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Mehr Korsischunterricht für Korsen

19. Dezember 2001

Die zu Frankreich gehörende Mittelmeerinsel Korsika soll nach dem Willen der Nationalversammlung bis 2004 eine größere Selbstständigkeit erhalten.

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Wollte das Reformwerk nicht mittragen: Ex-Innenminister ChevenementBild: AP

Das französische Parlament verabschiedete am Dienstagabend ein Gesetz, wonach die Korsen Gesetzgebungskompetenzen bekommen und die korsische Sprache gefördert wird. Durch das Gesetz erhofft sich die französische Regierung ein Ende der Gewalt auf der Insel. Seit Anfang des Jahres gab es auf Korsika mehr als 100 Bombenanschläge und 28 Tote bei Schießereien. Höhepunkt war die Ermordung des korsischen Nationalisten François Santoni im August.

Korsischer Sprachunterricht

Die Pariser Nationalversammlung stimmte in dritter Lesung mit 249 Ja-Stimmen bei 228 Nein-Stimmen und 48 Enthaltungen für den Gesetzentwurf der Linksregierung von Premierminister Lionel Jospin. Die korsische Sprache steht neben Gesetzgebungskompetenzen im Mittelpunkt der Reform. Künftig soll in den Schulen der Mittelmeerinseln verstärkt korsisch unterrichtet werden. Ursprünglich sollte der Sprachunterricht sogar zur Pflicht werden, doch dagegen wandte sich die bürgerliche Opposition. Sie sieht durch den Text die Einheit der Republik gefährdet und hat den Verfassungsrat angerufen, der die wichtigsten Bestimmungen des Textes prüfen soll. Dabei wurde der ursprüngliche Text bereits vor der ersten Lesung wegen Bedenken des Verfassungsrates abgeschwächt. Insbesondere wurde ein zunächst geplantes Zugeständnis gestrichen, nach dem die Korsen selbst über das Genehmigungsrecht für Gebäude im Küstenbereich hätten entscheiden können.

Kritik von allen Seiten

Bei korsischen Politikern wurde das nach langen Diskussionen verabschiedete Gesetz mit wenig Begeisterung aufgenommen. Der Text sei "lauwarmes Wasser", sagte der bürgerliche Präsident des korsischen Regionalparlaments, José Rossi, der sich der Stimme enthalten hatte. "Niemand ist zufrieden".

Die Opposition hat das Reformwerk Jospins bereits für gescheitert erklärt. Auch Staatspräsident Jacques Chirac hat sich bereits mehrfach skeptisch über das Vorhaben geäußert und statt erweiterter Befugnisse mehr staatliche Autorität auf der Insel angemahnt.

Französisches Dauerproblem

Das Gesetz gehört zu den wichtigsten Vorhaben der Regierung Jospin. Der sozialistische Regierungschef wollte damit die Schießereien und Bombenanschläge eindämmen, die seit 20 Jahren das beliebte Touristen-Ziel erschüttern, und die bisher keine französische Regierung in den Griff bekommen hat.

Die Unabhängkeitsbestrebungen der Korsen sorgen regelmäßig für politischen Aufruhr in Paris. Aus Protest gegen das Gesetz verließ Innenminister Jean-Pierre Chevenement im Herbst vergangenen Jahres die Regierung. Aber auch die einflussreiche korsische Nationalistengruppe Corsica Nazione, die die Verträge vor anderthalb Jahren mit ausgehandelt hat, beschloss Ende September, deren Unterstützung auszusetzen. (mk)