1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

HRW fordert Boykott israelischer Siedlungen

19. Januar 2016

Der Druck wächst: Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat ausländische Firmen in aller Welt aufgerufen, jede Kooperation mit den israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland zu beenden.

https://p.dw.com/p/1Hfjd
Israelische SodaStream Fabrik bei einer Sieldung im Westjordanland (Foto: AFP)
Die Fabrik SodaStream ist in einem Gewerbegebiet bei der Siedlung Maale Adumim im Westjordanland aktivBild: Getty Images/AFP/M. Kahana

Ausländische Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu den jüdischen Siedlungen würden "ein von Natur aus rechtswidriges und missbräuchliches System" stützen, kritisierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) mit Sitz in USA. Ihr Direktor Arvind Ganesan erklärte, internationale Unternehmen könnten nur dann "ihrer Verantwortung gerecht werden, die Menschenrechte zu beachten", wenn sie jegliche Aktivitäten mit und in den Siedlungen stoppten. "Die wirtschaftliche Tätigkeit der Siedlungen befördert unvermeidlich die israelische Strategie, die Palästinenser zu enteignen und hart zu benachteiligen, indem Israel deren Land und andere Ressourcen stiehlt", betonte Ganesan. "Auch die Unternehmen selbst profitieren vom Raub palästinensischen Lands und anderer Ressourcen durch Israel", so Ganesan.

Die israelische Zivilverwaltung für das Westjordanland, die dem Verteidigungsministerium untersteht, wollte keine Stellungnahme zu dem 162 Seiten starken Bericht mit dem Titel “Occupation, Inc.: How Settlement Businesses Contribute to Israel's Violations of Palestinian Rights ” abgeben.

"Made in Israel"?

An die Staaten der Welt appellierte Human Rights Watch, sie sollten sicherstellen, dass Produkte und Agrarerzeugnisse aus den Siedlungen nicht als "Made in Israel" etikettiert werden. Zudem sollten solche Produkte aus bilateralen Zollabkommen ausgenommen werden. Israelische Behörden sollten keine Zertifikate für diese Waren ausstellen dürfen.

Die israelische Armee hatte das Westjordanland und Ost-Jerusalem im Sechstagekrieg 1967 besetzt. Seitdem haben sich dort mehr als 500.000 Israelis in 237 Siedlungen niedergelassen. In diesen Siedlungen gibt es 20 Gewerbegebiete mit rund 1000 Produktionsstätten. Nach Ansicht von HRW verstößt Israel mit seiner Siedlungspolitik gegen das Völkerrecht. Die vierte Genfer Konvention untersagt es Besatzungsmächten, ihre Zivilisten in das von ihnen besetzte Gebiet umzusiedeln. Laut dem Römischen Statut, dem Gründungsvertrag des Internationalen Strafgerichtshofs, handele es sich bei solchen Umsiedlungen, ob direkt oder indirekt, um Kriegsverbrechen.

EU zeigt sich besorgt

Der israelisch-palästinensische Konflikt beschäftigte am Montag auch die EU-Außenminister. Sie beschlossen nach stundenlangem Ringen in Brüssel eine umstrittene Erklärung, in der sich die Europäische Union besorgt über die wachsende Gewalt von beiden Seiten zeigt. Die Schlussfolgerungen seien "einstimmig" verabschiedet worden, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini mit. Vorbehalte Griechenlands und anderer Länder hatten eine rasche am Morgen noch verhindert.

Die EU verurteilt in der Erklärung "die Terroranschläge und Gewalt von allen Seiten". Nur eine Wiederaufnahme des Dialogs könne die Gewalt beenden. Die EU bekräftigt zudem ihre Unterstützung einer Zwei-Staaten-Lösung und bezeichnet jüdische Siedlungen in Palästinensergebieten als "illegal" und als Hindernis für den Frieden. Die Minister verwiesen zugleich auf die von der EU eingeführte Kennzeichnungspflicht für Produkte aus jüdischen Siedlungen. Die EU werde sicherstellen, dass alle Abkommen mit Israel "unmissverständlich und ausdrücklich" festhalten sollten, dass sie nicht für die besetzten Gebiete gelten.

Israel lehnt Kennzeichnung ab

Die EU-Kommission hatte Mitte November festgelegt, dass das Siegel "Made in Israel" für Erzeugnisse aus den Siedlungen etwa im Westjordanland nicht mehr akzeptiert wird. Es muss nun um das Wort "israelische Siedlung" ergänzt werden. Israel hatte Ende November als Reaktion auf die Kennzeichnungspflicht die Kontakte zur EU im Nahost-Friedensprozess ausgesetzt.

Die israelische Siedlung Kedumim bei Nablus (Foto: APA/Picture alliance)
Die israelische Siedlung Kedumim bei NablusBild: picture alliance/landov/N. Eshtayahh

Inzwischen hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sein Interesse an einem Neustart der Beziehungen mit der EU bekundet. Das Verhältnis müsse auf eine bessere Basis gestellt werden, forderte er vor fünf Tagen beim Neujahrsempfang für ausländische Journalisten in Jerusalem. Zugleich kritisierte Netanjahu abermals "die Kennzeichnung der Produkte israelischer Bürger und Juden" als absurd. "Das letzte Mal, dass so etwas auf europäischem Boden geschehen ist, war vor 70 Jahren." Kein anderes Land werde auf diese Weise negativ herausgestellt wie Israel. Dies sei " unmoralisch und inakzeptabel".

kle/stu (afp, dpa, ape, hrw.org)