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Florian Ostertag

5. März 2012

Der Singer/ Songwriter Florian Ostertag schreibt Lieder, die zu Herzen gehen. Viel Herzblut und Gefühl sind die Hauptzutaten seiner Texte, und musikalisch schimmert bei jedem Ton die Liebe zum Detail durch.

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Der schwäbische Songwriter Florian Ostertag, c/ o Pop-Konzert im Tanzbrunnen (Köln), 25.6.2011; Copyright: Horst Krauth
Bild: Horst Krauth

Florian Ostertag ist in einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen. Auch jetzt noch wohnt er auf dem Land in einer WG mit Freunden. Er hat Elektrotechnik studiert, ist ausgebildeter Tontechniker, aber irgendwie, sagt er, gab es auch immer Musik in seinem Leben. Mal mit Band, mal ohne – und weil oft niemand da war, der seine Texte singen konnte, stellte er sich eben selbst ans Mikrofon.

Es zieht ihn nichts in die Musikmetropolen Berlin oder Hamburg, da geht es dem Schwaben viel zu hektisch zu. In seiner WG kann er bis nachts um 4 Uhr trommeln, das stört niemanden. "Ich bin ein Eigenbrötler", sagt er mit einem schüchternen Lächeln. "Ich habe ein kleines Studio in einem Minidorf, wo auch kein Internet und kein Handyempfang funktioniert, und da hat man dann Ideen."

Schreibmaschine und Blockflöte

Musikalisch experimentiert Florian schon seit Kindertagen herum - erst mit der Blockflöte, dann mit Gitarre und Klavier, aber immer untermalt von schrägen Utensilien. Dem Geklapper einer uralten Schreibmaschine zum Beispiel, die er auf dem Dachboden seiner Eltern gefunden hat oder dem Geklimper eines ausrangierten Akkordeons.

Florian Ostertag am Keyborad (Copyright: Horst Krauth)
Musikalisch in seinem ElementBild: Horst Krauth

"Wenn man Popmusik machen will und nicht nur so Alleinunterhalter, muss man ein bisschen mehr bieten", findet er. "Wenn ich jetzt nur eine Stunde Gitarre spielen würde und dazu singen, dann würde ich es wahrscheinlich selbst längst irgendwann langweilig finden." Deswegen schleppt er auch gern ein technisch längst überholtes Tonbandgerät auf die Bühne, auf dem er Schlagzeug und andere Instrumente abspielt, wenn er gerade keine Begleitmusiker gefunden hat.

Hang zum Melodram

2009 trat Florian Ostertag zum ersten Mal ins Rampenlicht – als Support des Songwriters und Mädchenschwarms Philipp Poisel. Bis dahin sang er vor allem bei Wohnzimmerkonzerten, wo er auch schon mal auf der Couch des Gastgebers schlief. Dabei hat der 32-Jährige selbst das Zeug dazu, den Mädels den Kopf zu verdrehen. Nicht nur, weil er mit seinen brauen Locken und dem verträumten Blick gut ankommt, sondern weil seine Songs einfach zu Herzen gehen. "Ich habe auf jeden Fall einen Hang zu Tragik und Drama", gibt der schlaksige Sänger zu. "Im Kino mag ich auch lieber die Filme ohne Happy End. Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, ich ziehe das Unglück an, weil ich es brauche."

Ein Pessimist sei er deswegen noch lange nicht, lächelt Ostertag, aber auf jeden Fall ein zweifelnder Mensch. Einer der nicht daran glaubt, dass er beim Glück ganz vorne auf der Liste steht. "Ich habe angefangen zu schreiben, als ich das erste Mal unglücklich verliebt war", erzählt er. "Man erzählt es ja nicht direkt jemandem, aber es hat mir sehr geholfen, meinen Kummer auf Papier zu bringen. Das hat mir unheimlich Ruhe gegeben."

Der schwäbische Songwriter Florian Ostertag, c/ o Pop-Konzert im Tanzbrunnen (Köln), 25.6.2011; Copyright: Horst Krauth
Ostertag ist nicht nur melancholischBild: Horst Krauth

Die ewige Suche

Florian Ostertag liebt die leisen Töne. Er ist ein introvertierter Typ, aber wenn er dichtet, legt er sein ganzes Gefühlsleben bloß. Es geht ihm um mehr als Liebe, Liebeskummer und Herzeleid; es geht ihm um die ganz allgemeine Suche nach Zufriedenheit und Glück. "Zuhause ankommen" nennt er das. "Wenn ich schreibe, schreibe ich natürlich in Gefühlsmomenten, und das hat dann meistens irgendwie mit Beziehungssachen zu tun", erklärt Florian Ostertag. Aber eigentlich sei das Thema Beziehung für ihn nur eine Projektion, weil sich heutzutage in allen Medien alles um die Liebe und den perfekten Partner drehe. "Das ist ja fast so eine Religion heutzutage, dass man davon sein Glück abhängig macht“, sinniert Ostertag. "Ich glaube, diese Suche ist eigentlich was viel Tieferes, eine Suche nach Zufriedenheit und Glück. Ich bin ein religiöser Mensch, da ist diese Suche nach dem inneren Frieden auch ein Thema."

"The Constant Search" heißt das Debütalbum des Schwaben denn auch konsequenterweise, die ewige Suche. Ostertag hat sogar eigenhändig Stoffcover für die Scheiben genäht, die er mit Hilfe der Musiker in seiner WG aufgenommen hat. Sehr persönlich und entwaffnend ehrlich kommt sein Erstling daher. Der Songwriter schüttet sein Herz aus, wenn er von Menschen singt, die im Regen stehen, nur um etwas Aufmerksamkeit zu bekommen oder dass er ohne das Lächeln der Angebeteten kreuzunglücklich ist.

Der schwäbische Songwriter Florian Ostertag, beim c/ o Pop-Konzert im Tanzbrunnen (Köln), (Copyright: Horst Krauth(
Bild: Horst Krauth

Ein Zimmer, ein Auto und die Musik

Die Instrumentierung ist spärlich, die Stimme mal sanft, mal kraftvoll, aber immer melancholisch. Ostertag singt auf Englisch - weil er den Klang schöner findet, sagt er. Und weil er sein Innenleben nicht direkt ausbreiten will. "Auf Deutsch achten die Leute direkt auf den Text, beim Englischen nicht", glaubt er. "Da kann ich mich ein bisschen dahinter verstecken."

Eigentlich gibt es gar keinen Grund, sich zu verstecken. Es ist schwer, sich aus der Masse der Songwriter-Garde abzuheben, doch Ostertag hat das Zeug dazu, findet nicht nur sein Freund Philipp Poisel. Zwei, drei seiner Lieder laufen schon regelmäßig im Radio, Ostertags Album gibt es bei iTunes und Amazon; der wichtigste Vertriebsweg ist das Internet, da braucht er keinen Konzern im Rücken. Und auf keinen Fall will er sich von einer Plattenfirma verbiegen lassen. Ostertag hat die Entspanntheit eines Menschen, der mag, was er macht, zufrieden ist mit seinem Leben. Viel Geld braucht er nicht, ein Zimmer und ein Auto reichen. Und natürlich die Musik.

Florian Ostertag bei einem Konzert beim Rolling Stone Weekender Festival
Ostertag freut sich über ApplausBild: picture alliance / Jazzarchiv

Autorin: Suzanne Cords
Redaktion: Matthias Klaus