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Das Debakel des DFB-Teams

Marko Langer
18. November 2020

Es war nicht nur eine Niederlage. Es war ein Spiel, das man aus deutscher Sicht kaum bis zum Ende anschauen mochte. Die DFB-Elf wurde deklassiert. Bundestrainer Löw arbeitet von nun an auf Bewährung, meint Marko Langer.

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	UEFA Nations League | Spanien v Deutschland | Joachim Low
Bild: Marcelo Del Pozo/REUTERS

Das hat dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) gerade noch gefehlt. Skandale und Ärger mit den Steuerbehörden, das kennt man ja schon. Dass die Fußball-Nationalmannschaft zuletzt an Ansehen und Beliebtheit deutliche Einbußen hinnehmen musste, auch damit konnte man sich irgendwie arrangieren. Das wird schon wieder, habt nur Geduld, spätestens eine gute Leistung bei der nächsten Europameisterschaft wird die Fans wieder versöhnen, dachte man wahrscheinlich beim DFB. Aber nun?

You never walk alone?

Die spanische Nationalmannschaft hat in der Nations League Deutschland mit 6:0 geschlagen. Es ist die zweithöchste Niederlage in der deutschen Länderspiel-Geschichte. Nur beim 0:9 am 16. März 1909 gegen England in Oxford ging es noch schlimmer aus. Neunzehnhundertneun!

Der wohlwollende Beobachter könnte nun sagen: Mund abwischen, weitermachen! "You'll never walk alone", singt man in Liverpool und manchmal auch in Dortmund. Du bist nicht alleine, auch nicht in der Niederlage. Das gilt aber an diesem Abend, ist leider zu konstatieren, für einen Mann nicht: Joachim Löw, Bundestrainer seit 2006. Er ist seit diesem 17. November 2020 ein Coach auf Bewährung, vielleicht auf Abruf. Auch wenn DFB-Direktor Oliver Bierhoff sich bemühte, nach dem Spiel zu versichern: Das Vertrauen in Löw sei  "vollkommen da, daran ändert auch dieses Spiel nichts".

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DW-Autor Marko LangerBild: Sarah Ehrlenbruch

Bierhoff sollte, wenn er sich diese Haltung bewahren möchte, in den nächsten Tagen und Wochen nicht in die Zeitungen schauen. Die Art und Weise, wie die deutsche Mannschaft das Spiel in Sevilla verlor und die Führung in der Nations-League-Gruppe abgab, war ein Desaster. Auf dem Platz: Toni Kroos und Ilkay Gündogan, hochgelobt und mitunter überschätzt. Außerdem: Timo Werner und Leroy Sané, zwei der wertvollsten Stürmer in ganz Europa. Ihr Effekt: null. Die Abwehr? Indiskutabel.

Eine Fehlentscheidung

Irgendwann im Verlauf der 90 Minuten stellte man sich vor, wie ein Jérôme Boateng mit seinen langen Beinen hinten dazwischen gegangen wäre. Man stellte sich einen gestikulierenden Thomas Müller vor, wie er versucht hätte, den Dingen eine andere Wendung zu geben. Und man ahnte da schon, dass Löw auch nach diesem Spiel sagen würde: Diese Spieler, die im Moment "Die Mannschaft" bilden, hätten sein Vertrauen verdient. Boateng und Müller sowie Mats Hummels gehören, wie bekannt, nicht mehr dazu. Weil Löw das so wollte. Eine Fehlentscheidung.

Der richtige Zeitpunkt

Der Trainer wurde nach dem Spiel in der ARD gefragt, ob er noch Lust auf seine Aufgabe habe. "Es ist unsere Pflicht, alles zu hinterfragen, auch uns selbst", wich Löw aus. In der virtuellen Pressekonferenz hieß es außerdem: "Machen Sie sich Sorgen um Ihren Job?" Löws Antwort: "Da müssen Sie andere fragen." Es sieht gegenwärtig wieder mal so aus, als habe der Weltmeister-Trainer von 2014 den richtigen Zeitpunkt verpasst abzutreten.