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Mehr Asyl - oder weniger?

13. Oktober 2012

Kaum ist die Zahl der Asylbewerber in Deutschland wieder angestiegen, geht die Diskussion wieder los: Der Innenminister will die Verfahren beschleunigen, Pro Asyl spricht von einer hysterischen Stimmungsmache.

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Aus Mietwohnungen in einem Plattenbau in der Baustraße von Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern) ist im Jahr 2012 ein Asylbewerberheim des Landkreises Vorpommern-Greifswald geworden. Foto: Sauer
Bild: picture-alliance/ZB

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will Asylbewerbern vom Balkan das Geld kürzen und ihren Zustrom damit stoppen. Wer aus solchen sicheren Staaten komme, solle künftig weniger Geld bar ausbezahlt bekommen, sagte Friedrich. Nach seinem Willen sollen auch die Verfahren beschleunigt und unberechtigte Bewerber zügig heimgeschickt werden. Die Visumfreiheit für die beiden Staaten solle wegfallen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Foto: dpa
Innenminister Friedrich, CSU, will Asylbewerber-Zustrom drosselnBild: picture-alliance/dpa

"Nicht so schlimm wie in den 80er und 90er Jahren"

Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland ist nach Angaben des Innenministeriums deutlich gestiegen. im September hätten 6691 Menschen Asylanträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt. Die meisten - fast ein Drittel - seien aus Serbien und Mazedonien gekommen. "Es ist nicht so schlimm wie in den 80er und 90er Jahren", sagte der Innenminmister der "Bild"-Zeitung. 1995 hatte die Zahl der Asylbewerber bei knapp 167.000 gelegen.

Doch so ganz schalten und walten kann der Bundesminister in dieser Frage nicht. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli entschieden, dass Asylbewerber mehr Geld bekommen müssen, weil die bisherigen Regelungen gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen. Ein Urteil, das Friedrich kritisiert: "Das wird dazu führen, dass die Asylbewerberzahlen noch weiter steigen."

Bewerber haben hierzulande laut Gesetz Anspruch auf bestimmte Leistungen für Essen, Unterkunft, Kleidung oder Gesundheitsversorgung. Sie bekommen dies zum Teil als Sachleistung, zum Teil als Wertgutscheine oder Bargeld. Das entsprechende Gesetz wird zur Zeit von der Bundesregierung überarbeitet.

Während der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sich den Forderungen Friedrichs anschloss, kommt der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff mit einer ganz anderen Idee: Asylbewerber in Deutschland sollten "vom ersten Tag an" das recht zur Arbeit bekommen.

Schließlich gebe es in Deutschland einen erheblichen Bedarf an Arbeitskräften, sagte Wolf in einem Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag", es sei nicht nachzuvollziehen, warum Asylbewerber nicht sofort einen Job antreten könnten. Ob die FDP auch eine Pflicht zur Arbeit für Asylbewerber erlassen will, ließ Wolff offen.

Ausländerfeindliche Stimmungsmache?

"Es wird der Eindruck vermittelt, es gehe um eine riesige Bedrohung, die auf uns zukommt. Das ist absurd", erklärte hingegen der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt. Es gehe um einige hundert Menschen, das sei keine horrende Zahl, betonte Burkhardt. Wenn der Bundesinnenminister von massenhaftem Asylmissbrauch spreche, schüre er Vorurteile. "Das ist Stimmungsmache", beklagte Burkhardt. "Man spielt mit ausländerfeindlichen Ressentiments."

Während die Politiker diskutierten, gingen in Berlin Menschen auf die Straße. Etwa 2000 Demonstranten forderten bei einem Marsch von Kreuzberg zum Reichstagsgebäude mehr Rechte für Asylbewerber. Der Protestzug verlief friedlich. Bundesweit hatten Asylsuchende in den vergangenen Wochen bei Demonstrationen Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen gefordert. Das ist nicht unbedingt das, was für Innenminister Friedrich Vorrang hat.

ml/qu/sc (dpa, afp, epd)