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Merchandising im Fußball

Klaus Ulrich14. November 2008

Namen wie Real Madrid, Manchester United oder Bayern München stehen nicht nur für Fußball-Vereine. Sie sind auch als Marken etabliert, symbolisieren ein bestimmtes Lebensgefühl. Für die Clubs ein Riesengeschäft.

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Mädchen mit Flagge des 1. FC Köln (Quelle: dpa)
Von oben bis unten mit Fan-Artikeln ausstaffiert: Anhängerin des 1. FC KölnBild: picture-alliance/dpa

Bernd Hoffmann ist studierter Betriebswirt und Präsident des Hamburger Sportvereins. Er kennt den Unterschied zwischen einem Unternehmen und einem Fußballclub ganz genau. Von ihm stammt die Definition: "Ein Profi-Fußballverein dient der Aufrechterhaltung des Spielbetriebes unter Vermeidung der Insolvenz." Soll heißen: Im Spitzenfußball werden keine Gewinne erzielt, sondern bestenfalls Überschüsse, die sofort wieder zu re-investieren sind, beispielsweise in Spielerkäufe.

Dabei sind die Einnahmequellen der Profi-Clubs nahezu ausgereizt. Nur beim Verkauf von Fan-Artikeln - dem sogenannten Merchandising - sieht der Marketing-Manager Peter Rohlmann noch Möglichkeiten zur Steigerung: "In anderen Bereichen, wie Fernsehen oder Sponsoring ist die Grenze erreicht. Und wenn man den Fans nicht noch mehr Geld durch erhöhte Ticket-Preise abnehmen will, dann besteht nur die Möglichkeit durch interessante, attraktive Programme aus dem Fan-Artikel Bereich, noch weitere Umsätze und Einnahmen zu generieren."

Rohlmanns Firma PR Marketing hat zusammen mit der Beratungsagentur SPORT + MARKT eine europaweite Untersuchung zum Merchandising im Profi-Fußball erstellt: Dazu wurden im Sommer 2008 alle 116 Erstliga-Clubs der sechs führenden europäischen Fußball-Ligen in Deutschland, England, Spanien, Frankreich, Italien und den Niederlanden schriftlich befragt. Hinzu kam eine repräsentative Befragung von 3650 Fans von Mannschaften dieser Ligen.

Die Fußball-Bundesliga belegt bei der Vermarktung von Fan-Artikeln durch die Clubs im europäischen Vergleich den dritten Platz. Die höchste deutsche Spielklasse nimmt durch Merchandising 127 Millionen Euro im Jahr ein und liegt damit hinter der englischen Premier League (171) und der spanischen Primera Division (145).

Bundesliga auf Platz 3

Der Untersuchung zufolge erzielten die Clubs in Europas Top-Ligen einen Gesamtumsatz von 8,04 Milliarden Euro, 7,6 Prozent davon mit Merchandising. Als Gewinne aus diesem Geschäftszweig blieben für alle Clubs der europäischen Topligen im vergangenen Geschäftsjahr rund 615 Millionen Euro übrig.

Spieler von Manchster United freuen sich über den Gewinn der Champions League 2008. (Quelle: dpa)
Sportlicher Erfolg kurbelt den Verkauf von Fan-Artikeln an: Spieler von Manchester United freuen sich über den Sieg im Finale der Champions League 2008 über den FC ChelseaBild: picture-alliance/ dpa

Meistgekaufter Fan-Artikel in Europa ist das Vereinstrikot, das durchschnittlich 65 Prozent der Anhänger erwerben. In Deutschland sind Schals am beliebtesten (72 Prozent). Durchschnittlich bringt jeder Club in Deutschland 98.000 Trikots an den Fan. Damit liegt die Bundesliga deutlich hinter der englischen Premier League, wo die Clubs im Schnitt 259.000 ihrer Leibchen verkaufen können. Letzter in dieser Rangliste ist die niederländische Ehrendivision mit 12.000 verkauften Trikots pro Verein. Nach Fan-Angaben gehen die meisten Artikel im Einzelhandel über die Ladentheke (72 Prozent). "Die länderspezifischen Unterschiede sind sehr groß", merkt Rohlmann dazu an, "wir müssen sowohl innerhalb der Ligen Europas als auch innerhalb einer nationalen Liga von einer Zwei- oder Drei-Klassengesellschaft reden, weil doch sehr große Unterschiede zwischen den Vereinen bestehen."

Diese Klassengesellschaft findet sich besonders in der spanischen Primera Division. Dort können eigentlich nur zwei Vereine nennenswerte Einnahmen aus dem Verkauf von Fan-Artikeln verbuchen, nämlich der FC Barcelona und Real Madrid. SPORT + MARKT-Geschäftsführer Hartmut Zastrow betont: "Das ist natürlich dann schon eine sehr, sehr große Schere, die da klafft, zwischen einem Real Madrid mit Einnahmen von über 50 Millionen Euro und einem kleinen Club mit 20.000 Euro. Die Kluft ist in Deutschland auch groß, aber nicht so groß."

Neue Märkte in Osteuropa und Arabien

Vereinslogo FC Barcelona. (Quelle: Geraldo Hoffmann)
In ganz Europa gefragt sind die Fan-Artikel des FC BarcelonaBild: Geraldo Hoffmann

Bemerkenswert dabei: Als internationale Marke genießt der FC Barcelona das größte Renommee. Die Katalanen finden sich mit ihren Merchandising-Artikeln in allen sechs untersuchten europäischen Märkten unter den Top-Ten der einschlägigen Verkaufslisten. Die Vereine der deutschen Bundesliga sind international nicht so gut aufgestellt.

Aus Sicht der Experten liegen - gerade für deutsche Vereine – die wichtigsten Märkte der Zukunft vor allem in Osteuropa. Auch im arabischen Raum mit seinen riesigen Ressourcen werde das Interesse immer größer.

Fans als Botschafter der Vereine

Die Vereine müssten weiter an ihrem Image als Marken feilen. Gelinge dies, so wäre eine gewisse finanzielle Sicherheit damit auch unabhängig von sportlichen Erfolgen gewährleistet. Dazu könnten der Verkauf und die gezielte Gestaltung des Fan-Artikel-Sortiments in Zukunft einen wesentlichen Anteil beisteuern. "Auf der anderen Seite darf man Merchandising nicht nur reduzieren auf den rein ökonomischen Aspekt des Einkaufens", sagt Peter Rohlmann. "Jeder, der einen Fan-Artikel trägt, ist Botschafter des Vereins. Er trägt die Marke des Vereins nach draußen. Und insofern sind Vereine gut beraten, durch ein geschicktes Merchandising ihre Fan-Artikel-Käufer zu Botschaftern des Clubs zu machen."