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Merkel will Energiewende rasch besiegeln

8. Mai 2011

Spätestens seit Fukushima steht fest: Deutschland will den baldigen Ausstieg aus der Atomenergie. Auch die Bundesregierung hat sich die Energiewende auf die Fahnen geschrieben. Bis Sommer soll der Fahrplan stehen.

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Die Kühltürme des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld (Foto: dpa)
Atomkraft: Sauber, aber gefährlichBild: picture alliance/dpa

Trotz Kritik an dem engen Zeitplan will Angela Merkel (CDU) die von der schwarz-gelben Bundesregierung angestrebte Energiewende bis zur Sommerpause unter Dach und Fach bringen. Die Bundeskanzlerin sicherte in einem Interview mit den "Ruhr-Nachrichten" zu, es werde dennoch genügend Zeit zu Diskussionen und Beratungen geben. Das Zeitalter der erneuerbaren Energien solle möglichst rasch erreicht werden.

Laufzeiten-Verlängerung noch im Alleingang

Bei der Entscheidung über die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken (AKW) war das noch anders: Fast im Alleingang, ohne öffentliche oder parlamentarische Debatten, ohne Zustimmung der Opposition und anderer wichtiger gesellschaftlicher Organisationen war der damalige Beschluss durchgepeitscht worden. Das soll nun - angesichts der Tragweite der Entscheidung - anders werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Umweltminister Norbert Röttgen (Foto: dapd)
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Umweltminister Norbert RöttgenBild: dapd

Auch das Zentrum der Beratungen ist verändert worden. Bei der Verlängerung der Laufzeiten waren es auch Hinterzimmer-Gespräche mit den Vorstandsvorsitzenden der AKW-Betreiber oder mit Vertretern der Atomlobby. Nun - so die Kanzlerin - werde es keine Gespräche mit den Energiekonzernen geben. Stattdessen hat sich Angela Merkel in den vergangenen Wochen offenbar mit Umweltorganisationen und Verbraucherschützern getroffen.

Ethikkommission

Neu ist auch die Tatsache, dass sich die Regierung der Expertise einer hochrangig besetzten Ethikkommission bedient. Unter dem Vorsitz des ehemaligen Exekutivdirektors des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) Klaus Töpfer wird die politische Entscheidung vorbereitet.

Nach der Hälfte der Beratungszeit glaubt der Ex-CDU-Umweltminister, der Umstieg in der Energieversorgung sei ohne einen "unverantwortlichen Anstieg der Energiepreise und damit verbunden einer sozialen Problematik" möglich. Damit widerspricht er den Äußerungen des e.on-Chefs Johannes Teyssen, der vor massiven Preissteigerungen und dem Import von fossilem und atomar erzeugtem Strom aus dem Ausland gewarnt hatte.

Vorteile für deutsche Wirtschaft

Klaus Töpfer (Foto:dpa)
Klaus Töpfer, Vorsitzender der EthikkommissionBild: picture alliance/dpa

Töpfer geht noch weiter und fordert, die deutsche Wirtschaft müsse die Vorteile nutzen, die sich aus dem weltweiten Trend nach mehr erneuerbaren Energien ergeben. So seien deutsche Unternehmen jetzt schon die größten Anbieter von Windenergietechnik. Andere Unternehmen müssten folgen und den hohen technischen Kenntnisstand in Deutschland nutzen, um Anteile am rasch wachsenden Weltmarkt zu erobern.

Die Ethikkommission ist Teil des Moratoriums, das Mitte Juni 2011 ausläuft. Bis dahin bleiben acht deutsche Atomanlagen still gelegt. Anschließend muss über ihre weitere Laufzeit oder über das Abschalten der Meiler entschieden werden. Bis dahin - so die Bundeskanzlerin - werde die Regierung ein Konzept auf den Tisch legen, das die Regeln des Ausstiegs aus der Atomenergie verbindlich festlegt. Diese Regeln werden Änderungen bei den Laufzeiten, eine Neufassung des Atomgesetzes ebenso umfassen wie den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Bau eines leistungsfähigen Stromnetzes.

Zeitplan bis Juli 2011

Derzeit weicht Angela Merkel der Antwort auf die Frage, wann konkret der Ausstieg realisiert werden kann, noch aus. Auch Umweltminister Norbert Röttgen stellt klar, dass es noch "keine Festlegung" gibt. CSU-Chef Horst Seehofer plädiert für einen Zeitpunkt "um das Jahr 2020" herum. Das wäre zwei Jahre früher als der von der damaligen rot-grünen Regierung avisierte Ausstieg 2022.

Der deutsche Bundestag in Berlin (Foto: dpa)
Bundestag: Entscheidung über den Atomausstieg noch vor der SommerpauseBild: picture alliance/dpa

Klar scheint hingegen der Fahrplan bis zum Ende des Moratoriums am 15. Juni 2011. Danach wird am Montag (09.05.2011) der CDU-Vorstand ein neues Energiekonzept beschließen. Gleichzeitig berät Angela Merkel mit den Partei- und Fraktionschefs über den weiteren Zeitplan. Drei Tage später gibt es den Bericht der Reaktorsicherheitskommission, der vier Tage später offiziell dem Umweltminister übergeben wird. Am darauffolgenden Wochenende geht der CSU-Vorstand mit der Kanzlerin in Klausur.

Am 6. Juni - so der Fahrplan - soll ein Kabinettsbeschluss erfolgen, der die Grundlage für die erste Lesung im Bundestag am 8. Juni sein könnte. Bei den dreitägigen Debatten im Parlament geht es um die Novelle des Atomgesetzes, das Trassenausbaugesetz und das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Die abschließenden Beratungen im Bundesrat sollen am 8. Juni - also noch vor der parlamentarischen Sommerpause - stattfinden.

Autor: Matthias von Hellfeld (dpa/rtr)

Redaktion: Michael Borgers