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Eine halbe Million abgelehnte Asylbewerber

22. September 2016

Rund 550.000 Menschen sind trotz Ablehnung ihres Asylantrags in Deutschland geblieben, drei Viertel von ihnen seit mehr als sechs Jahren. Die Deutsche Polizeigewerkschaft übt deshalb scharfe Kritik an einer Organisation.

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Asylbewerber Anfang des Monats im "Ankunftszentrum für Flüchtlinge" im hessischen Gießen (Foto: dpa)
Asylbewerber Anfang des Monats im "Ankunftszentrum für Flüchtlinge" im hessischen GießenBild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Von 549.209 abgelehnten Asylbewerbern, die Ende Juni in Deutschland registriert waren, hielten sich drei Viertel bereits seit mehr als sechs Jahren im Land auf. Dies berichtete die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion.

Die größte Gruppe stammt den Angaben zufolge mit rund 77.600 aus der Türkei. Es folgen abgelehnte Bewerber aus dem Kosovo (68.549) und aus Serbien (50.817). Knapp die Hälfte der 550.000 Abgelehnten hatte ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, ein Drittel verfügte über ein befristetes Aufenthaltsrecht.

Polizisten begleiten abgelehnte Asylbewerber zu einem Terminal auf dem Flughafen Leipzig-Halle (Archivbild: dpa)
Polizisten begleiten abgelehnte Asylbewerber zu einem Terminal auf dem Flughafen Leipzig-Halle (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Willnow

Wie die Zeitung weiter berichtete, gab es zudem 168.212 geduldete Ausländer, zu denen auch rund 100.000 abgelehnte Asylbewerber gehören. Darunter waren auch 37.020 Menschen, die wegen fehlender Reisedokumente in Deutschland bleiben dürfen.

Aus der Union kam die Forderung nach schärferen Regeln für die Abschiebung. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich (CSU), forderte mit Blick auf diese Zahlen eine dringende Reform der Abschieberegeln in Deutschland. "Wer zulässt, dass abgelehnte Asylbewerber dem Staat derart auf der Nase herumtanzen, zerstört das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates", sagte er der "Bild". "Die Rechtsvorschriften müssen dringend geändert werden."

Polizeigewerkschaft gegen Pro Asyl

Auch der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, übte scharfe Kritik an der Abschiebepraxis in Deutschland. Es gebe eine "regelrechte Abschiebeverhinderungsindustrie", sagte er der "Bild"-Zeitung. Er warf "Anwälten und Organisationen wie Pro Asyl" vor, die rechtmäßige Rückführung abgelehnter Asylbewerber "systematisch" zu verhindern. Dies müsse sich "dringend ändern", 215.000 Ausreisepflichtige müssten nun auch ausreisen.

Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos demonstrieren im April gegen die Abschiebung in die Türkei (Foto: Reuters)
Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos demonstrieren im April gegen die Abschiebung in die TürkeiBild: Reuters/G. Moutafis

Unterdessen kritisierte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die EU-Staaten hätten sich nicht an ihre Versprechen zur Hilfe für Flüchtlinge gehalten. Dies führe dazu, dass zehntausende Asylsuchende unter unwürdigen Bedingungen in griechischen Lagern lebten. Vor einem Jahr hätten die EU-Führer die Aufnahme von rund 66.000 Menschen aus Griechenland zugesagt - bisher seien aber weniger als sechs Prozent aufgenommen worden, berichtet die Menschenrechtsorganisation.

Amnesty klagt über mangelnden politischen Willen zur Hilfe vonseiten der Europäer. Wenn die Aufnahme derart schleppend weitergehe, dauere es 18 Jahre, bis die Versprechen erfüllt seien. Es sei beschämend, dass die euopäischen Staaten ihre Streitigkeiten nicht überwänden und die Verantwortung zur Aufnahme nicht fair teilten.

stu/jj (afp, dpa, epd)