassermengen, die an Land gespeichert werden, gingen in die statistische Analyse ein.

Nasa Mission Jason 3
Blick von oben auf die Erde: Satellitenmission Jason 3Bild: NASA.gov

Bedeutsam war zudem der Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo 1991: Dessen Auswirkungen auf den Meeresspiegel zeigten sich noch zu Beginn der Satelliten-Messreihe. Ebenso glichen die Forscher die Satellitenmessungen, die sich auf das offene Meer beziehen, mit Gezeitenpegelständen an den Küsten ab. Nach Berücksichtigung all dieser Faktoren errechnete das Team um Nerem eine jährliche Beschleunigung des globalen Meeresspiegelanstiegs um 0,08 Millimeter. Es ergibt sich also eine exponentielle Kurve mit stets zunehmenden Anstiegsraten.

"Sehr glaubhafte Studie"

Verantwortlich für den Anstieg ist zum einen das Abschmelzen der Eisschilde, zum anderen der Umstand, dass Wasser sich bei Erwärmung ausdehnt. "Die Studie stellt sehr glaubhaft dar, dass es eine Beschleunigung des Anstiegs gibt", urteilt Ingo Sasgen vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. Die Forscher hätten nicht nur neue Messdaten verwendet, sondern diese auch sehr gründlich ausgewertet. So seien zahlreiche Effekte, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, herausgerechnet worden. Dass beim deutschen Küstenschutz zum Teil mit einem Meeresspiegelanstieg um bis zu 1,70 Meter gerechnet werde, erklärt Sasgen mit Extremwerten, die dabei angenommen worden seien.

jj/haz (dpa, afp, ap)