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Politik

Reaktionen nach Gipfel in Berlin

Kay-Alexander Scholz
20. Oktober 2016

Nach langer Zeit reichten sich Angela Merkel und Wladimir Putin in Berlin wieder die Hände. Die Erwartungen an den Gipfel zur Ukraine und Syrien waren verhalten. Was lässt sich am Morgen danach festhalten?

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Handschlag Angela Merkel und Wladimir Putin in Berlin (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Als erster Politiker nahm der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, Stellung zu dem abendlichen Treffen im Kanzleramt. Der SPD-Politiker lobte die Ergebnisse der ersten Teils des Treffens, also des Ukraine-Gipfels im sogenannten Normandie-Format mit den Präsidenten Frankreichs und der Ukraine François Hollande und Petro Poroschenko. Bei diesem Thema sei "mehr herausgekommen", als er erwartet habe, sagte Erler. Der vereinbarte Fahrplan zur Umsetzung des Minsker Friedensabkommens sei "ganz wichtig", da es darüber in der Vergangenheit immer wieder Streit gegeben habe, fügte er hinzu.

Als "überraschend" bezeichnete Erler die Verständigung auf eine bewaffnete Polizeimission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Diese sei nicht leicht zu verwirklichen, die Mission könnte indes eine Voraussetzung für Kommunalwahlen in den Rebellengebieten der Ostukraine sein.

Allerdings hatte Angela Merkel in der Nacht gesagt, die Frage einer bewaffneten OSZE-Mission habe "keine absolute Dringlichkeit" gehabt. Zunächst müsse ein Wahlgesetz erarbeitet werden. Bei Sicherheitsfragen sei viel mehr über die "Entflechtungszonen" gesprochen worden: Dabei gehe es um die Entfernung von Minen, um einen wirklichen Waffenstillstand und um den Rückzug der Truppen. Für drei solcher Zonen seien erste Schritte gemacht, vier weitere sollen folgen, sagte die Kanzlern.

Ukraine-Krise: "Wichtiger Impuls zur Konfliktberuhigung"

Den Bemühungen zur Befriedung des Konflikts wurde ein neuer, wichtiger Impuls gegeben, teilte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Franz Josef Jung mit: "Nun kommt es darauf an, dass sich die Außenminister der vier Staaten des sogenannten Normandie-Formats im November auch tatsächlich auf einen konkreten Fahrplan zur Umsetzung des Minsker Abkommens verständigen. Noch entscheidender wird sein, ob dieser Fahrplan wirklich umgesetzt wird." Der größte Teil der bisher getroffenen Absprachen sei, so Jung, "wegen des mangelnden Willens der Konfliktparteien - vor allem der ukrainischen Separatisten und Russlands - nicht umgesetzt worden".

Ein ähnlicher - vorsichtig optimistischer - Kommentar kam von der Oppositionspartei, den Grünen. "Die Einigung auf einen Zeitplan zur Umsetzung von Minsk II und auf OSZE-Polizeitruppe ist ein Schritt in die richtige Richtung", steht im Statement der Sprecherin der Grünen für Osteuropa-Politik, Marieluise Beck. "Nun muss es darum gehen, dass über diesen Prozess das von Seiten des Kreml verletzte Vertrauen schrittweise wieder hergestellt werden kann."  

Syrien-Krise: "Einigung noch in sehr weiter Ferne"

Zum Ergebnis der Syrien-Gespräche, die gestern der zweite Teil des Gipfels waren, teilte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, mit: "Die Vertrauensbasis zwischen den USA und Russland ist in der Syrien-Frage leider stark beschädigt. Deshalb war das Angebot von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Hollande, mit Präsident Putin in Berlin über Syrien zu reden, eine wichtige Initiative." Leider aber habe Putin erneut die Chance zu einem Kurswechsel in seiner Syrien-Politik verstreichen lassen. "Er setzt weiter auf eine militärische Lösung des grauenhaften Bürgerkriegs und darauf, den Diktator Assad so an der Macht zu halten. Damit isoliert er sich zunehmend von der breiten Mehrheitsmeinung in der UN - eine Haltung, die zum Scheitern verurteilt ist. Denn eine militärische Lösung ist nicht möglich."

Von den Kommentatoren deutscher Medienhäuser war am Morgen wenig zu lesen zur Einschätzung des Treffens zwischen Wladimir Putin und Angela Merkel. Auf den meisten deutschen Nachrichtenportalen nahm das Duell der US-Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump deutlich mehr Raum ein.

EU-Parlamentspräsident: "Wir sind hart in unserer Gegenstrategie"

Schon vor dem Treffen in Berlin hatte der Präsident des Europäischen Parlament Martin Schulz der Deutschen Welle gesagt, die Politik Russlands sei in vielen Bereichen nicht akzeptabel. "Hinter den Aggressionen steckt ein völliges anderes Konzept der Gesellschaft, eine komplett andere Sicht auf die Welt, als die, die wir in Europa haben", sagte Schulz. Deshalb müsse die Botschaft der EU an Putin sein, dass Europa mit ihm nicht übereinstimme: "Wir sind hart in unserer Gegenstrategie, aber die Tür zu Verhandlungen bleibt offen, falls Russland zurückkehren will."

Angela Merkel nimmt ebenso wie François Hollande ab Donnerstag am EU-Gipfel in Brüssel teil. Auch beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs soll es darum gehen, sich auf eine Haltung zur russischen Politik zu verständigen.