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Politik

Merkel: Türkei missbraucht Interpol

20. August 2017

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die auf Wunsch der Türkei erfolgte zeitweise Festnahme des Kölner Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien kritisiert: "Ich sage dazu, dass das aus meiner Sicht nicht geht."

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Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Ostrop

Zunächst einmal sei sie sehr froh, dass Spanien den deutschen Autor erstmal wieder freigelassen habe. Sie stehe in der Angelegenheit mit der Regierung in Madrid in Kontakt. Zugleich warf die Kanzlerin der türkischen Regierung im Sender RTL einen Missbrauch der internationalen Polizeibehörde Interpol vor. Internationale Organisationen dürften "nicht für so etwas" instrumentalisiert werden. Auch Außenminister Sigmar Gabriel äußerte sich erfreut über die Freilassung und erklärte, Ankara dürfe nicht erreichen, dass Kritiker von Präsident Recep Tayyip Erdogan auch "am anderen Ende Europas" in Haft geraten.

Akhanli - frei unter Auflagen

Nach eintägiger Haft war der türkischstämmige Akhanli, der ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit hat, am Sonntag wieder frei gekommen, muss aber zunächst in Spanien bleiben.

Dogan Akhanli
Feindbild für Erdogan: Dogan AkhanliBild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Die spanische Polizei hatte den 60-Jährigen an seinem Urlaubsdomizil in Granada auf der Grundlage einer sogenannten Red Notice im Auftrag der Türkei festgenommen. Dabei handelt es sich um einen Dringlichkeitsvermerk, den nationale Polizeibehörden bei Interpol hinterlegen können. Bei einer Red Notice handelt es sich weder um einen internationalen Haftbefehl noch um einen Suchbefehl der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation. Vielmehr ist es ein Ersuchen, den Aufenthaltsort einer bestimmten Person zu ermitteln und diese vorläufig festzunehmen. Laut Interpol entscheiden die Länder selbst, wie sie mit einer Red Notice umgehen. Kein Land kann also gezwungen werden, aufgrund dieser Fahndung einen Menschen festzunehmen.

Entscheidungshoheit liegt in Madrid

Das Auslieferungsersuchen der Türkei liegt zunächst in den Händen der spanischen Justiz. Nur für den Fall, dass diese eine Auslieferung an die Türkei für zulässig hält, entscheidet die spanische Regierung über die Auslieferung. Das Verfahren kann viele Wochen dauern.

Akhanli stammt aus der Osttürkei und lebt seit Jahrzehnten in Köln. Er war 1991 nach Deutschland gekommen, nachdem er während der Militärherrschaft in der Türkei mehrere Jahre im Gefängnis gesessen hatte. Der Schriftsteller steht der aktuellen türkischen Regierung kritisch gegenüber. In seinem literarischen Werk thematisiert er den Völkermord an den Armeniern sowie die Ablehnung der Anerkennung dieses Völkermords durch die Türkei.

Merkel ermuntert Deutsch-Türken zur Wahl

Das Vorgehen Ankaras gegen Akhanli heizte den diplomatischen Konflikt zwischen Berlin und Ankara zusätzlich an. Nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 wurden bereits neun Deutsche in der Türkei verhaftet. Zusätzlich belastet Erdogans Aufforderung an türkischstämmige deutsche Staatsbürger, bei der Bundestagswahl nicht für die Parteien der Regierungskoalition und die Grünen zu stimmen, das Verhältnis. Im Sender RTL bezeichnete Merkel das Ansinnen Erdogans nochmals als "völlig unmöglich". Mit Blick auch auf die aus der Türkei stammenden Wähler fuhr die Kanzlerin fort: "Ich lade alle ein, hier ihre Stimme abzugeben in einem freien Land. Darauf sind wir stolz."

qu/wa (dpa, afp, rtr)