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Biosprit G-20

3. November 2011

Angesichts von Hungersnöten und Nahrungsmittelknappheit fordert ein UN-Experte die Industrieländer zum Verzicht auf Biosprit-Subventionen auf.

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ARCHIV - ILLUSTRATION - - Ein Mann betankt am 02.07.2008 an einer Tankstelle in München (Oberbayern) sein Auto. Der neue Biosprit E10 wird nach Einschätzung des Mineralölwirtschaftsverbands noch nicht gleich im neuen Jahr an allen 14 000 Tankstellen verfügbar sein. Statt wie ursprünglich geplant zum 1. Januar werde das Bioethanol-Gemisch «frühestens im Februar» an den meisten Zapfsäulen erhältlich sein, sagte Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Verbands, dem Bonner «General-Anzeiger» (Dienstagausgabe vom 28.12.2010). Foto: Andreas Gebert dpa (zu dpa 0192 vom 28.12.2010) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Mineralölverband: Umstellung auf neuen Biosprit dauert nochBild: picture alliance/dpa

Die G20-Staaten sollen die öffentliche Förderung der Biospritproduktion beenden. Das forderte der UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Nahrung, Olivier de Schutter, bereits Ende 2011 anlässlich des Gipfeltreffens in Cannes. Diese Subvention sei die Hauptursache für die steigenden Nahrungsmittelpreise und die wachsende Nachfrage nach Ackerland in den Entwicklungsländern, so de Schutter.

Neben den USA, Japan, Deutschland und weiteren EU-Ländern gehören auch China, Indien, Brasilien und Mexiko zur Gruppe der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer. Sie repräsentieren zwei Drittel der Menschheit, knapp neunzig Prozent der globalen Wirtschaftskraft und vier Fünftel des Handelsvolumens.

Bereits im Juni hatten die Agrarminister der G20 im Kampf gegen Hunger einen Aktionsplan zur sicheren Nahrungsmittelversorgung vereinbart. “Ein wichtiger Schritt, aber er ist zu weich“, kritisiert Experte de Schutter.  Ein Aktionsplan ohne Einbeziehung von Biosprit und Börsenspekulation sei wie "ein Bad einzulassen, aber dabei den Stöpsel zu vergessen."

Vorrang für Menschenrecht auf Nahrung

epa02622073 Belgium Olivier De Schutter, U.N. Special Rapporteur on the right to food, answers journalists' questions, during a press conference, after he presented his report to the 16th session of U.N. Human Rights Council, at the European headquarters of the United Nations in Geneva, Switzerland, Tuesday, March 8, 2011. EPA/SALVATORE DI NOLFI
Olivier De Schutter, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf NahrungBild: picture-alliance/dpa

"Jedem der inzwischen eine Milliarde Hungernden in der Welt wird ein grundlegendes Menschenrechte verwehrt“, beklagt der UN-Sonderberichterstatter in seinem dringenden Appell. Der wachsende Hunger am Horn von Afrika, die niedrigen Ernten in Westafrika und die durch Überschwemmungen verursachten Ernteverluste in Südostasien machten es dringlicher denn je, gegen den wachsenden Hunger vorzugehen und die Spekulation mit Nahrungsmitteln zu beenden. Dabei reiche es auch nicht aus,  den Zusammenhang mit der Biospritproduktion nur zu benennen, so de Schutter weiter. Vielmehr müssten die Regierungschefs  "das Menschenrecht auf Nahrung deutlich vor die Interessen einiger Industrien in ihren Ländern stellen".

Europas größter Zuckerkonzern "Südzucker" zum Beispiel konnte sein operatives Ergebnis im ersten Geschäftshalbjahr 2011 um 23 Prozent steigern – nicht zuletzt dank Biosprit. Bei der Tochter "Crop Energies“, mit der Südzucker  nach eigenen Angaben auf den "Wachstumsmarkt Biosprit“ setzt, war es sogar noch mehr: dank höherer Preise für Lebens- und Futtermittel sowie gestiegener Absatzmengen für Bioethanol stieg das Betriebsergebnis sogar um 67 Prozent.

Agrarflächen locken Investoren

ARCHIV - Das Handout von Greenpeace vom 15.06.1009 zeigt illegale Brandrodung eines Waldstücks in Riau, einer indonesischen Provinz auf der Insel Sumatra. Die Zerstörung der Regenwälder auf Borneo und Sumatra schreitet ungebremst voran. Das ist das Ergebnis von Satellitenbildauswertungen, die die Umweltschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) am Montag in Frankfurt/Main vorgelegt hat. Wenn die Abholzung so rasant fortschreitet, werden den Experten zufolge die Tieflandregenwälder auf den beiden indonesischen Inseln bis zum Jahr 2020 zerstört sein. Die Wälder werden vor allem in Plantagen mit Ölpalmen und schnell wachsenden Baumarten wie Akazien umgewandelt. Foto: Greenpeace/Rian Anggor (zu dpa 0227 vom 24.08.2009) ACHTUNG: Nur zu redaktioneller Verwendung +++(c) dpa - Bildfunk+++
Urwaldzerstörung durch Brandrodung für Palmöl- oder Zuckerrohrplantagen zur BiospritherstellungBild: picture-alliance/dpa

Steigende Lebensmittelpreise hatten die chinesische Regierung, aber auch andere, zum Kauf von Ackerflächen in Entwicklungsländern veranlasst, aus Sorge um genügend Nahrungsmittel für die eigene Bevölkerung. Inzwischen zeigen aber auch Finanzinvestoren zunehmend Interesse an Landflächen.

Nach Angaben internationaler Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen gehen die entsprechenden Transaktionen oft mit gravierenden Nachteilen für die lokale Bevölkerung und mit Menschenrechtsverletzungen einher. Im UN-Komitee für Lebensmittelsicherheit (CFS) wird daher seit 2008 an internationalen Richtlinien gegen das sogenannte "land grabbing" gearbeitet. Die jüngste Verhandlungsrunde im Oktober 2011 war ergebnislos geblieben. Strittig waren nach Angaben von UN-Sonderberichterstatter de Schutter vor allem die Regeln für Großinvestitionen in Ackerland. Diese Verhandlungen sollen im kommenden Jahr fortgesetzt werden.

Autorin: Ulrike Mast-Kirschning
Redaktion: Hans Spross