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Mehr als 1000 Festnahmen in Syrien

3. Mai 2011

Die syrischen Behörden haben nach Angaben von Menschenrechtlern seit vergangenem Samstag mehr als 1000 Menschen verhaftet. Zugleich sollen Regierungstruppen nach Banias, eine weitere Protesthochburg, vorgerückt sein.

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Mobilfunkfoto von Protesten in Banias Ende April 2011 (Foto: AP/dapd)
Soldaten sollen Bezirke in Banias eingenommen habenBild: dapd
Mobilfunkfoto von einem Jungen, der in Banias ein Plakat hoch hält (Foto: AP)
Trotz der Gewalt ruft die Protestbewegung zu Sitzstreiks aufBild: AP

Die syrische Nationale Organisation für Menschenrechte hat die Namen der Festgenommen dokumentiert, wie ihr Chef Ammar Kuraibi am Dienstag (03.05.2011) dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira mitteilte. Die Menschen seien in ihren Wohnungen abgeholt worden, ihr Verbleib unbekannt, fügte er hinzu.

"Die massiven Festnahmen der syrischen Behörden dauern vor allem in den Bezirken um Daraa und in den Provinzen Damaskus und Idleb an", erklärte die Organisation weiter. Alle, die demonstrieren wollten, würden festgenommen, insbesondere Intellektuelle und bekannte Reformaktivisten.

Massenverhaftungen gegen Protestwelle

Mittlerweile soll auch eine weitere Protesthochburg von Regierungstruppen besetzt worden sein. In der Küstenstadt Banias seien Soldaten in mehrere Bezirke vorgedrungen, sagte ein Anführer der dortigen Protestbewegung der Nachrichtenagentur Reuters. Wie zuvor in Daraa habe die Armee auch in Banias damit begonnen, Verdächtige festzunehmen. In den vergangenen Tagen wurden mehr als 1000 Regierungskritiker in Haft genommen, wie Menschenrechtler berichten. Viele der Festgenommenen sollen im Gewahrsam misshandelt worden sein.

Seit Tagen gehen die syrischen Sicherheitskräfte im ganzen Land massiv gegen Demonstranten vor, um die wochenlangen Proteste gegen Machthaber Baschar al-Assad zu beenden. Trotz des massiven Einsatzes von Gewalt rief die Protestbewegung zu weiteren Aktionen in allen Städten des Landes auf.

Rasche EU-Sanktionen gefordert

Präsident al-Assad (Foto: dpa)
Der Druck auf das Regime in Damaskus wächstBild: picture-alliance/dpa

Inzwischen wächst der Druck auf das Regime in Damaskus. Frankreich sprach sich für EU-Sanktionen direkt gegen Machthaber al-Assad aus. "Eine Regierung, die Bürger tötet, weil sie ihre Meinung äußern wollen (...), verliert ihre Legitimität", sagte Außenminister Alain Juppé in Paris. Auch Deutschland und Großbritannien forderten rasche EU-Sanktionen gegen die syrische Führung.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt in Berlin, Werner Hoyer, sagte, das "fortdauernde brutale Vorgehen der syrischen Regierung lässt der Europäischen Union keine andere Wahl, als gezielte Sanktionen gegen das Regime jetzt mit Nachdruck voranzutreiben." Kritik am zögerlichen Vorgehen der EU, die bislang erst ein Verfahren zur Verhängung eines Waffenembargos in Gang gsetzt hat, kam auch von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. "Ich kann (...) keine Aktivität der europäischen Außenpolitik gegenüber Damaskus selbst erkennen", sagte der SPD-Politiker, der mehr Druck von europäischer Seite forderte.

Die Türkei warnte Assad, es dürfe nicht zu einem Massaker wie 1982 in der syrischen Stadt Hama kommen. Damals war Assads Vater und Amtsvorgänger Hafez al-Assad hart gegen einen Aufstand der Muslimbrüder in Hama vorgegangen. Tausende Menschen wurden getötet, darunter viele Frauen und Kinder. Die Stadt wurde fast vollständig zerstört.

IKRK will helfen, darf aber nicht

Um Verletzte in der Protesthochburg Daraa zu versorgen, hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) die syrischen Behörden aufgefordert, Helfern den Zugang zu der Stadt im Süden des Landes zu ermöglichen. Es habe zahlreiche Opfer bei der Gewalt der vergangenen Tage gegeben, die Stadt sei von der Versorgung abgeschnitten, erklärte Marianne Gasser vom IKRK. "Wenn sich die Lage verschlechtert, wird es noch mehr Tote geben."

Daraa ist seit Tagen von der Außenwelt abgeschnitten, nachdem syrische Sicherheitskräfte mit Panzern eingerückt waren, um die regierungskritischen Proteste gewaltsam zu unterdrücken.

Seit Mitte März verlangen hunderttausende Syrer Demokratie und politische Reformen. Das Regime stellt die Demonstrationen als Aufstand "krimineller Banden" und "extremistischer Terrorgruppen" dar. Nach Informationen von Menschenrechtsgruppen wurden bereits mehr als 500 Menschen getötet.

Autorin: Pia Gram (dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Ursula Kissel