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Spanisches Megahotel vor dem Abriss

Irene Banos Ruiz / tk29. Februar 2016

Spanien bleibt Europas beliebtestes Reiseziel. Trotz der boomenden Branche haben Naturschützer nun jedoch den Kampf gegen ein Megahotel gewonnen. Das kommt nicht überall gut an.

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Hotel El Algarrobico im Naturpark Cabo de Gita in Níjar (Foto: picture alliance).
Bild: picture-alliance/epa/Greenpeace/P. Armestre

Mit seinen 21 Stockwerken und 411 Zimmern ragt die halb fertige Hotelanlage "El Algarrobico" fast wie eine Pyramide an der Küste empor. Der Betonklotz im Süden Spaniens, nur etwa 14 Meter vom Strand des Naturparks Cabo de Gata entfernt, ist eines der umstrittensten Bauprojekte des Landes.

Doch nun ist zumindest der Rechtsstreit vorbei: Nach mehr als zehn Jahren haben die Richter am Obersten Gerichtshof in Madrid den Bau des Hotels für illegal erklärt. Die Hotelanlage liegt den Richtern zufolge im Naturschutzgebiet. Umweltaktivisten haben nach zehn Jahren Widerstand endlich Grund zum Feiern. Sie hatten bereits 2003 gegen die Verschandelung eines der letzten naturbelassenen Strände in der Gegend von Carboneras geklagt.

"Endlich hat der Countdown für den Abriss des Hotels begonnen", sagt der andalusische Umweltminister José Fiscal. Seine triumphierenden Worte kommen nach jahrelangem Hin und Her und rechtlicher Ungewissheit. Viele örtliche Bewohner machen die regionale Regierung für das Fiasko verantwortlich.

Nationalpark Cabo de Gata (Foto: picture-alliance/ H. Champollion)
Der Nationalpark Cabo de Gata ist eines der größten Küsten-Schutzgebiete in AndalusienBild: picture-alliance/H. Champollion/akg-images

Alles begann in den 1980ern, mit der ersten Baugenehmigung. Damals stand die Küstenregion noch nicht unter Umweltschutz. 2003, als der Bau schon im Gange war, hatte sich die Rechtslage bereits geändert. Das Hotel befand sich im Nationalpark Cabo de Gata und war somit rechtswidrig geworden.

2006 - erst drei Jahre später - ordnete ein lokaler Gerichtshof den sofortigen Stopp der Bauarbeiten an. Darauf reagierten aber weder die andalusische Landesregierung noch das Umweltministerium.

Weitere sechs Jahre vergingen, bis der andalusische Gerichtshof 2012 das Gebäude für illegal erklärte und den Abriss forderte. Nach zwei Jahren revidierten die Richter ihren Beschluss jedoch wieder - das Bauprojekt bekam erneut grünes Licht.

Erst jetzt, zehn Jahre, später schob ihm dann schließlich der Oberste Gerichtshof endgültig den Riegel vor.

Hoher Preis für den Erfolg

Der Abriss der gigantischen Bauruine wird schätzungsweise sieben Millionen Euro kosten. Die Kosten müssen sich die nationale und die lokale Regierung teilen. Die Entschädigung für die Hotelbesitzer steht noch nicht fest. Sie fordern 70 Millionen Euro.

Blick über eine Baustelle auf die für den Touristenansturm gebauten Bettenburgen in Torremolinos an der Costa del Sol (Foto: picture alliance).
Für den Touristen-Ansturm gewappnet: Bettenburgen im andalusischen Badeort TorremolinosBild: picture-alliance/dpa

Zu den großen Verlierern zählen sich außerdem die Bewohner der Gegend. Während sich Umweltschützer vehement gegen die Hotelanlage wehrten, unterstützte die Mehrheit der Anwohner den Bau - vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. "Jetzt, da es schon fast fertig gebaut war, hätten wir wenigstens das Beste daraus machen können", sagt Salvador Hernández, Bürgermeiser des nahegelegenen Ortes Carboneras.

Hernández sagt, das Hotel hätte die nötigen Jobs schaffen können. "Stattdessen müssen die Leute jetzt den Abriss und dessen Folgen mit ihren Steuern bezahlen", sagt er im Gespräch mit der DW. Laut Hernández leiden die lokalen Gemeinden am meisten. "Unsere Gemeinde ist zwar einzigartig, aber unser Image ist durch dieses Skandal komplett zerstört", beklagt er.

Unsichere Zukunft

Außerdem wird die Baustelle auch nicht über Nacht verschwinden. Und der Abriss wird nicht billig. Etwa 60.000 Kubikmeter Müll und Schutt werden zurückbleiben. Davon müssen 40.000 Kubikmeter abtransportiert und woanders abgeladen werden. Mit dem Rest soll die Gegend ihr ursprüngliches Aussehen zurückerhalten.

Das birgt auch Chancen, finden Vertreter von Greenpeace. "Die Abrissarbeiten können etwa 400 Arbeitsplätze schaffen", sagt Pilar Marcos. Er ist Chef der Küstenschutz-Kampagne der Umweltorganisation. "98 Prozent des Materials kann recycelt werden. Außerdem bietet sich hier eine große Chance für nachhaltigen Tourismus." Für die Zukunft des Küstenstreifens gibt es zwei Optionen: Entweder er bleibt naturbelassen, oder er wird Basis für neue Tourismus-Angebote.

Derweil boomt der Tourismus in Spanien weiter: Das küstenreiche Land ist nach wie vor eines der beliebtesten Tourismusziele weltweit. 2014 erreichte Spanien Platz drei auf der UN-Rangliste der meistbesuchten Länder. Laut der Statistik-Stelle der EU, Eurostat, war Spanien 2015 mit 421 Millionen Übernachtungen Spitzenreiter in Europa.

Der Umweltorganisation WWF zufolge ist der Massentourismus aber eine ernste Bedrohung für die Umwelt und ist eine der Hauptursachen für den Verlust an Biodiversität im Mittelmeerraum. Er bedroht Meeresböden, Küstenlandschaften und meeresbiologische Prozesse.

Damit steht Spanien jedoch nicht allein da - die Umweltfolgen von Tourismus sind ein weltweites Problem. Mexiko, China, Ecuador, Indonesien und Nepal sind nur einige von vielen Ländern, wo Urlauber die Natur gefährden, die sie eigentlich genießen wollen.