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Auf einer Wellenlänge

Bernd Gräßler27. Oktober 2014

Die Kanzlerin will die Reformen der chilenischen Präsidentin unterstützen. Forschung und Ausbildung sind im Angebot. Das Interesse gilt dem Rohstoffsektor, denn Chile hat vieles, was die Deutschlands Wirtschaft braucht.

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Angela Merkel und Michelle Bachelet in Berlin (Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)
Bild: Reuters/H. Hanschke

"Die Präsidentin hat eine umfangreiche Reformagenda, von Verfassungsreform über Steuerreform bis zur Reform im Bildungsbereich. Und an einigen Stellen wird Deutschland versuchen, sehr eng zu kooperieren." So verspricht es Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrer Besucherin aus Santiago bei deren ersten Berlin-Besuch in ihrer neuen Amtszeit. Ein Angebot, dass die chilenische #link:http://www.gob.cl/presidenta/:Präsidentin Michelle Bachelet# gern aufgreift. Besonderen Bedarf habe man bei der Verbesserung der Bildung, die den jungen Chilenen bessere Zukunftschancen eröffnen soll, sagt Bachelet und weiß, dass zu Hause in diesen Tagen wieder Tausende dagegen protestieren, dass gute Bildung sehr teuer ist.

Bachelet will staatliche und kostenlose Bildungsangebote ausweiten, nachdem vor allem die Hochschulen unter der Pinochet-Diktatur weitgehend privatisiert wurden. Allerdings stößt die Reform auf vielfältige Widerstände. Den Schülern und Studenten geht sie nicht weit genug, die Kirchen fürchten größeren staatlichen Einfluss auf die Bildungsinhalte.

Chile ist Deutschlands wichtigster Rohstofflieferant

Interessant für Chile sei vor allem die sogenannte duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule, die Begabtenförderung und technische Ausbildung, betont Bachelet. Und sie vergisst nicht zu erwähnen, dass sie selbst während ihres Exils in der DDR in den 1970er Jahren die Vorzüge deutscher Bildung nutzen konnte: Damals studierte sie in Ostberlin Medizin. Derzeit gibt es in Deutschland 820 chilenische Studenten.

Salar de Atacama Chile (Foto: Bernd Gräßler)
Chilenischer Salzsee Salar de Atacama: Eine der weltgrößten Lithium-LagerstättenBild: DW/B. Gräßler

Den deutschen Wunsch nach enger Kooperation im Rohstoffsektor trägt Kanzlerin Angela Merkel erneut recht unverblümt vor, nachdem sie bereits in ihrem traditionellen Videopodcast am Wochenende betont hat, wie nötig Deutschland Rohstoffe brauche. Chile ist - gemessen am Umfang der Importe - der Rohstoff-Lieferant Nummer 1 für die hiesige Wirtschaft, vor allem wegen seiner riesigen Kupfervorkommen. Zeitgleich mit Bachelets Deutschlandbesuch tagt zum dritten Mal das 2012 gegründete deutsch-chilenische Bergbau- und Rohstoff-Forum.

Chile ist nicht nur der größte Kupferproduzent der Welt, sondern seine Natur birgt auch andere seltene Metalle. Der Salar de Atacama, ein Salzsee in der Atacama-Wüste, gilt als eine der weltgrößten Lagerstätten von Lithium, das für die Herstellung von Akkus, ob für Smartphones oder Elektroautos, verwendet wird.

Die chilenische Präsidentin wird am Dienstag in der sächsischen Stadt Freiberg die Ehrendoktorwürde der dortigen Bergakademie erhalten. Die Universität kooperiert eng mit chilenischen Hochschulen und unterstützt die Ausbildung von Fachkräften für das Andenland. Zu den interessantesten Forschungsprojekten gehört die Rückgewinnung von Restmetallen aus den riesigen Abraumhalden des chilenischen Bergbaus. Sollte es eines Tages zu Engpässen bei seltenen Metallen kommen, dann wird man möglicherweise auf diese Berge aus Geröll zurückgreifen müssen. Außerdem kümmern sich die Freiberger Wissenschaftler um die umweltschonende Entsorgung der Abfälle.

Eingang zur Kupfermine Chuquicamata Chile (Foto: Bernd Gräßler)
Weltgrößte Kupfermine in Chuquicamata: Rückgewinnung von Restmetallen aus den riesigen AbraumhaldenBild: DW/B. Gräßler

Kredit für Solarturmkraftwerk in der Atacama-Wüste

Ein weiteres Feld der Kooperation sind die erneuerbaren Energien. So fördert Deutschlands staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) neben anderen Investoren in der nordchilenischen Atacama-Wüste die Errichtung des ersten #link:http://www.klimaretter.info/energie/hintergrund/16981-strom-aus-der-trockensten-region-der-welt:Solarturm-Kraftwerks Lateinamerikas#. Es kostet rund eine Milliarde US-Dollar und soll ab 2017 Strom für den Bergbau liefern. Statt Solarpaneelen fangen über 10-tausend Spiegel die Sonnenstrahlen auf und konzentrieren sie auf die Spitze eines fast 300 Meter hohen Turmes. Im größten Windpark Chiles, der im August dieses Jahres eröffnet wurde, steckt Siemens-Technologie.

Michelle Bachelet, die mit mehr als einem Dutzend kleiner und mittelständischer Unternehmer angereist war, wird in Köln am diesjährigen Lateinamerika-Tag der deutschen Wirtschaft teilnehmen. Das Verhältnis zwischen Chile und Deutschland sei ausgezeichnet, sagt Angela Merkel, aber es sei noch mehr möglich. Die Bundeskanzlerin verspricht Bachelet, Deutschland werde Chile bei der Neuverhandlung des veralteten Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union unterstützen. Die chilenische Präsidentin äußert den Wunsch nach mehr deutschen Investitionen in ihrem Land. Chile sei ein vertrauenswürdiger Staat mit klaren Regeln für Investoren. Zu Hause dagegen warnt die konservative Opposition, die von Bachelet auf den Weg gebrachten Steuererhöhungen für große Unternehmen könnten Investoren abschrecken.