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Mindanaos Kriege

16. Dezember 2009

Entführungen, Anschläge und zuletzt ein Massaker an 57 Menschen - Mindanao, die südlichste Insel der Philippinen wird auch als "ältestes Konfliktgebiet der Welt" bezeichnet. Und es gibt mehr als nur einen Konflikt.

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Truppen auf dem Weg ins KrisengebietBild: picture alliance / landov

400 Jahre, sagt man auf den Philippinen, dauere der Konflikt auf Mindanao bereits - der älteste Konflikt der Welt. Die muslimische Bevölkerung habe damals erbittert Widerstand gegen die Spanier geleistet, die die Philippinen zunächst kolonialisierten und die Mehrheit der Bevölkerung zum Katholizismus bekehrten. Später kamen die Amerikaner, dann war es die Zentralregierung in Manila, gegen die die Moros kämpften, wie sich Mindanos muslimische Völker zusammenfassend nennen. Heute sind vor allem die südlichen Provinzen der südlichsten Insel des Landes Konfliktgebiet.

Separatisten und Islamisten

Karte Philippinen Region Maguindanao
Die Provinz Maguindanao auf Mindanao im Süden der PhilippinenBild: DW

Seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts kämpfen Moro-Gruppen gegen die Zentralregierung, zunächst als "Moro National Liberation Front". In den siebziger Jahren spaltete sich eine radikalere "Moro Islamic Liberation Front" von ihr ab. Sie erhielt später die Kämpfe aufrecht, als sich die Befreiungsfront der Regierung gegenüber kompromissbereit zeigte. Inwiefern die Gruppe wirklich religiös ist, ist umstritten. Unbestritten ist dagegen, dass sich später mit der Gruppe Abu Sayyaf eine wirklich islamistische Gruppe in den Konflikt einmischte. Abu Sayyaf steht Al-Qaida nahe und wird beschuldigt, sowohl Anschläge auf die Zivilbevölkerung mit vielen Opfern verübt, als auch Ausländer entführt zu haben.

Philippinen Protest gegen Massaker
Proteste gegen den AusnahmezustandBild: AP

Die Schlagzeilen der letzten Wochen beherrschte allerdings ein anderer Konflikt. Vor drei Wochen wurden in der Provinz Maguindanao im Südwesten der Insel 57 Menschen getötet, als sich der einflussreiche Politiker Ismael Mangudadatu für die Wahlen im kommenden Jahr registrieren lassen wollte. Seine Anhänger und zahlreiche Journalisten fielen einem Massaker zum Opfer, hinter dem offenbar der einflussreiche Polit-Clan der Ampatuans stand. Die Regierung verhängte das Kriegsrecht über die Insel, der mutmaßliche Drahtzieher Andal Ampatuan Jr. wurde festgenommen. Beide Familien wollen ihren Kandidaten für die Gouverneurswahlen im nächsten Jahr positionieren. Beide gehören der regierenden Partei von Präsidentin Gloria Arroyo an.

Und als ob die Lage nicht schon verworren genug wäre, bewegt sich schließlich im Innern der Insel auch noch eine kommunistische Guerilla, die gegen die Regierung kämpft. Regelmäßig kommt es auch zwischen ihnen und der Armee zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Gerade erst meldete die Armee wieder die Tötung von zehn kommunistischen Kämpfern. Mehrere Hunderttausend Zivilisten sind auf der Flucht vor den verschiedenen Konflikten auf der Insel.

Bei Ankunft tot

Massaker Philippinen Ismael Mangudadatu
Präsidentin Arroyo mit Ismael Mangudadatu, dessen Anhänger einem Massaker zum Opfer fielenBild: AP

Der ursprüngliche Konflikt zwischen den Moro-Rebellen und der Zentralregierung stand mehrmals kurz vor einer Lösung - oder zumindet einem Waffenstillstand. Zuletzt schlossen beide Seiten 2008 eine Vereinbarung, die den muslimischen Provinzen mehr Autonomie zugestanden hätte. Allerdings erklärte das Verfassungsgericht in Manila die Vereinbarung auf das Drängen einflussreicher Kreise aus Militär und Wirtschaft für ungültig. Ohnehin traut der Regierung kaum jemand genug Einfluss auf das eigene Militär zu, um den Konflikt wirklich beenden zu können. Dem Vertrag zwischen den Rebellen und der Regierung jedenfalls attestierte die Konflikt-Beobachter-Organisation "International Crisis Group" lapidar "dead on arrival" - Bei der Einlieferung ins Krankenhaus, konnte bei dem Patienten nur noch der Tod festgestellt werden.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Nicola Reyk