Meinungsfreiheit täglich neu erkämpfen | 65 Jahre DW | 65 Jahre DW | DW | 03.05.2018
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65 Jahre DW

Meinungsfreiheit täglich neu erkämpfen

Als Trainerin für Medienkompetenz vermittelt Fauna Kazongominga Jugendlichen das Handwerkszeug, um kritisch und selbstbestimmt mit Medien, Informationen und Meinungen umzugehen. Die DW Akademie hat sie dazu ausgebildet. 

Nicht nur die junge Trainerin ist an dieser Aufgabe gewachsen. Auch ihre Schülerinnen und Schüler sind  offener für andere Positionen geworden und misstrauischer gegenüber einfachen Botschaften. Dass alle im Ort diese Erkenntnisse jeden Tag aufs Neue anwenden und ausprobieren können, ist dem lokalen Bürgerradio zu verdanken, das die DW Akademie mit Beratung und Technik unterstützt. Das Studio steht allen Einwohnern für ihre Belange offen. Mit dieser Kombination aus Diskussion, Training und Praxis vermittelt die DW Akademie weltweit Kompetenzen für Mediennutzung.

Mit ihrem Engagement nimmt Fauna Kazongominga das Recht auf Meinungsfreiheit und Zugang zu Information wahr, wie es Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festschreibt. Für die DW Akademie, Deutschlands führender Organisation für internationale Medienentwicklung,  ist die Stärkung dieses universellen Menschenrechts die Grundlage sämtlicher Projekte und Vorhaben. 

Wir verfolgen damit keinen Selbstzweck. Wie gern würden wir in einer Welt leben, in der Journalisten keinen besonderen Schutz brauchen, weil ihre wichtige Rolle universell anerkannt ist. Wie gern wären wir sicher, dass jeder Mediennutzer auf der Welt in der Lage ist, Falschinformation zu erkennen und persönliche Daten und Privatsphäre zu schützen. 

Meinungs- und Informationsfreiheit sind wichtiger denn je

Tatsache ist aber, dass die Projekte der DW Akademie und ihrer Partner immer wichtiger werden: Im Jahr 2017 wurde immer noch 87 Prozent der Menschen weltweit das volle Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verweigert. Heute sitzen mehr Journalisten in Gefängnissen als vor zwei Jahren und es gibt keine Anzeichen dafür, dass ihre Zahl bald zurückgeht. Im Gegenteil: Im vergangenen Jahr wurde die Situation der Pressefreiheit schlechter bewertet als in den zwölf Jahren zuvor. 

Die Lage in vielen Zielländern der DW Akademie spitzt sich immer mehr zu: Gestern erschien Burundi als friedlicher Ort, heute ist schon die Einreise ein Risiko. Gestern waren wir in Ägypten willkommen, heute fürchten wir um die Sicherheit unserer Teilnehmer und Trainer. „Länder, die die Presse und Nichtregierungsorganisationen am schlechtesten schützen, haben oft die höchsten Korruptionsraten“, schreibt Transparency International im jüngsten Jahresbericht. Die systematische Einschränkung des Rechts auf Information bleibt ein Instrument zu Unterdrückung, Machterhalt und Bereicherung. Meinungs- und Informationsfreiheit sind ein hohes, aber leider immer noch rares Gut. Wir müssen dieses Menschenrecht weiter stärken.

Mit Partnern gegen den Negativtrend

Die DW Akademie stellt sich als strategischer Partner des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gegen den Negativtrend: In rund 50 Ländern unterstützen wir mit Mitteln des BMZ, des Auswärtigen Amts oder der Europäischen Union Menschen dabei, kompetent und selbstbestimmt mit Medien umzugehen. Wir stärken das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung außerdem, indem wir für bessere Rechtsrahmen eintreten, Medienprofis qualifizieren und sie bei der Entwicklung wirtschaftlich tragfähiger Medienangebote unterstützen. Mehr als 100 Millionen Menschen profitieren bereits davon.
Dabei ist uns die Vermittlung von Medienkompetenz ein besonderes Anliegen: Wenn Mediennutzer Desinformation erkennen und sich gegen Manipulation wehren, stärkt dies Demokratien und entschärft Konflikte. Die Zivilgesellschaft wird widerstandsfähig gegen Hass-Sprache und Propaganda. Gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort konzentrieren wir uns dabei auf die schwächsten der Gesellschaft: Randgruppen in ländlichen Gebieten, Analphabeten, Ausgegrenzte. 

Lernende werden zu Multiplikatoren

Unter dem Arbeitstitel #TruthMatters planen wir eine digitale Bildungsplattform zur Vermittlung von Medienkompetenz in den Zielregionen und Angebotssprachen der Deutschen Welle. Eine solche Lehr- und Lernplattform wird den digitalen Herausforderungen unserer Welt gerecht und  ermöglicht grenzüberschreitenden Wissenstransfer. Klar ist: Wenn Lernende schließlich zu Multiplikatoren werden, ist unsere Arbeit nachhaltig und hinterlässt Spuren. Das Projekt haben wir bereits gegenüber der Politik beschrieben; mit dem neuen Bundestag wollen wir es diskutieren und umsetzen. 

Das Menschenrecht auf freien Zugang zu Information meint mehr als den technischen Zugang zu Medien. Es bedeutet für jeden einzelnen Menschen eine echte Wahl zwischen unabhängigen Quellen. Es kann nur wirken, wenn Menschen in der Lage sind, Propaganda, Lügen und Manipulation zu durchschauen und sich dagegen zu wehren. Informationsfreiheit braucht Verteidiger. Unser Ziel ist, dass jeder Mensch weltweit für sein Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit kämpfen kann und darf. So wie Fauna Kazongominga und die von ihr trainierten Jugendlichen im Osten Namibias.

Text: Christian Gramsch, Direktor DW Akademie (zum 22. Mai 2018 aus dieser Funktion ausgeschieden)