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"Menschenrechtsdialog stimmt"

Matthias von Hein9. Oktober 2012

Trotz Chinas sprichwörtlicher Empfindlichkeit gegenüber Kritik gehören auch die Menschenrechte zu den Gesprächsthemen zwischen beiden Regierungen. Jetzt kam eine hochrangige chinesische Delegation nach Wiesbaden.

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Markus Loening, Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung (Foto: dapd)
Bild: dapd

Deutschland und China pflegen einen vielfältigen Austausch auf Regierungsebene, so auch in Form eines Menschenrechtsdialogs. Das letzte derartige Treffen fand 2011 in China statt, jetzt kamen chinesische Vertreter nach Wiesbaden. Die DW sprach über das jüngste Treffen mit Markus Löning, dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung.

DW: Im allgemeinen hat man den Eindruck, der wichtigste Bestandteil der deutsch-chinesischen Beziehungen sei der wirtschaftliche Austausch. Wie wichtig nehmen Ihre chinesischen Gesprächspartner den Menschenrechtsdialog?

Sie nehmen ihn wichtig. Das ergibt sich zum einen aus der Tatsache, dass Sie nach Deutschland, hier nach Wiesbaden, gekommen sind. Und dass sie sich heute Nachmittag (09.10.2012) eine Justizvollzugsanstalt anschauen, dass sie ein Gespräch mit einer Staatsanwaltschaft führen, daraus können Sie schon schließen, dass das auch für die chinesische Seite von großer Wichtigkeit ist, und auch die Zusammensetzung der Delegation gibt da entscheidende Hinweise.

Die Delegation wird geführt von einer stellvertretenden Generaldirektorin aus dem Außenministerium, es war ein oberster Richter vom Obersten Volksgerichtshof in der Delegation. Es war ein hochrangiger Vertreter sowohl vom Ministerium für öffentliche Sicherheit als auch vom Justizministerium dabei. Also Sie sehen, dass das von chinesischer Seite sehr ernst genommen wird, auch wenn nicht alles, was wir besprechen, dort im Konsens besprochen wird.

Beim letzten Menschenrechtsdialog, der über ein Jahr zurückliegt, 2011 in Guiyang in Südwest-China, wurde unter anderem über die Situation in Tibet geredet und auch über den Umgang mit Mitgliedern von Falun Gong, ein extrem heißes Eisen in China. Was waren denn die kniffligen Themen dieses Mal?

Nun, knifflige Themen sind natürlich jedes Mal die Frage von Meinungsfreiheit und ganz allgemein die Frage politischer Rechte. Wir haben dieses Mal auch eine Reihe von Fragen von der chinesischen Seite zu bestimmten deutschen Fragen erhalten. Zugang zu Bildung von Kindern aus Migrantenfamilien zum Beispiel, oder Kennzeichnungspflicht von Polizisten. Das war natürlich aus unserer Sicht nicht knifflig, aber es zeigt, dass die chinesische Seite eben auch Interesse an unserer Situation hat.

Wir haben auch diesmal wieder über die Situation von Falun Gong gesprochen, wir haben einen sehr intensiven Meinungsaustausch über die Situation der Roma gehabt, im Rahmen eines Mittagessens mit Romani Rose vom Zentralrat der Sinti und Roma. Also es gibt eine ganze Reihe von schwierigen Fragen, auch gerade die Frage, wie man Menschenrechtsfragen untereinander vernünftig thematisiert. Da wird uns immer von chinesischer Seite Lautsprecherdiplomatie vorgeworfen, und man merkt, dass die chinesische Seite sich doch sehr schwer damit tut, dass wir Dinge auch öffentlich austragen.

Wir haben einen sehr prominenten chinesischen Ex-Sträfling im Moment in Deutschland, er bekommt am Sonntag den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Ich spreche von Liao Yiwu. War das auch ein Thema?

Preis für Liao Yiwu

Ja, auch das war ein Thema, bei dem ich noch einmal auch sehr deutlich gemacht habe, dass es aus Sicht der Bundesregierung absolut unerträglich ist, wenn chinesische Regierungsstellen versuchen, auf deutsche private Vereine oder Verbände oder private Personen Druck auszuüben, weil Sie einen Preis an jemanden verleihen, der den chinesischen Behörden nicht passt.

Deutschland und China unterhalten jetzt seit 40 Jahren diplomatische Beziehungen. Der wirtschaftliche Austausch boomt, bei den gemeinsamen Werten sieht es nicht so rosig aus. Wie können sich auf dem Gebiet die Beziehungen weiterentwickeln?

Das ist im Bereich der Menschenrechte sicher sehr mühselig und sehr schwierig, aber wir sollten auch von der deutschen Warte aus eines durchaus anerkennen: Dass die Chinesen zwar im Bereich der Meinungsfreiheit, der politischen Rechte, nach wie vor außerordentlich repressiv sind gegenüber allen, die sie als Gegner empfinden. Dass aber andererseits bei vielen sozialen Rechten durchaus auch Fortschritte gemacht worden sind, und dass es natürlich auch eine menschenrechtliche Leistung ist, Hunderte von Millionen Chinesen aus der Armut zu befreien und ihnen Nahrung, Wasser, Bildung zur Verfügung zu stellen. Also das Bild ist ein gemischtes Bild. Fortschritte im Bereich der sozialen Rechte entschuldigen natürlich keine Repression im Bereich der politischen Rechte, aber wir müssen als Deutsche auch das gesamte Bild sehen und bewerten.

Gibt es schon einen Termin für den nächsten Menschenrechtsdialog, dann wieder in China?

Ich habe gegenüber der chinesischen Seite deutlich gemacht, dass wir gerne im nächsten Frühsommer den Menschenrechtsdialog miteinander weiterführen wollen. Außenminister Westerwelle ist in den nächsten Tagen in China. Er wird das auch noch einmal thematisieren, wenn ich das richtig weiß, insofern gehe ich davon aus, dass wir das im nächsten Jahr fortführen werden.