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Mein Stück Heimat: Minas Gebetsbüchlein

Stefan Dege7. Oktober 2015

Ein kleines Gebetsbüchlein verbindet den 25-jährigen Mina mit seiner ägyptischen Heimat. Er ist koptischer Christ und floh 2013 vor der Gewalt radikaler Islamisten.

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Der Flüchtling Mina aus Ägypten liest in seinem Gebetbuch (Foto: DW/Stefan Dege)
Bild: DW/S. Dege

Tausende Flüchtlinge kommen derzeit in Deutschland an. Menschen, die Freunde und Familie, Arbeit und Wohnung, die ihre Heimat vielleicht für immer verlassen mussten. In unserer neuen DW-Reihe "Mein Stück Heimat" stellen wir Flüchtlinge und deren Geschichten aus ihrer Sicht vor: subjektiv und ohne zu werten. Und wir zeigen, welches Kulturgut ihnen so sehr am Herzen lag, dass sie es trotz lebensgefährlicher Flucht mitgenommen haben: ihr "Stück Heimat".

Die Szenerie wirkt friedlich. Mina betrachtet das bunte Bild, auf dem Maria und Joseph aus Ägypten ausziehen, während ihr Jesus-Kind selig in Marias Arm schlummert. Acht Kreuze hängen an den Wänden seines Flüchtlingszimmers in Bonn-Endenich. "Hier fühle ich mich sicher", sagt der 25-Jährige, "wenn ich traurig bin und meine Heimat vermisse, bete ich", sagt Mina, "das tröstet".

Infografik: Steckbrief von Mina aus Ägypten (Copyright: DW)

Vor das grellbunte Bild hat der junge Mann ein kleines Büchlein - * sein Stück Heimat - gestellt. Dazu zwei Plüschtiere und ein weiteres Kreuz. Es ist sein Herrgottswinkel, sein Andachtsort. Mina ist koptischer Christ und sehr gläubig. Auf einem Deutsche-Welle-Foto möchte er keinesfalls erkannt werden. In Bonn, wo das Paulusheim seit einigen Wochen hunderte von Flüchtlingen wie Mina beherbergt, gibt es auch radikal-islamische Salafisten.

Ein Messer im Bauch

Mina hat Angst, wieder in die Fänge solch religiöser Fanatiker zu geraten. Nie vergisst er den schrecklichen Tag vor sieben Jahren. Die koptische Gemeinde in Said in Mittelägypten, erzählt er, wollte eine erwachsene Muslima zur Christin taufen, als ein schreiender Mob die Kirche stürmte. Die junge Frau wurde entführt. Mina stießen die Angreifer ein Messer in den Leib. Mit Mühe zieht er sein T-Shirt hoch. Eine Narbe erscheint. Sie ist so lang wie sein Unterarm.

"Nicht alle Muslime sind schlechte Menschen", versichert Mina, "nur die fanatisch religiösen." Ein Kirchenbesuch im Ramadan, dem muslimischen Fastenmonat? Frauen ohne Kopftuch auf der Straße? Das ging gar nicht in Minas Heimat. "Sie haben uns jeden Tag schlecht behandelt." Mina hat Abitur gemacht, er jobbte als Fotograf und in Restaurants. Vor zwei Jahren entschloss er sich zur Flucht. "Ich hielt es nicht mehr aus", sagt er.

Ein Jahr lang lebte Mina in Libyen. Als auch dort die Lage brenzlig wurde, kehrte er nach Ägypten zurück. Ein Flugzeug brachte ihn dann nach Georgien. Auf dem Rückflug nutzte er einen Zwischenstop in München: Er stieg aus und beantragte Asyl. Das war im Juni 2013. Seit rund zwei Jahren ist er nun in Bonn, sein Vater und seine Mutter harren in Ägypten aus. Sie halten Kontakt über Telefon und Skype.